Werner, Rosa; geb. Stern (1867–1927), Agitatorin

Werner Rosa, geb. Stern, Agitatorin. Geb. Graz (Stmk.), 6. 3. 1867; gest. St. Martin an der Raab (Bgld.), 8. 3. 1927 (Suizid). Tochter eines Grazer Bäckermeisters; ab 1887 verheiratet mit dem aus St. Martin an der Raab stammenden Bäckergesellen Josef W. – W. folgte nach der Hochzeit ihrem Gatten in dessen Heimat, wo sie eine Bäckerei eröffneten. Während der Magyarisierungspolitik der ung. Regierung nach 1900 verkehrte sie in dt.nationalen Kreisen und engag. sich insbes. für die Einführung der dt. Unterrichtssprache in den mehrheitl. dt.sprachigen Gmd. der Umgebung. U. a. verteilte sie Lesebücher in dt. Sprache, wodurch sie ins Visier der ung. Behörden geriet und ihr schließl. der Tatbestand des Schmuggels zur Last gelegt wurde. I. d. F. wurde dem Ehepaar W. 1915 die Gewerbeberechtigung entzogen, wodurch dieses in wirtschaftl. Schwierigkeiten geriet. Nach Kriegsende begann W. mit einer intensiven Agitationstätigkeit für eine Loslösung von Ungarn und wurde deswegen noch 1918 zur Verhaftung ausgeschrieben, der sie sich durch Flucht nach Österr. entzog. 1920 kehrte sie, im Schutz der Entente-Komm., nach St. Martin zurück, um wiederum proösterr. Kundgebungen zu organisieren. Nach dem Abzug der Entente-Komm. erneut zur Flucht gezwungen, überquerte W., als im November 1921 der Einmarsch österr. Truppen nach Dt.-Westungarn feststand, illegal die Grenze, um gem. mit der dortigen Bevölkerung den österr. Soldaten einen begeisterten Empfang zu bereiten. Dies gelang ihr vorrangig durch ihre mittlerweile große Popularität bei den Einwohnern des Südbgld. 1922 wurde W. von der Großdt. Volkspartei für eine Kandidatur zum bgld. LT nominiert. Eine psych. Erkrankung, die schließl. auch zu W.s Suizid führte, verhinderte jedoch die Annahme der Nominierung.

L.: O. Koura, in: Grenzland, F. 10/11, 1936, S. 133ff.; G. Schlag, Bgld., 1991; A. Schuch, in: Kultur und Bildung 2, 2001, S. 30f.
(J. Perschy)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 140f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>