Württemberg, Wilhelm Nicolaus Hg. von (1828–1896), General

Württemberg Wilhelm Nicolaus Hg. von, General. Geb. Carlsruhe, Preußen (Pokój, PL), 20. 7. 1828; gest. Meran, Tirol (Meran/Merano, I), 6. 11. 1896. Sohn des russ. Gen. und Prinzen v. Württemberg Eugen Hg. v. W. (1788–1857) und dessen 2. Frau Helene Prinzessin z. Hohenlohe-Langenburg (1807–1880), Halbbruder u. a. des preuß. Gen. Eugen Hg. v. W. (1820–1875), Bruder von Nikolaus Hg. v. W. (geb. Carlsruhe, 1. 3. 1833; gest. ebd., 22. 2. 1903), der in der österr. Armee zunächst in der Marine und danach im Landheer Verwendung fand; unverheiratet. – W. wurde zunächst von dem evang. Theologen Theodor Mertens privat erzogen, besuchte ab 1841 das Gymn. in Meiningen und legte 1846 in Breslau das Off.examen in der preuß. Armee ab. Ab 1847 vertiefte er seine Kenntnisse in Naturwiss. in Genf und hörte Vorlesungen an der Univ. Bonn. Da sein Halbbruder Eugen in der preuß. Armee diente und sein Vater in der russ. Armee schlechte Erfahrungen gemacht hatte, bestimmte Letzterer W. dazu, in die österr. Armee einzutreten. 1848 begann W. seinen Dienst in der k. Armee und wurde im Oktober zum Lt. im IR Nr. 1 ernannt und nach Italien versetzt, wo ihn →Johann Gf. Radetzky v. Radetz bereits Mitte Oktober zum Oblt. beförderte. Im März 1849 kämpfte W. u. a. in der Schlacht bei Mortara, bei der er verletzt wurde, sowie in der Schlacht bei Novara, wo er ebenfalls eine schwere Verwundung erlitt. Aufgrund seiner Tapferkeit wurde er von Radetzky v. Radetz zum Hptm. im IR Nr. 45 ernannt; 1853 Mjr. im IR Nr. 21, 1857 Obstlt. im IR Nr. 1, 1859 Obst. und Kmdt. des IR Nr. 27. 1859 führte W. sein Rgt. in den Krieg gegen Frankreich und Piemont. In der Schlacht bei Magenta beorderte →Wilhelm Frh. v. Ramming v. Riedkirchen W., mit zwei Baon. seines Rgt. Magenta zu halten, um den Rückzug des Korps zu decken. W. gelang es, die Franzosen über den Eisenbahndamm zurückzuwerfen, den Ort zu halten und den Gegner mit einem Bajonettangriff bis Casa Nuova zurückzudrängen. Als die Franzosen in Überzahl erneut angriffen, wollte W. nicht nur die Stellung halten, sondern Raum für einen geordneten Rückzug schaffen, und blieb in der darauffolgenden Schlacht, obwohl selbst verletzt, siegreich. Beim Rückzug mussten Magenta und insbes. der Bahnhof verteidigt werden, wobei W. in die damit einhergehenden Straßenkämpfe persönl. eingriff und die Verfolgung des österr. Rückzugs durch die Franzosen verhinderte. In der Schlacht bei Solferino stand er mit seinem Rgt. am äußersten rechten Flügel der I. Armee. Nach dem Frieden von Zürich kam er mit seinem Rgt. in die Garnison Wien. Im Krieg gegen Dänemark 1864 kämpfte W. bei Oberselk und nahm an der Kanonade vor Schleswig teil. Als er sein Rgt. im Gefecht bei Oeversee führte, konnte er, obwohl erneut schwer verwundet, wesentl. zum Erfolg der k. Armee beitragen und wurde außertourl. zum GM befördert. Im Krieg von 1866 wurde er mit seiner Brig. der Nordarmee zugeteilt, wohnte der Kanonade bei Kukus bei und focht in Königgrätz, wobei es ihm eine Zeitlang gelang, den umkämpften Swiepwald zu besetzen, und nahm am Treffen bei Blumenau teil. Anschließend kam er mit seiner Brig. nach Triest. 