Zahradník, Vincenc (Vincentius) (1790–1836), Geistlicher, Theologe und Lehrer

Zahradník Vincenc (Vincentius), Geistlicher, Theologe und Lehrer. Geb. Jung Bunzlau, Böhmen (Mladá Boleslav, CZ), 29. 12. 1790; gest. Kržeschitz, Böhmen (Křešice, CZ), 31. 8. 1836; röm.-kath. Sohn des Tuchmachers Josef Z. und der Maria Anna Z., geb. Michalecová. – Z. besuchte das Piaristengymn., zuerst als Privatist, ab 1803 als regulärer Schüler. 1807 trat er in den Piaristenorden ein und bereitete sich für den Lehrerberuf vor. 1813 verließ er den Orden, empfing die Priesterweihe und setzte seine Stud. an der theol. Lehranstalt in Leitmeritz unter reformkath. gesinnten Lehrern wie Michael Josef Fessl fort. Er wirkte kurz als Kaplan in Wschejan (1815) und Krzinetz (1815–16), ehe er das Amt des Zeremoniärs und Sekr. von Bischof →Josef Franz Hurdalek übernahm. 1819 wechselte er als 2. Sekr. an das bischöfl. Konsistorium. Im Folgejahr ernannte man Z. zum Prof. für Pastoraltheol. am Leitmeritzer Seminar, wenig später folgte jedoch, auf Betreiben →Jakob Frints und in Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den wegen Hochverrats und Häresie angeklagten Seminarrektor Fessl, seine Entlassung sowie vorübergehende Inhaftierung. I. d. F. dennoch erneut mit der Seelsorge betraut, wirkte er zuerst als Pfarrer in Saubernitz (1820–30) und anschließend in Křzeschitz. Z., der dt., latein. und tschech. schrieb, beschäftigte sich in seinem Werk mit Theol., Ästhetik, Pädagogik, Logik, Ethik und Kinderliteratur. Daneben übers. er aus dem Dt. und Latein. ins Tschech. bzw. aus dem Latein. ins Dt. Zu Lebzeiten erschienen nur wenige katechet. und erbauungsliterar. Werke sowie eine Fabelsmlg. („Bájky“, 1832), inspiriert von Gotthold Ephraim Lessing. Für letztere Gattung interessierte er sich auch theoret. Seine prakt. eth.-theol. Ausrichtung, welche die Rolle des Gewissens und des sittl. Gefühls betonte, war von →Bernhard Bolzano geprägt. Er legte sie in mehreren handschriftl. Abhh. (Teilpubl. als „O wnitřnj powaze ctnosti“, in: Časopis pro katolické duchowenstwo, 1836) dar. Seine Thesen suchte er phil.geschichtl. zu begründen („Počátkové umění myslitelství“, 1833–36), die Kommentare zu von ihm geschätzten Autoren (Michel de Montaigne, Christian Garve, Immanuel Kant) wurden 1918 als „Meine Gedanken und Meinungen“ hrsg. Auch in der Logik und Ästhetik sollten nach Z. die Regeln für die Wahrheitssuche lebensprakt. definiert werden. Seine zahlreichen Rezensionen sowie kleinen Prosatexte, die er in Periodika veröff. („Časopis pro katolické duchowenstwo“, „Jahrbuch für Lehrer, Eltern und Erzieher“, „Kwěty“) bezeugen seine Vorstellungen von einem toleranten Christentum und öff. Engagement.

Weitere W. (s. auch LČL): Filosofické spisy 1–5, ed. F. Čáda, 1907–18. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Pražské noviny, 4. 9. 1836; LČL (m. W.); Masaryk; Otto; Rieger; Wurzbach; B. Jablonský, in: Kwěty 3, 1836, S. 288; J. Chmelenský, in: Časopis Českého mus. 10, 1836, S. 372; J. M. Pohořelý, in: Časopis pro katolické duchowenstwo 9, 1836, S. 797f.; I. Jaksch, in: Schullehrer-Kal. ... 1837 für Lehrer, Eltern und Erzieher 4, 1837, S. 91f.; A. Hobl, Život a působení P. V. Z., 1881; A. Rybička, Přední křisitelé národa českého, 1884, S. 279ff. (m. B.); E. Winter, Der Josefinismus und seine Geschichte, 1943, S. 293f.; J. B. Lášek, in: Theologická revue 19, 1986, S. 143ff.; V. Miller, Usta ad Albim Bohemica 1, 2002, S. 33f.; J. Vomáčka, Severočeští bolzanovci, 2003, s. Reg.; V. Miller, in: Konec a začátek v jazyce a literatuře, ed. D. Moldanová, 2003, S. 103ff.; K. Skalický, in: Z plnosti Kristovy, ed. E. Krumpolc u. a., 2007, S. 245ff.; Pfarre Křešice, Pfarre Mladá Boleslav, beide CZ.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 411
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