Wersin, Karl Edler von (1803–1880), Mathematiker und Physiker

Wersin Karl Edler von, Mathematiker und Physiker. Geb. Falkenau an der Eger, Böhmen (Sokolov, CZ), 6. 3. 1803; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 23. 3. 1880; röm.-kath. Sohn des Gürtlermeisters Franz W. und der Rosine W., geb. Sadler. – W. absolv. das Gymn. in Eger und stud. ab 1819 in Prag Phil. sowie ein Jahr Jus. 1824 verließ er die Univ. und widmete sich privat der Mathematik, Mechanik und Astronomie; an der phil. Fak. legte er das Rigorosum in Physik und Mathematik ab, 1825/26 besuchte er Vorlesungen in Chemie am Prager polytechn. Inst. Ab 1828 als Adjunkt am Lehrstuhl für Mathematik und Physik an der phil. Fak. tätig, vertrat er dort ab 1832 P. →Cassian Hallaschka. 1834 ernannte man ihn zum Prof. für Physik am Lyzeum in Linz, 1836 wurde er als o. Prof. für Mechanik und Physik an das polytechn. Inst. nach Prag berufen. Ab 1851 übte er zudem die Funktion eines Prüfungskommissars für die Bedienung von Ind.dampfkesseln aus. In den 1860er-Jahren beteiligte sich W. intensiv an der Reorganisierung des polytechn. Inst. 1864 wurde der bis dahin gem. Lehrstuhl für Physik und Mechanik geteilt, wodurch sich W. nun ausschließl. der Mechanik und der Maschinenlehre widmen konnte. Ab 1866 leitete er diesen Lehrstuhl und verwaltete die Smlg. der mechan. Lehrmodelle. Seine Vorlesungen waren v. a. auf die Praxis des Maschinenbaus (Mechanik fester und elast. Körper, Grundlagen der Statik, Dynamik, Hydraulik, Aerodynamik, techn. Zeichnen) ausgerichtet. Seine Tätigkeit am polytechn. Inst. ist auch eng mit seiner polit. Einstellung verknüpft. W. gehörte der dt. radikalen Partei an, 1851–54 hatte er ein Abg.mandat im böhm. LT inne. Als Führer des dt. Prof.kollegiums trat er konsequent für eine Teilung des Polytechnikums in eine dt. und eine tschech. Einrichtung ein. 1865 stand er an der Spitze der Initiatoren einer diesbezügl. Petition an den böhm. LT. Dabei kritisierte er die angebl. drohende Tschechisierung, den zweisprachigen Unterricht sowie die Tatsache, dass die Prüfungskandidaten zwischen den beiden Landessprachen wählen konnten. 1869 wurde das Polytechnikum geteilt und W. fungierte 1869/70 als erster Rektor des dt. polytechn. Inst. 1872 trat er i. d. R. In den 1840er- und 1850er-Jahren lernte W. auf mehreren Stud.reisen nach Dtld., Großbritannien und Frankreich die Organisation der dortigen wiss. Inst., v. a. aber der Ind.produktion kennen. Dank staatl. Fördergelder besuchte er 1851 die Londoner Ind.ausst. und 1855 die Weltausst. in Paris, auf der ihn die damaligen modernsten Entwicklungen im Maschinenbau inspirierten. Fachl. interessierten ihn bes. Dampfkessel. Auch versuchte er, selbst mehrere einfachere Maschinen zu konstruieren. Er war zwar ein fähiger Praktiker, jedoch veröff. er ledigl. einige Abhh. in den „Technischen Blättern“, ferner erstellte er mehrere Gutachten. W. war u. a. Mitgl. des Ver. des vaterländ. Mus. für Oesterr. ob der Enns und Sbg. (ab 1836), Mitgl. der patriot. ökonom. Ges. im Kg.reich Böhmen (ab 1839) sowie Mitgl. des Österr. Ing.- und Architekten-Ver. Der dt. polytechn. Ver. in Böhmen, in dem er mit Vorträgen über Landmaschinen auftrat, wählte ihn zu seinem Ehrenmitgl. 1860 k. Rat, erhielt er 1868 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens; 1874 nob.

L.: Prager Abendbl., 23. 3. 1880; Egerländer Biograf. Lex. 2; Poggendorff 2; Wurzbach; C. Jelinek, Das ständ.-polytechn. Inst. zu Prag, 1856, bes. S. 238f.; (F.) Kick, in: Techn. Bll. 12, 1880, S. 102ff.; Die k. k. Dt. TH in Prag 1806–1906, red. F. Stark u. a., 1906, S. 364f. (m. B. S. 56); A. V. Velflík, Dějiny technického učení v Praze 1, 1906, S. 377f. (m. B.); F. Jílek – V. Lomič, Dějiny českého vysokého učení technického 1/1, 1973, s. Reg.; Státní okresní archiv v Plzni, Plzeň, CZ.
(M. Makariusová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 141f.
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