Woldrich (Woldřich), Johann Nepomuk (Jan) (1834–1906), Geologe, Paläontologe, Zoologe und Archäologe

Woldrich (Woldřich) Johann Nepomuk (Jan), Geologe, Paläontologe, Zoologe und Archäologe. Geb. Großzdikau, Böhmen (Zdíkov, CZ), 15. 6. 1834; gest. Kgl. Weinberge, Böhmen (Praha, CZ), 3. 2. 1906; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns und Schneiders Joseph W. (gest. 1859) und der Theresia W., geb. Zotter, Vater u. a. des Geologen und ab 1934 Dir. der Geolog. Staatsanstalt in Prag Josef W. (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 18. 2. 1880; gest. ebd., 3. 10. 1937); ab 1860 verheiratet mit Ottilia W., geb. Habel (gest. 1898). – Nach dem Besuch des Piaristengymn. in Budweis ab 1847 stud. W. 1855–58 Naturgeschichte sowie Mathematik und Physik für das Lehramt an Gymn. an der Univ. Wien; 1858 Lehramtsprüfung und Dr. phil. an der Univ. Gießen. 1859 erhielt er eine Stelle als Supplent für das Fach Naturgeschichte am Gymn. in Eperies, von wo er 1860 an das Gymn. in Schemnitz versetzt wurde. 1862 wechselte er an das Gymn. in Salzburg, 1869–93 wirkte er als Prof. am Akadem. Gymn. in Wien. 1893 erhielt er den Ruf als o. Prof. für Geol. und Paläontol. an die tschech. Univ. Prag, wo er bis 1905 (Emer.) lehrte; 1899/1900 Dekan der phil. Fak. W.s wiss. Œuvre ist äußerst vielseitig. An vorderster Stelle sind seine geolog. und paläontolog. Stud. zu nennen, in denen er sich vorzugsweise mit pleistozänen Säugetierfaunen befasste. Darüber hinaus trug er zur Entwicklung der tschech. geolog. Fachterminol. bei. Daneben war er als Prähistoriker tätig, der zahlreiche anthropolog. und archäolog. Arbeiten verf. und damit Wesentl. für die Erforschung von Südböhmen leistete. Tle. seiner Ausgrabungen wurden dem Národní muz. in Prag übergeben. Weiters galt sein Interesse der Klimatol. Von W.s zahlreichen Publ. ist sein vielfach aufgelegter „Leitfaden der Zoologie für den höheren Schul-Unterricht“ (1. Aufl. 1871) erwähnenswert. W. wandte sich zudem der Politik zu. So war er 1889–91 Abg. zum RR (fraktionslos). Ab 1863 war er u. a. Mitgl. der Geograph. Ges. in Wien, ab 1865 k. M. der Ges. für Sbg. Landeskde., ab 1884 k. M. der Central-Comm. für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale, ab 1895 ao. Mitgl. der Kgl. böhm. Ges. der Wiss. sowie auswärtiges k. M. der Société dʼanthropologie de Paris. 1881 erhielt er die goldene Medaille für Kunst und Wiss.; 1905 HR.

Weitere W. (s. auch Poggendorff; Martínek): Die Lagerungsverhältnisse des Wr. Sandsteines auf der Strecke von Nussdorf bis Greifenstein, in: Jb. der geolog. Reichsanstalt 10, 1859; Versuch zu einer Klimatographie des Salzburg. Alpenlandes, 1867; Ueberblick der Urgeschichte des Menschen, 1871; Über Caniden aus dem Diluvium, in: Denkschriften Wien, math.-nat. Kl. 39, 2. Abt., 1878; Beitrr. zur diluvialen Fauna der mähr. Höhlen 1–3, in: Verhh. der k. k. Geolog. Reichsanstalt, 1880–81; Die ältesten Spuren der Cultur in Mitteleuropa, 1886.
L.: Das Vaterland, 27. 10. 1860; Mähr. Tagbl., 28. 1. 1890; Prager Tagbl., 3. 8. 1891 (Abendausg.); NFP, 7. 8. 1905, 4. 2. 1906; Adlgasser; Eisenberg 2; Poggendorff 4 (m. W.); Wurzbach (s. u. F. Woldrzich Edler v. Ehrenfreund); Mitt. der Anthropolog. Ges. in Wien 36, 1906, S. 151; Mitt. der Ges. für Sbg. Landeskde. 46, 1906, S. 605f.; K. Lambrecht u. a., Palaeontologi. Cat. bio-bibliographicus, 1938; H. Zapfe, Index Palaeontologicorum Austriae (= Cat. Fossilium Austriae 15), 1971; Th. Brückler – U. Nimeth, Personenlex. zur Österr. Denkmalpflege, 2001; J. Martínek, Geografové v českých zemích 1800–1945, 2008 (m. B. u. W.); UA, Wien (m. B.); Pfarre Praha-Vinohrady, CZ.
(J. Seidl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 317
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