Winter, Anton Edler von (1866–1942), Diplomat

Winter Anton Edler von, Diplomat. Geb. Ödenburg (Ödenburg/Sopron, H), 22. 5. 1866; gest. Wien, 30. 3. 1942; röm.-kath. Sohn des Kav.off. Johann Edler v. W. (gest. 1876) und der Sidonie Edle v. W., geb. v. Wallner, Vater des Diplomaten Hanns Edler v. W. (geb. Adrianopel, Osman. Reich / Edirne, TR, 18. 7. 1897; gest. Wien, 22. 9. 1961); ab 1896 verheiratet mit Marie Edle v. W., geb. Badetti (geb. Adrianopel, 21. 5. 1878; gest. Wien, 12. 9. 1964), Tochter des belg. Hon.konsuls in Adrianopel Gustav Badetti. – Nach dem Gymn. in Brünn und Wien absolv. W. 1885–90 die Oriental. Akad. in Wien. Der Eintritt in den Staatsdienst erfolgte über das Außenmin., wo er zunächst ab 1890 zur Rechtspraxis dem Bez.gericht in Wien 9, ab Februar 1891 jenem in Wien 8 sowie ab August dem Wr. Handelsgericht zugeteilt wurde. Nach der Ernennung zum Konsulareleven stand W. bis 1899 bei folgenden Konsularämtern im Osman. Reich in Verwendung, zunächst in zugeteilter, dann in selbstständiger Eigenschaft: Scutari, Monastir, Adrianopel, Prizren und Durazzo; 1894 Vizekonsul. 1899 erfolgte die Einberufung zur Dienstleistung in die Zentralleitung des Außenmin.; 1900 Konsul. Kurzfristig kehrte W. im Sommer 1904 nach Adrianopel zurück, wo er noch einmal als interimist. Gerent fungierte. Danach blieb sein Wirken auf Wien beschränkt. Im September 1904 wurde W. zunächst mit der prov., ein Jahr später mit der def. Leitung der Konsularakad. (vormals Oriental. Akad.) bei gleichzeitiger Verleihung des Titels und Charakters eines Gen.konsuls II. Kl. betraut. Mit seinem Dienstantritt 1904/05 fiel die Übersiedlung der Akad. in deren Neubau in der Boltzmanngasse (heute: US-Botschaft) zusammen. Sein organisator. und pädagog. Geschick ermöglichte es W., die Übergangszeit nach der nicht nur räuml., sondern auch ökonom.-administrativ vollzogenen Trennung von der Theresian. Akad. zu meistern. Er setzte die bereits von →Michael Frh. Pidoll v. Quintenbach begonnene Reform um, insbes. die Stärkung der Wirtschaftsfächer. 1908 zum Gen.konsul I. Kl. ernannt, wurde W. 1909 zum Leiter des diplomat. Vorbereitungskurses und Mitgl. der Komm. für die Diplomatenprüfungen. 1919 erwarb er die dt.österr. Staatsbürgerschaft und wurde im November zum Leiter der Verwaltungssektion im Außenmin. berufen; 1920 Sektionschef. Obwohl 1922 i. d. R. versetzt, führte W. auf Wunsch des Außenministers →Alfred Grünberger die Leitung der Konsularakad. bis zu seiner Enthebung 1933 unentgeltl. fort. Dabei sah sich W. vor die schwierige Aufgabe gestellt, eine vormals als Ausbildungsstätte einer europ. Großmacht fungierende Einrichtung entsprechend den weit kleiner dimensionierten Gegebenheiten der jungen, wirtschaftl. bedrängten Republik umzugestalten. Die zunächst praktizierte enge Anbindung an Dtld. und dessen Finanzmittel musste bald aufgegeben werden. Nach Einstellung der finanziellen Unterstützung durch die österr. Regierung 1923 reüssierte W. schließl. mit der Umwandlung der Akad. in eine privatwirtschaftl. geführte internationale Lehranstalt für Politik und Volkswirtschaft, die aus Stud.beitrr. und mithilfe von Mäzenen erhalten werden konnte. Bis 1936/37 stiegen die Studentenzahlen stetig an, gesellschaftl. bahnbrechend war der hohe Frauenanteil von ca. 25 %. W. erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter 1897 den k. ottoman. Osmanje-Orden IV. Kl., 1898 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1900 den kgl. pers. Sonnen- und Löwenorden III. Kl. 1905 wurde er zum Kommandeur des päpstl. Gregorius-Ordens ernannt, 1912 zum Ritter des Leopold-Ordens. 1929 erhielt W. das Große Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österr.

L.: RP, 7. 12. 1930; G. Enderle-Burcel, Diener vieler Herren, 1997, s. Reg.; O. Rathkolb, 250 Jahre. Von der Oriental. zur Diplomat. Akad. in Wien, 2004, s. Reg.; E. Deutsch, Die effektiven Konsuln Österr.(-Ungarns) …, 2017, s. Reg.; AdR, HHStA, beide Wien.
(G. Gonsa)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 259f.
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