1869 (FML) erhielt er das Kmdo. über die 11. Inf.truppendiv. in Prag, 1874 einen Posten als Divisionär und Militärkmdt. in Triest. Im Okkupationsfeldzug in Bosnien 1878 bildete seine Div. die rechte Flügelkolonne, die in Westbosnien einrücken und sich über Vitez mit dem Hauptkorps vereinigen sollte. W. marschierte über Banja Luka, schlug die Aufständischen in Rogelje und konnte sie durch den Sieg bei Jajce komplett zersprengen. Nachdem er in Travnik eingerückt war, beorderte er eine Gebirgsbrig. nach Vitez und stellte eine Verbindung zum Hauptkorps her, worauf er zum FZM und kommandierenden Gen. des 13. Armeekorps ernannt wurde. Seine Aufgabe war es, das westl. Bosnien zu unterwerfen und zu befrieden, was ihm durch die Siege in Ključ und Livno gelang. 1878 wurde er zum stellv. Kmdt. der II. Armee ernannt, im selben Jahr zum kommandieren Gen. und Chef der Landesregierung in den okkupierten Prov., um Bosnien und die Herzegowina polit. und militär. zu organisieren. W. ließ Verkehrswege ausbauen, modernisierte das Schulwesen, die Verwaltung sowie die Justiz und sorgte für mehr Sicherheit im Land. 1879 erhielt er den Befehl, den Sandschak Novi Pazar zu besetzen, wobei er ein Blutvergießen vermeiden konnte. Um 1880 ersuchte W. um Enthebung von seinem Posten und wurde zum kommandierenden Gen. in Lemberg ernannt. Dort übernahm er als Kmdt. das 11. Korps, bis er schließl. 1889 als Kmdt. des 3. Armeekorps nach Graz versetzt wurde. Als Kg. Karl v. Württemberg 1891 starb, wurde W. erster Agnat des Kg.hauses. Infolgedessen trat er i. d. R., zog nach Stuttgart, war aber weiterhin oft am Wr. Hof zu Gast. Die Friedenszeiten nutzte W. für ausgedehnte Reisen, so in den Orient (1851, 1886), 1858 nach Schottland, Frankreich und Italien, 1865 nach Spanien und Nordafrika, 1886 auf den Balkan. In den Vereinigten Staaten besuchte er die Schlachtfelder des Sezessionskriegs, um die Strategie der kämpfenden Parteien kennenzulernen. Er starb während eines Erholungsaufenthalts in Meran. W. war ab 1860 Mitgl. der Geograph. Ges. in Wien. Er erhielt u. a. 1859 den Orden der Eisernen Krone II. Kl., 1878 jenen der I. Kl., 1864 das Kommandeurkreuz und 1881 das Großkreuz des Leopold-Ordens, 1860 das Ritterkreuz des MMTO sowie das Kommandeurkreuz des kgl. belg. Leopold-Ordens, 1864 den preuß. Orden pour le Mérite und 1891 den kgl. ung. St. Stephans-Orden. Außerdem war er ab 1891 Gen. der Inf. à la suite des Grenadierrgt. Kg. Karl Nr. 123 und 1892–96 Chef des preuß. IR Herwarth v. Bittenfeld. 1865 wurde er Inhaber des IR Nr. 73.

L.: WZ, 6. (Abendausg.), Das Vaterland, 7. 11. 1896; ADB; Wurzbach; Oesterr. Soldatenfreund 51, 1896, S. 333f.; Österr.-Ung. Revue 26, 1900, S. 22ff.; Bedeutende Grazer im Porträt, ed. W. Steinböck, 1977, S. 28; KA, Wien.
(G. Vavra)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 363f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>