Willner, Rudolf (1879–1926), Höhlenforscher, Beamter und Jurist

Willner Rudolf, Höhlenforscher, Beamter und Jurist. Geb. Villach (Ktn.), 12. 8. 1879; gest. Krumpendorf (Krumpendorf am Wörthersee, Ktn.), 3. 8. 1926 (begraben: Innsbruck, Tirol); röm.-kath. Sohn des Bahning. Eduard W. (gest. 1902) und der Bergratstochter Theresia W., geb. Edle v. Posch; ab 1903 verheiratet mit der Postbeamtentochter Johanna W., geb. Krepper. – Nach dem Umzug der Familie nach Tirol besuchte W. das Gymn. in Innsbruck. Ab 1898 stud. er Rechtswiss. an der Univ. Wien; 1902 Dr. phil. W. trat zunächst in den Staatsdienst bei der Finanzlandesdion. Innsbruck und arbeitete anschließend als Konzeptspraktikant in Innsbruck, Brixen und Feldkirch. Nach dem Wechsel zur Forstverwaltung war er ab 1906 bei der Forst- und Domänendion. in Görz beschäftigt und erhielt 1907 eine Stelle als Adjunkt (ab 1916 Administrationsrat) am Ackerbaumin. in Wien. In dieser Funktion befasste sich W. mit der Wiederaufforstung in Karstgebieten und koordinierte die Meliorationsarbeiten auf der Staatsdomäne am Vranasee in Dalmatien. Zudem förderte er die tourist. Erschließung der unter staatl. Verwaltung stehenden Adelsberger Grotte. Während des 1. Weltkriegs setzte sich W. mit der militär. und wirtschaftl. Nutzung von Höhlen auseinander und publ. 1917 die beiden Hdbb. „Kleine Höhlenkunde“ und „Über die Auswertung von Karsthöhlen“, wobei er den Begriff Höhlenwirtschaftskde. prägte. Im selben Jahr regte er an, eine Min.komm. für Höhlenforschung (ab 1919 staatl. Höhlenkomm., ab 1921 Bundeshöhlenkomm.) zu bilden, welche mit industriellen Mitteln die Gewinnung von Höhlenphosphaten als Düngemittel für die Landwirtschaft betrieb und die dabei gemachten Funde wiss. auswertete. I. d. F. wurde W. die Leitung der Komm. und der sog. Österr. Höhlendüngeraktion übertragen, in deren Rahmen ab 1917 ca. 1.500 Höhlen befahren, deren Sedimente beprobt und ein staatl. Höhlenkataster erstellt wurden. Weiters hatte W. maßgebl. Anteil an der Ausarbeitung des 1918 beschlossenen Gesetzes zur Gewinnung von Höhlenphosphaten. Nach Kriegsende Leiter des neu geschaffenen Höhlenreferats am Landwirtschaftsmin., führte er mit →Othenio Abel und →Georg Kyrle die Aufsicht über den 1919–23 v. a. in der Drachenhöhle bei Mixnitz durchgeführten Phosphatabbau. Zugleich übernahm W. mit dem Höhlenforscher Rudolf Saar die Leitung der dem Min. überantworteten Erschließung der Dachsteinhöhlen bei Obertraun für den Fremdenverkehr und initiierte 1922 die Gründung eines Speläolog. Inst. in Wien, das als staatl. Forschungs- und Lehreinrichtung das Gesamtgebiet der neuen Gruppenwiss. (theoret. und prakt. Speläol. sowie Höhlenwirtschaftskde.) bearb. Zudem verf. er 1921–25 mehrere Artikel zu rechtl. Besitzverhältnissen in Höhlen, red. die Z. der Komm. und fungierte 1922 als Gründungsmitgl. und Vizepräs. der Speläolog. Ges. in Wien. 1923 zum Min.rat befördert, wurde W. zwei Jahre später zum jurist.-administrativen Dir. der Österr. Bundesforste bestellt, kurz darauf allerdings krankheitsbedingt in den Frühruhestand versetzt.

Weitere W.: s. Kyrle; Mattes, 2019.
L.: Innsbrucker Nachrichten, 6. (Parte), 7., Sbg. Volksbl., 7., NFP, 10. 8. 1926; Wr. Allg. Forst- und Jagdztg. 44, 1926, S. 222; B. Wolf u. a., in: Mitt. über Höhlen- und Karstforschung, 1926, S. 145; G. Götzinger, in: Verhh. der Geolog. Bundesanstalt, 1926, S. 203ff.; G. Götzinger, in: Mitt. über Höhlen- und Karstforschung, 1927, S. 71f.; G. Kyrle, in: Speläolog. Jb. 7–9, 1928, S. 51ff. (m. B. u. W.); J. Mattes, Reisen ins Unterird., 2015, S. 263f.; P. Danner, Die Neuordnung der Großdt. Höhlenforschung, 2017, S. 9f.; J. Mattes, Wissenskulturen des Subterranen, 2019, S. 542ff. (m. B. u. W.); AdR, UA, beide Wien; Pfarre Villach-St. Jakob, Ktn.
(J. Mattes)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 228
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