Winterstein, Simon Frh. von (1819–1883), Unternehmer und Politiker

Winterstein Simon Frh. von, Unternehmer und Politiker. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 16. 12. 1819; gest. Vöslau (Bad Vöslau, NÖ), 10. 6. 1883 (begraben: Wien); mos. Sohn von Leopold (Joachim, Chaim Löb) Winterstein (geb. Ledeč, Böhmen / Ledeč nad Sázavou, CZ, 4. 2. 1791; gest. Prag, 29. 5. 1833), der Familiant der Herrschaft Ledeč war, aber als Goldschmied und zuletzt Vorsteher der Goldarbeiterzunft in Prag lebte, und der vermutl. ebenfalls aus Ledeč stammenden Sara Winterstein, geb. Morawitz (ca. 1790–1838), Vater von Friedrich Frh. v. W. (s. u.); unverheiratet. – W. kam bereits in jungen Jahren nach Wien und trat zu Beginn der 1840er-Jahre als Geschäftsführer in die Dienste des Wr. Großhandlungshauses Adolf v. Wertheimstein. 1851 wurde er Ges. der von Ludwig Weindlmayer begründeten Komm.- und Speditionsfa. Weindlmayer & Winterstein, durch die er in engen geschäftl. Kontakt mit der k. k. priv. K. Ferdinands-Nordbahn und zum Haus Rothschild kam. 1856 trennten sich die beiden Ges. und W. übernahm das Wr. Speditions-Bureau der Nordbahn, zugleich begann er sich in der Wr. HGK zu engag. und wurde letztl. 1866 deren Präs. 1862 wechselte er in die Dion. der Nordbahn und in jene der Credit-Anstalt. Er gehörte beiden Institutionen bis kurz vor seinem Tod an. 1861–69 war er als Vertreter der HGK Mitgl. des AH, 1869 wurde er als zweiter Jude zum lebenslängl. Mitgl. des HH ernannt. W. galt als ausgewiesener Experte in finanziellen und nationalökonom. Fragen und wurde während seiner polit. Karriere in fast alle entsprechenden Komm. berufen; v. a. als Mitgl. der Staatsschulden-Komm. war er Berater der österr. Regierung. Er erhielt 1867 das Ritterkreuz, 1878 das Kommandeurkreuz des Leopold-Ordens und wurde 1869 in den Ritter- sowie 1874 in den Frh.stand erhoben. Sein (1869 adoptierter) Sohn, der Beamte Dr. iur. Friedrich Frh. v. W., ursprüngl. Geiringer-W. bzw. Geyringer-W., ab 1870 Ritter v. Geiringer-W., 1893–95 Frh. v. Geiringer-W. (geb. Wien, 24. 9. 1846; gest. ebd., 14. 3. 1923; mos., ab 1883 röm.-kath.), stammte aus einer Beziehung mit Eleonore Geiringer, geb. Schacherl (ca. 1810–1860), der Ehefrau des Ölfabrikanten Moriz Geiringer. Er war mit Gabriele Freifrau v. W., geb. v. Joelson, verheiratet. Friedrich W. trat in den Staatsdienst, stieg im Finanzmin. bis zum Sektionschef auf und bekleidete darüber hinaus 1900–10 den Posten eines Vizegouverneurs der Österr.-ung. Bank. Er erhielt 1891 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens.

L.: Die Presse, NFP (Abendbl.), NWT, 11. (Abendbl.), 13. (Parte), Wr. Allg. Ztg., 11., 12., Morgen-Post, 12., 13. 6. 1883; Adlgasser; Jew. Enc.; Jüd. Lex.; Universal Jew. Enc.; Wininger; Wurzbach; Allg. Ztg. des Judenthums 47, 1883, S. 425f.; Die Neuzeit 23, 1883, S. 226f.; C. S. Grünfeld, Berühmte Männer und Frauen, 1886 (m. B.); D. Spitzer, Wr. Spaziergänge 1, ed. M. Kalbeck – O. E. Deutsch, 1912, S. 252ff.; K. Drewes, Jüd. Adel, 2013, S. 191; Herald.-Genealog. Ges. Adler, HHStA, IKG, WStLA, alle Wien; Národní archiv, Praha, CZ; Digitalizované pobytové přihlášky pražského policejního ředitelství (konskripce) (online, Zugriff 19. 1. 2020). – Friedrich v. W.: NFP, 17. 3. 1923; G. Gaugusch, Wer einmal war. A–K, 2011, S. 861.
(G. Gaugusch)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 272
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