Wüst, Anton Karl (1863–1932), Politiker und Publizist

Wüst Anton Karl, Politiker und Publizist. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 11. 1. 1863; gest. Žatec, Tschechoslowakei (CZ), 14. 9. 1932. Sohn des Finanzwacht-Oberaufsehers Anton W. (gest. 19. 6. 1898); verheiratet mit Marie W. – W. war zunächst in Michelsdorf in Nordwestböhmen als Kaufmann tätig. Im Verband der kaufmänn. Ver. Nordwestböhmens engag., sprach er sich 1895 für gesetzl. Maßnahmen gegen das Hausierwesen aus, um den Kaufmannsstand zu schützen. 1895 trat er erfolglos bei den böhm. LT-Wahlen für die gemäßigt dt.nationale und antisemit. Dt. Volkspartei in Böhmen an. Nach der Übersiedlung nach Saaz wurde er um 1900 Eigentümer, Hrsg. und Red. der „Nationalen Zeitung. Unabhängiges alldeutsches Blatt für die Provinz Deutschböhmen“, die zweimal wöchentl. erschien und bis 1904 insgesamt 151-mal beschlagnahmt wurde. 1901 folgte sein Einzug als Abg. in den böhm. LT für die Alldt. Vereinigung →Georg v. Schönerers, wobei in der ersten Sitzung erklärt wurde, dass sich die Abg. seiner Fraktion so lange nicht an Debatten beteiligen würden, bis die dt. Sprache als Staatssprache gesetzl. festgeschrieben sei. Nach dem Bruch Schönerers mit →Karl Hermann Wolf 1902 geriet W., der bei den Alldt. verblieb, zwischen die Fronten: Im Zuge eines Ehrenbeleidigungsprozesses, den Wolf gegen Anton Schalk anstrebte, wurde auch W. verurteilt, weil der auslösende Artikel tw. in seiner Ztg. abgedruckt worden war. 1903 erwarb W. gem. mit anderen Schönerianern die Buchdruckerei von Fritz Kränzle sowie 1904 gem. mit seiner Ehefrau jene von Josef Schwab in Dux. 1908 erneut in den böhm. LT gewählt, konnte er auch bei den RR-Wahlen 1911 – mit Unterstützung der Sozialdemokraten – sein Mandat verteidigen. Nach mehreren innerparteil. Streitigkeiten reduzierten sich die Alldt. auf zwei Abg., näml. W. und Edmund Jäger. Obwohl sie sich wegen ihrer informellen Zusammenarbeit mit dem dt. Nationalverband Schönerers Zorn zuzogen, intervenierte W. 1917 erfolgreich bei Ministerpräs. →Ernst Seidler v. Feuchtenegg für die Wiederverleihung von dessen Adelstitel, der ihm 1888 aberkannt worden war.

L.: Teplitz-Schönauer Anzeiger, 17. 8., Grazer Tagbl., 26. 10. 1895; Ostdt. Rundschau, 18. 9. 1901; NFP, 26. 11. 1902; Adlgasser; E. Pichl, G. Schönerer 1–6, 1938, passim; L. Höbelt, Kornblume und Kaiseradler, 1993, S. 337; M. Wladika, Hitlers Vätergeneration, 2005, S. 450; L. Höbelt, in: Léta do pole okovaná 1914, ed. J. Láník – Th. Kykal, 2015, S. 52ff.
(M. Wladika)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 365f.
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