Zeidler, Hieronymus (Jeroným) (Joseph) Frh. von (1790–1870), Abt und Politiker

Zeidler Hieronymus (Jeroným) (Joseph) Frh. von OPraem, Abt und Politiker. Geb. Iglau, Mähren (Jihlava, CZ), 6. 11. 1790 (Taufdatum); gest. Rom, Kirchenstaat (Roma, I), 1. 3. 1870 (begraben: Praha, CZ); röm.-kath. Sohn des Handschuhmachers und Gefängnisaufsehers Antiochus Zeidler und dessen Frau Veronika Zeidler. – Z. absolv. Schulen in seiner Geburtsstadt und trat 1809 in das Prämonstratenserstift Strahov ein; Ordensprofess 1812. Nachdem er an der Univ. Prag Theol. stud. hatte, wurde er 1813 zum Priester geweiht. I. d. F. unterrichtete er 1813–15 in der ordenseigenen Lehranstalt in Strahov. 1815–21 war er – zuerst als Kaplan und später als Kooperator – in Iglau seelsorger. tätig. Danach wirkte er als Archivar im Stift Strahov sowie als Sekr. des Abts, ehe er 1834 selbst zum Abt gewählt und im Frühjahr des Folgejahres infuliert wurde. 1822 erfolgte Z.s Berufung als suppl. Prof. der Dogmatik an die theol. Fak. der Prager Univ.; 1824 o. Prof., 1839–49 Dir. des phil. Stud., 1830 und 1851 Dekan der theol. sowie 1850 und 1852–55 der phil. Fak., 1844, 1846, 1848 und 1856 Rektor. Im Revolutionsjahr 1848 organisierte er die Feierlichkeiten aus Anlass des 500. Jahrestags der Univ.gründung durch Karl IV. 1855 führte Z. eine umfassende Visitation sämtl. Prämonstratenserstifte der österr. Prov. durch, 1859 wurde er Präses und Visitator der Ordenskongregation in der österr. Monarchie. Z. war auf karitativem, wiss. und kulturellem Gebiet äußerst aktiv. Auf seine Initiative hin wurden etwa die Statuen der Hll. Norbert, Wenzel und Sigismund auf der Prager Karlsbrücke aufgestellt. Im Stift Strahov ließ er eine öff. Bildergalerie einrichten, die wichtige Kunstwerke enthielt, darunter das „Rosenkranzfest“ von Albrecht Dürer. Ab 1838 fungierte er als Dir. des Kinderheims in Prag-Hradschin und war daneben Mitgl. einer Reihe von Wohltätigkeitsorganisationen, was einen Grund für seine Beliebtheit bei der Prager Bevölkerung darstellte. Intensiv befasste er sich mit dem sinkenden gesellschaftl. Interesse an Religion und sah eine Ursache dafür im Fehlen eines Religionsunterrichts in den Familien. In seinen Artikeln kritisierte er jedoch auch das Niveau der Katechese an den Schulen und unterstellte vielen Katecheten mangelnden Eifer. Er war zudem bemüht, die Rolle seines Stifts in Wiss. und Bildung zu stärken, was sich nicht zuletzt in der Übernahme des Gymn. in Reichenberg durch die Abtei Strahov äußerte. Z. engag. sich daneben polit. und gehörte als Vertreter des Großgrundbesitzes 1863–66 sowie 1867–70 dem böhm. LT an. 1863–70 saß er im AH des RR (ab Ende 1867 Alterspräs.). Den Höhepunkt seiner kirchl. Karriere stellte seine Wahl zum Gen.abt des Prämonstratenserordens 1869 dar. In dieser Funktion nahm er noch am 1. Vatikan. Konzil teil. Z. fungierte 1867–70 als Präs. des Ver. für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Als leidenschaftl. Numismatiker stand er zeitweilig auch der Prager Numismat. Ges. vor. Anlässl. seines 50-jährigen Priesterjubiläums erhielt er 1863 den Orden der Eisernen Krone II. Kl. und i. d. F. die Frh.würde verliehen.

W.: Wychováni mládeže, zwláštni pramen nenábožnosti nyněgšiho wěku, in: Časopis pro katolické duchowenstwo 7, 1834.
L.: Adlgasser; Wurzbach; J. Toužimský, Na úsvitě nové doby. Dějiny roku 1848 v zemích českých, 1898, S. 222, 292, 309f.; E. Čáňová, Slovník představitelů katolické církevní správy v Čechách v letech 1848–1918, 1995, S. 89f.; L. Jeřábková, Strahovští katecheté 19. století, theol. Diss. Praha, 2013, S. 163ff.; Pfarre Jihlava-Nanebevzetí P. Marie, CZ.
(J. Šebek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 462f.
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