Willner, Alfred (Julius) Maria (1859–1929), Librettist, Komponist und Journalist

Willner Alfred (Julius) Maria, Librettist, Komponist und Journalist. Geb. Wien, 11. 7. 1859; gest. ebd., 27. 10. 1929; röm.-kath. Sohn des Rechtsanwalts Anton W. (geb. Gröschlmauth, Mähren / Grešlové Mýto, CZ, 2. 6. 1827; gest. Wien, 30. 4. 1887) und der Maria Seraphine W., geb. Mautner (geb. Smiřitz, Böhmen / Smiřice, CZ, 5. 11. 1836; gest. Wien, 20. 12. 1906; mos., ab 1846 röm.-kath.), der Tochter von →Adolf Ignaz Mautner v. Markhof; verheiratet mit Bertha W. (geb. 3. 4. 1863). – W. legte 1878 seine Matura in Salzburg ab und stud. anschließend Jus in Wien. Die vom Vater angestrebte diplomat. Laufbahn gab er bald auf. Er betätigte sich zunächst als Journalist (u. a. für das „Wiener Salonblatt“), komponierte Klavierstücke und schließl. Ballette für die Wr. Hofoper. Dort debüt. er 1884 mit „Der Vater der Debütantin“, einem kom. Ballett nach dem gleichnamigen Schwank von Ludwig Both (Ps. für Louis Schneider). Seine ersten Libretti verf. er ebenfalls für das Ballett der Hofoper, so 1894 „Rund um Wien“ (auch: „Rund um den Stephansdom“) von →Joseph Bayer nach Musik von →Johann Strauß (Sohn). Für Strauß schrieb er auch sein erstes Operettenlibretto „Die Göttin der Vernunft“, 1897 im Theater an der Wien mit wenig Erfolg uraufgef. Schon im Jahr zuvor hatte er ein Opernlibretto für →Karl Goldmark verf. („Das Heimchen am Herd“ nach Charles Dickens). Der Durchbruch als Bühnenautor gelang ihm aber erst zehn Jahre später. Gem. mit →Fritz Grünbaum schrieb er für den aufstrebenden Komponisten →Leo Fall „Die Dollarprinzessin“. Die Operette wurde ein Welterfolg. Ein solcher war auch „Der Graf von Luxemburg“ (1909), die erste Zusammenarbeit mit →Franz Lehár, jenem Komponisten, dem sich W. sowohl künstler. als auch privat am meisten verbunden fühlte. Mit ihm und seinen Mitautoren Robert Bodanzky und →Heinz Reichert schrieb er insgesamt acht Werke. Der minutiöse Dramaturg und Musiker galt als idealer Komponisten-Librettist. Er wohnte im selben Haus wie Lehár, dem er auch den Auftrag, ein Libretto für Giacomo Puccini zu schreiben, das dessen späterer Operette „La Rondine“ (1917) als Vorlage diente, verdankte. Seinen größten Erfolg aber hatte W. 1916 mit der Schubert-Operette „Das Dreimäderlhaus“, für die →Heinrich Berté Originalmusik von →Franz Schubert verwendete. Dass dies anfangs heftig skandalisiert wurde, konnte den weltweiten Siegeszug dieser Operette nicht verhindern. Mitte der 1920er-Jahre wurde es ruhiger um den bisher äußerst produktiven Librettisten, der sich damals zunehmend religiösen Reflexionen zuwandte. Seine letzte Urauff. erlebte er wenige Monate vor seinem Tod mit „Rosen aus Florida“, einer von Erich Wolfgang Korngold vollendeten Nachlass-Operette des bereits verstorbenen Fall.

Weitere Werke (s. auch Gänzl): Libretti: Das Baby (Musik R. Heuberger d. Ä.), 1902; Die Sprudelfee (H. Reinhardt), 1909; Zigeunerliebe (F. Lehár), 1910; Die schöne Risette (L. Fall), 1910; Die kleine Freundin (O. Straus), 1911; Die Faschingsfee (E. Kálmán), 1917; Die schöne Saskia (O. Nedbal), 1917; Frasquita (F. Lehár), 1922; Walzer aus Wien (J. Bittner – W. Korngold nach J. Strauß Sohn), 1931. – Publ.: Die Eingebungen des Marianus – ein Buch der Einkehr und Smlg., 1923.
L.: Czeike; Eisenberg 1; Giebisch–Gugitz; Riemann; K. Gänzl, The Enc. of the Musical Theatre, 1994 (m. W.); M. v. Peteani, F. Lehár, 1950, s. Reg.; A. Bauer, Opern und Operetten in Wien, 1955, s. Reg.; B. Grun, Gold und Silber, 1970, s. Reg.; O. Schneidereit, F. Lehár, 1984, s. Reg. (m. B.); St. Frey, F. Lehár, 2020, s. Reg.; Pfarre St. Augustin, WStLA, beide Wien.
(St. Frey)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 227f.
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