Wertheimer, Josef (Joseph) Ritter von (1800–1887), Kaufmann und Schriftsteller

Wertheimer Josef (Joseph) Ritter von, Kaufmann und Schriftsteller. Geb. Augsburg, Reichsstadt (D), 15. 3. 1800; gest. ebd., 16. 3. 1887 (Ehrengrab: Wr. Zentralfriedhof); mos. Sohn des Mannheimer Kaufmanns Salomon Josef W. (1757–1834) und der aus Königsberg stammenden Marianne (Mirjam) W., geb. Oppenheim, verwitwete Itzig (1767–1836); verheiratet mit Henriette v. W., geb. Ullmann (geb. 1806 oder 1807; gest. Wien, 19. 10. 1888), der Tochter eines Augsburger Bankiers, die einen bekannten Wr. Salon führte. – W. wurde überwiegend zu Hause unterrichtet. Nach einer kaufmänn. Lehre trat er in den Juwelenhandel seines Vaters ein und wurde 1871 öff. Ges. W. interessierte sich für pädagog. Schriften und unternahm 1824–28 Stud.reisen nach Dtld., Italien, Frankreich und England. In England erkundete er bes. Kleinkinderbewahranstalten. 1830 errichtete er mit dem kath. Priester Johann Lindner die erste öff. Bewahranstalt in Wien mit den Einnahmen aus seiner Übers. der Schrift „Ueber die frühzeitige Erziehung der Kinder und die englischen Klein-Kinder-Schulen …“ (1826, 2. überarb. Aufl. 1828) von Samuel Wilderspin. 1834 gründete er das Pensionsinst. für israelit. Bethausbeamte, 1840 den Ver. zur Förderung des Handwerks unter den inländ. Israeliten, 1843 die israelit. Kinderbewahranstalt und 1860 den Ver. zur Erziehung israelit. Waisen. Außerdem gehörte er 1868 zu den Mitbegründern der ersten österr. Privatbildungsanstalt für Kindergärtnerinnen sowie 1872 der allg. Rettungsges. und der Israelit. Allianz in Wien für verfolgte Juden. 1835–68 war W. im Vorstand der IKG, deren Präs. er 1864 wurde. Ab 1848 war er Hrsg. des „Wiener Geschäftsberichts u. Neuigkeitsboten“ und 1854–64 des „Calenders und Jahrbuchs für Israeliten“. W. setzte sich für die Emanzipation der Juden in Österr. ein. Er veröff. auch literar. Werke (u. a. „Dramatische Beyträge …“, 1838; „Eudocia“, 1879) und zahlreiche Aufsätze polit., national-ökonom. und kulturhist. Inhalts. W. erhielt 1850 die goldene Medaille für Kunst und Wiss., 1860 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens sowie 1868 den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und wurde in den Ritterstand erhoben.

Weitere W.: Therese, ein prakt. Hdb. für die Erziehung …, 1832; Die Juden in Oesterr., 3 Bde., 1842; Die Stellung der Juden in Österr., 1852; Zur Emancipation unserer Glaubensgenossen, 1882; Jüd. Lehre und jüd. Leben mit bes. Beziehung auf die Juden in Österr. …, 1883.
L.: Wr. Jüd. Volksstimme 13 (1), 1912, Nr. 18, S. 1f., Nr. 19, S. 2f.; Giebisch–Gugitz; Jew. Enc.; Wininger; Wurzbach; G. Wolf, J. W., 1868; H. Zohn, Österreichische Juden in der Literatur, 1969; M. Berger, in: Unsere Kinder – Fachz. für Kindergarten- und Kleinkindpädagogik 59, 2004, Sonderausg., S. 2ff.; B. Siegel, Österr. Judentum zwischen Ost und West. Die Israelit. Allianz zu Wien 1873–1938, 2010, S. 51, 67, 144ff., 165, 297; Y. Shenef, Das Haus der drei Sterne: Die Geschichte des jüd. Friedhofs von Pfersee …, 2013, S. 266; Wien Geschichte Wiki (Zugriff 10. 10. 2018); WStLA, Wien.
(S. B. Weiss)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 145f.
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