Wodzicki, Ludwik (Ludwig) Gf. (1834–1894), Politiker und Großgrundbesitzer

Wodzicki Ludwik (Ludwig) Gf., Politiker und Großgrundbesitzer. Geb. Krakau, Freie Stadt (Kraków, PL), 19. 8. 1834; gest. Douai (F), 11. 8. 1894. Abkömmling einer weitverzweigten, polit. einflussreichen Familie. Sohn des Herrschaftsbesitzers und Teilnehmers am griech. Befreiungskampf sowie am Novemberaufstand von 1830/31 Aleksander Gf. W. (1810–1853), Cousin von →Antoni Gf. W., Neffe des LT- und RR-Abg. Henryk Gf. W. (geb. Krakau, 2. 12. 1813; gest. ebd., 29. 10. 1884), eines einflussreichen Politikers im Umfeld der Krakauer Konservativen der 1860er/70er-Jahre. – W. besuchte die Gymn. in Rzeszów und Krakau und stud. Jus an der Krakauer Univ. sowie in Wien (1855/56), ehe er sich der Verwaltung der vom Vater übernommenen Herrschaft in Tyczyn bei Rzeszów annahm. Seine Bestrebungen, diese wirtschaftl. zu modernisieren, führten ihn in die Politik (Bez.rat, 1868–71 Obmann) und das Ver.wesen (Krakauer Landwirtschaftsges., ab 1861 Ausschussmitgl.). Er gehörte zu den Mitbegründern des gemäßigt-nationalen Organs „Glos“ (Lemberg) und nahm aktiv an der Schmerling-Deputation von 1861 teil, der ersten großen polit. Manifestation des poln.-galiz. Lagers. Sein Engagement im Umfeld des österr. Frühkonstitutionalismus wurde jäh unterbrochen durch seine Teilnahme am poln. Jänneraufstand (1863), wo er zum Lager der „Weißen“ gehörte. Nach dessen Niederschlagung ging W. zunächst ins Exil nach England und Frankreich, ehe er infolge der Gen.amnestie von 1865 ins Habsburgerreich zurückkehrte. Noch im selben Jahr wurde er vom Krakauer Großgrundbesitz in den LT entsandt. In der bald folgenden Debatte über die Frage, inwieweit sich Galizien der durch den Ausgleich geschaffenen Neuordnung des Reichs fügen solle, gehörte W. zu den in Krakau angesiedelten Hardlinern („Grafenpartei“). Trotz seiner Ablehnung der Beschickung des RR im Februar/März 1867 wurde er, ebenso wie sein Onkel, im Zuge der nachfolgenden Delegationswahl ins AH gewählt, wo er der oppositionell-autonomist. „Minderheit“ des Polenklubs angehörte. Nach der Verabschiedung der Dezembergesetze und der Konsolidierung Cisleithaniens reorientierte sich W. jedoch im Sinn eines pragmat.-patriot. Austroloyalismus. Er gehörte zu den Mitverf. eines Manifests, welches in der von ihm mitbegründeten Z. „Przeglad Polski“ erschien und diese Richtung des Krakauer Konservatismus begründete („Mappe des Stanczyk“, 1869). In den Folgejahren erwuchs eine bes. Nähe W.s zum K., dessen Reise nach Galizien 1880 er in seiner Funktion als Landesmarschall (1877–81) organisierte. Sein wachsender Einfluss in Wien während der Ära Taaffe brachte ihm zwei Spitzenfunktionen ein, den Gouverneursposten bei der Österr. Länderbank (1880–94) und die Leitung der Österr.-Alpinen Montanges. (1881–94). Ab 1877 war W. Mitgl. des HH auf Lebenszeit, wo er der Fraktion der Rechten angehörte.

L.: NFP, 13. 8. 1894; Adlgasser; St. Kozmian, L. W. Życiorys, 1894; St. Tarnowski, L. W. Wspomnienie posmiertne, 1894; J. Buszko, Polacy w parlamencie wiedenskim 1848–1918, 1996; S. Wnęk. L. W., ziemianin z Tyczyna, 1997.
(H. Binder)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 304
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