Zahn, Joseph (Josef) von (1831–1916), Historiker, Fachschriftsteller und Archivar

Zahn Joseph (Josef) von, Historiker, Fachschriftsteller und Archivar. Geb. Groß-Enzersdorf (NÖ), 22. 10. 1831; gest. Baden-Baden, Dt. Reich (D), 9. 8. 1916; röm.-kath. Sohn des Fleischhauers und Viehhändlers Leonhard Zahn und seiner Frau Josepha Zahn, geb. Mann (Mohn); ab 1876 mit Maria Franziska v. Z., geb. Freiin v. Ardenne (1840–1913), verheiratet. – Nach dem Besuch des Akadem. Gymn. 1842–48 in Wien stud. Z. ab 1850/51 an der rechtswiss. sowie 1855–58 an der phil. Fak. der Univ. Wien und belegte 1857–59 den Kurs am Inst. für österr. Geschichtsforschung. Ab April 1859 ao. Prof. an der Pressburger Rechtsakad., verzichtete er 1861 auf diesen Posten, um der im Zuge der Durchführung des Oktoberdiploms drohenden Magyarisierung zu entgehen. Im März 1861 bewarb Z. sich erfolgreich um die Stelle eines Archivars am Grazer Joanneum, wo er zunächst ein Konzept für die Archivorganisation entwarf. Ab 1863 war er zusätzl. Archivar und Vorsteher des Münz- und Antikenkabinetts. Neben Vorträgen zu den Hilfswiss. der Geschichte widmete er sich einer umfangreichen Publ.tätigkeit. 1866 erfolgte die Habil. für Paläographie und Diplomatik an der Univ. Graz mit der Probevorlesung „Über den Wert der Diplomatik für das Studium der Geschichte“. Z.s Publ. stehen in engem Zusammenhang mit seinen Archivarbeiten. Hervorzuheben sind die drei Bde. des „Urkundenbuchs des Herzogthums Steiermark“ (1875–1903), das „Ortsnamenbuch der Steiermark im Mittelalter“ (1893), die „Steirischen Miscellen. Zur Orts- und Culturgeschichte der Steiermark“ (1899) sowie die zahlreichen von ihm erstellten Archivkat. 1868 kam es auf Antrag Z.s zur Zusammenlegung des Joanneumsarchivs mit den für den laufenden Dienst nicht mehr benötigten Akten des Landständ. Archivs. Dies war die Geburtsstunde des Stmk. LA, dessen Dir. Z. von 1873 bis zu seiner Versetzung i. d. R. 1905 blieb. Durch seine Quellenpubl. war er bahnbrechend in der Landesgeschichtsforschung. 1861–95 engag. er sich im Hist. Ver. für Stmk., 1892–97 war er Mitgl. der Hist. Landeskomm.; in beiden Fällen schied er wegen persönl. Differenzen aus. 1873 wurde er zum k. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien gewählt, 1875 nob.; 1879 Dr. h. c. der Univ. Leipzig, 1885 Reg.Rat, 1906 HR. Sein Nachlass befindet sich im Stmk. LA.

Weitere W. (s. auch Löschnigg; Kernbauer; H. Purkarthofer, in: Mitt. des Stmk. LA 18, 1968): Ueber die Ordnung der Urkunden am Archive des st. 1. Joanneums in Graz, 1867; Kat. der Hss. des Joanneumarchives, 1898; zahlreiche Beitrr. in: Publ. aus dem Stmk. LA, Mitth. des Hist. Ver. für Stmk. – Ed.: Codex diplomaticus Austriaco-Frisingensis, 3 Bde., 1870–71; Stmk. Wappen-Buch von Z. Bartsch 1567 (Neuaufl. 1880, erw. Aufl. 1893); Styriaca. Gedrucktes und Ungedrucktes zur steierm. Geschichte und Culturgeschichte, 3 F., 1894–1905.
L.: Wurzbach; H. Löschnigg, in: Z. des Hist. Ver. für Stmk. 9, 1911, S. 283ff. (m. B. u. W.); F. Posch, in: Mitt. des Stmk. LA 18, 1968, S. 25ff.; P. Wiesflecker, ebd. 52/53, 2004, S. 231ff. (m. B.); W. Höflechner, Das Fach „Geschichte“ an der Phil. resp. Geisteswiss. Fak. der Univ. Graz, 2015, S. 473ff.; A. Kernbauer, Das historiograph. Werk Grazer Historiker, 2015, S. 553ff., 620 (m. B. u. W.); Pfarre Groß-Enzersdorf, NÖ.
(B. Scholz)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 408f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>