Zasche, Theo (Theodor); bis 1891 Tschasche (1862–1922), Maler, Zeichner, Graphiker und Karikaturist

Zasche Theo (Theodor), bis 1891 Tschasche, Maler, Zeichner, Graphiker und Karikaturist. Geb. Wien, 17. oder 18. 10. 1862; gest. ebd., 15. 11. 1922 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Malers und Porzellankünstlers Joseph Tschasche (Zasche) (geb. Gablonz, Böhmen / Jablonec nad Nisou, CZ, 6. 12. 1821; gest. Wien, 13. 4. 1881) und von Josepha Tschasche, geb. Niemtschyk; unverheiratet. – Z. erhielt seine erste künstler. Ausbildung in der 1847 gegr. Werkstätte für Porzellan- und Emailmalerei seines Vaters, die er nach dessen Tod weiterführte. 1878–80 besuchte Z. die Vorbereitungsschule Figural/Ornamental/Modellieren bzw. Figurales Zeichnen bei Ludwig Minnigerode, 1879/80 die Fachschule für Malerei bei →Ferdinand Laufberger und 1881/82 die Fachschule für Zeichnen und Malen bei →Julius Victor Berger an der Kunstgewerbeschule in Wien. Bereits ab 1880 zeichnete Z. für die „Wiener Caricaturen“, 1890–1905 für die „Wiener Luft“, 1897–99 für „Das kleine Witzblatt“ und 1898–1901 für das „Neue Wiener Witzblatt“, weiters für die Berliner „Lustigen Blätter“ und die Münchner „Fliegenden Blätter“. Ab 1915 bis zu seinem Tod arbeitete er für die „Oesterreichische Volks-Zeitung“ und ab Ende 1918 auch für die nationalist.-antisemit. eingestellten „Wiener Stimmen“. Während Z., ein intimer Kenner der Aristokratie und gehobenen Wr. Ges., in seinen Vorkriegskarikaturen Politik, Kultur und Lebensstil der Belle Époque iron. visualisierte, kommentierte er ab 1918 in Ereignis- bzw. Porträtkarikaturen und Bildergeschichten die Friedensverhh. Österr. mit der Entente, innenpolit. Ereignisse mit ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung und das Verhältnis zu den ehemaligen Kronländern. Stilist. gesehen changieren seine Karikaturen zwischen dem Illustrationsstil des 19. Jh. und dem linearen Jugendstil des süddt. Raums. Weiters schuf Z. Miniaturen auf Elfenbein und Porzellan („Kaiserin Elisabeth“, um 1900; „Kinderkopf“, 1913), Fayence und Emailarbeiten, Pastelle und Ölgemälde („Ferdinand Manussi von Montesole“, vor 1892; „Ringstraßenkorso“, um 1900; „Walzeridyllen von Johann Strauss“), Bleistift-, Feder- und Pinselzeichnungen („Typen aus dem Würstlprater“) bzw. Aquarelle. Zudem arbeitete er in zahlreichen Feldern der Gebrauchsgraphik. Bereits ab ca. 1893 gestaltete er Bücher; neben Buchumschlägen („Stadtmenschen“, 1903, von →Eduard Pötzl) illustrierte er zahlreiche Publ. mit Wienbezug („Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart“, 1895; „Das neue Narrenschiff“, 1911). Seine exzellenten Beziehungen zum Wr. Kaiserhof belegen allein 58 Illustrationen für das Kapitel „In Wien“ des 1898 von Max Herzig verlegten Prachtbands „Viribus unitis“ anlässl. des 50-jährigen Regierungsjubiläums von K. →Franz Joseph I., in denen Z. Einblick in den Arbeitsalltag und das gesellschaftl. Leben bei Hof gewährte. Während des 1. Weltkriegs reflektierten seine Illustrationen die prekäre Versorgungslage der Bevölkerung (Robert Weil, „O diese Zeiten!“, 1916). Ab ca. 1890 entwarf Z. Plakate für Veranstaltungen („Wiener Regatta“, 1904; „Ball der Stadt Wien“, 1914) sowie Fremdenverkehrs- und Produktwerbung („Apollo Kerzen“, um 1890). Im 1. Weltkrieg gestaltete er Kriegsanleihe-Plakate („Zeichnet 7. Kriegsanleihe. k.k. priv. oesterreichische Laenderbank“, 1917) und Propagandapostkarten. Weiters kreierte Z. mechan. bewegl. Schattenrisse, mit denen er Texte von →Alfred Deutsch-German visualisierte. Diese sog. Wr. Schattenspiele wurden von ihnen u. a. an den Wr. Kleinbühnen „Hölle“ und „Intimes Theater“ 1910–12 aufgef.; auch für das Theater an der Wien und das Carltheater gestaltete Z. Figurinen. Für die Operetten „Miss Hook von Holland“ (1907, Musik Paul Alfred Rubens) und „Ein Tag auf dem Mars“ (Urauff. 1908, Musik →Edmund Eysler) wirkte Z. bei der Ausstattung mit. Bereits 1923 erinnerten die beiden Mappenwerke „Theo Zasche, Lachendes Wien“, und „Theo Zasche, Das neue Wien“ insbes. an seine Karikaturen und verankerten ihn damit im Bildgedächtnis Österr. Die „Österreichische Volks-Zeitung“ gedachte ihres langjährigen Mitarb. mit dem Theo Zasche-Preis. Z. war ab 1892 Mitgl. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus) – sie würdigte sein Schaffen mit einer Th. Z.-Gedächtnis-Ausst. – und von deren Tochterorganisationen sowie des Clubs bildender Künstler Alte Welt. Seine Werke befinden sich in der Albertina, im Wien Mus., im Mus. für angewandte Kunst, im Archiv des Künstlerhauses, in der Wienbibl. im Rathaus, der Österr. Nationalbibl. und der Österr. Galerie Belvedere, alle Wien.

L.: Czeike; Eisenberg 1; Fuchs, 19. Jh.; Fuchs, Bildnisminiatur; Thieme–Becker; Theatergeschichtl. Ausst. der Stadt Wien 1892, ed. K. Glossy, 1892, S. 244, 248; K. Franz Joseph-Ausst., Wien 1935, S. 35ff., 71, 81 (Kat.); R. Schmidt, Das Wr. Künstlerhaus, 1951, S. 117, 227ff.; U. Weinzierl, in: Aufbruch und Untergang. Österr. Kultur zwischen 1918 und 1938, ed. F. Kadrnoska, 1981, S. 327, 331; B. Denscher, Österr. Plakatkunst 1898–1938, 1992, s. Reg.; E. Schober, Österr. Plakate 1900–18, phil. Diss. Wien, 1995, S. 140ff., 198f.; S. Schneeweiß, Th. Z. und die Wr. Karikatur im Jahre 1919, DA Wien, 2001; W. Aichelburg, Das Wr. Künstlerhaus 1861–2001, 1, 2003, s. Reg.; A. Smetana, in: H. Petschar, Der ewige Kaiser. Franz Joseph I. 1830–1916, 2016, S. 110ff.; W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011 (online, Zugriff 12. 11. 2020); Pfarre Landstraße-St. Rochus, Pfarre St. Augustin, Univ. für angewandte Kunst, alle Wien.
(C. Karolyi)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 439f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>