Wolf, Sándor (Alexander, Nathan) (1871–1946), Sammler, Mäzen und Großhändler

Wolf Sándor (Alexander, Nathan), Sammler, Mäzen und Großhändler. Geb. Eisenstadt, Ungarn (Bgld.), 21. 12. 1871; gest. Haifa, Palästina (Hefa, IL), 2. 1. 1946; mos. Enkel von Leopold W. (1800–1866), Gründer einer Weingroßhandelsfa., Sohn des Weinhändlers Ignaz W. (geb. Eisenstadt, 27. 8. 1841; gest. ebd., 18. 1. 1906) und der Hermine W., geb. Neubrunn (1845–1931). – W. besuchte die Handelsakad. in Wien und war ao. Hörer der Univ. Wien im Fach Kunstgeschichte. 1901 übernahm er gem. mit seinem Bruder die väterl. Fa. Leopold Wolf’s Söhne. Etwa um die gleiche Zeit entfachte der Erwerb eines röm. Denars seine Sammelleidenschaft, die ihn zu einem der bedeutendsten Sammler des frühen 20. Jh. in Österr. werden ließ. Ab 1902 begab er sich selbst ins archäolog. Fach, indem er mit Fachleuten Ausgrabungen in und um Eisenstadt durchführte. Die archäolog. Funde, aber auch viele Ankäufe von Antiquitäten und Kunstwerken bildeten den Grundstock zu einer rasch wachsenden Privatsmlg. Ein spezielles Augenmerk in seiner ausgedehnten volkskundl. Smlg. widmete er den Judaica. Bei der Gründung des Bgld. 1921 war die Smlg. Wolf dessen bedeutendste museale Einrichtung. 1925 wurde W. zum ehrenamtl. Landeskonservator für das Bgld. ernannt und 1926 war er Mitbegründer des Bgld. Landesmus., wofür er das firmeneigene Leinnerhaus in Eisenstadt als Unterkunft zur Verfügung stellte. 1930/31 begann er unter Mitarb. von →Leopold Moses und Karl Halaunbrenner mit der Errichtung eines jüd. Zentralarchivs für das Bgld. 1931 unterstützte er die Gründung eines Haydnmus. durch den bgld. Heimat- und Naturschutzver. 1938 musste W. emigrieren, seine Smlg. wurde konfisziert, später an seine Erben restituiert und 1958 in Luzern versteigert. Große Teile kamen ans Landesmus. Bgld. W. gehörte rund 40 in- und ausländ. Vereinigungen auf den Gebieten Kunst und Kultur, Geistes- und Naturwiss. sowie der Volksbildung an, u. a. der Ges. für Smlg. und Konservierung von Kunst- und hist. Denkmälern des Judentums, Wien (heute Jüd. Mus.), deren Vizepräs. er war, der Hist. Komm. der IKG in Wien, der Ges. zur Erforschung jüd. Kunstdenkmäler, Frankfurt am Main, der Dt. Orientges., Berlin, der Ges. zur Förderung der Wiss. des Judentums, Berlin, der Jewish Palestine Exploration Society, dem Ver. zum Wiederaufbau Palästinas (Keren Hayesod), dem Humanitätsver. Eintracht (B’nai B’rith), der naturwiss. Ges. Természettudományi Társulat, Budapest, sowie der Zoolog.-Botan. Ges., der Chem.-physikal. Ges., der Geograph. Ges., der Prähist. Ges. und der Anthropolog. Ges., alle Wien.

W.: Die Kunst im Eisenstädter Ghetto (A kismartoni gettö müveszete), 1912; Die Entwicklung des jüd. Grabsteines und die Denkmäler des Eisenstädter Friedhofs, in: B. Wachstein, Die Grabschriften des alten Judenfriedhofes in Eisenstadt, 1922; Das heutige Eisenstädter Ghetto …, in: Mitt. des Bgld. Heimatschutzver. 2, 1928, H. 3. – Teilnachlass: Landesmus. Bgld.
L.: E. Wolf, Die Familie W., 1924; F. Probst, in: Volk und Heimat 29, 1975/76, Nr. 7, S. 4ff. (m. B.); M. Mammerler, in: Bgld. Heimatbll. 73, 2011, S. 171ff. (m. B.); D. Szorger, in: Bgld. 90 Jahre – 90 Geschichten, 2011 (m. B.); H. Posch, in: Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Univ. Wien 1938 (online, Zugriff 26. 8. 2019).
(G. Polster)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 327
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