Zeileis, Valentin Michael (1873–1939), Therapeut

Zeileis Valentin Michael, Therapeut. Geb. Wachenroth, Dt. Reich (D), 7. 10. 1873; gest. Gallspach (OÖ), 15. 7. 1939; röm.-kath. Sohn des Kesselschmieds und Musikers Georg Z. und der Barbara Z., geb. Hoffmann, Vater des Radiologen Med.rat Friedrich (Fritz) Z. (geb. Nürnberg, Dt. Reich/D, 15. 9. 1898; gest. 27. 7. 1978), Großvater u. a. des Facharztes für Physikal. Med. und Rehabilitation Obermed.rat Valentin Rana Z. (geb. Gallspach, 25. 6. 1934; gest. 16. 4. 2020); 1898–1903 (Scheidung) verheiratet mit der Pianistin Helene Z., geb. Gundler, ab 1905 mit der Frauenrechtsaktivistin und Vizepräs. des Ver. Wr. Settlement Friederike Z., geb. Mautner v. Markhof (geb. Großjedlersdorf, NÖ, 20. 12. 1872; gest. Gallspach, 7. 5. 1954), der Tochter →Georg Heinrich Mautner v. Markhofs. – Z. übersiedelte mit 18 Jahren nach Nürnberg und erlernte das Handwerk des Metalldruckers sowie des Kessel- und Kupferschmieds in der Metallwarenfabrik Dannehorn. Danach war er bei den Bing-Werken als Metalldrucker tätig und arbeitete später kurze Zeit auch als Versicherungsagent. In Nürnberg kam Z. sowohl mit Physikern als auch mit theosoph. Kreisen in Kontakt. Insbes. beeindruckten ihn die Erfindungen von →Nikola Tesla und Jacques Arsène dʼArsonval, die zu den Pionieren auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik zählten und die Z.ʼ Interesse für Strahlentherapie weckten. Nach seiner Scheidung reiste er als Begleiter eines Gf. u. a. in die Schweiz und nach Algier. Danach zog er nach Wien. Dort wirkte er zunächst als Kunsthandwerker bei den Wr. Werkstätten, u. a. bei →Koloman Moser, und führte Entwürfe von bekannten Künstlern in Metall aus. Darüber hinaus zeigte er großes Interesse für gesundheitl. Probleme seiner Mitmenschen und fühlte sich zum Heiler berufen. So gelang ihm 1906 die Lebensrettung des Brauherrn Hugo Seyrl, woraus sich eine enge Freundschaft entwickelte. Ab diesem Jahr begann Z. in seiner Villa in Wien-Döbling, in der er ein Labor eingerichtet hatte, mit Elektrizität zu experimentieren und i. d. F. Patienten mit Elektrotherapien kostenlos zu behandeln. Ärzte in seinem Bekanntenkreis setzten ebenfalls hochfrequenten Wechselstrom als Therapieform ein, wofür sie Z. als Instrumentenhersteller und Techniker heranzogen. Durch seine 2. Ehe finanziell gut abgesichert und in die gehobene Ges. Wiens integriert, konnte er sich ganz auf seine Tätigkeit als Heilmagnetiseur konzentrieren. Zur Erweiterung seines Kenntnisstands führten ihn damals Reisen auch nach Indien, Ägypten und Persien. 1912 übernahm er von Seyrl Schloss Gallspach, das er i. d. F. renovieren ließ und wo er neu entwickelte Geräte für Hochfrequenztherapien installierte, für seine elektrophysikal. Forschungen ein eigenes Wasserkraftwerk errichtete und Patienten mit v. a. rheumat. Beschwerden behandelte. Zu dem Anwesen gehörten auch ein Bauernhof sowie Ländereien. Z. besuchte daher einige Kurse an der BOKU in Wien, um diese Betriebe effizient zu führen, und pendelte i. d. F. zwischen Wien und Gallspach. Während des 1. Weltkriegs versorgte er viele seiner Wr. Patienten mit seinen landwirtschaftl. Erträgen. 1920 zog er gänzl. nach Gallspach, 1924 wurde sein Sohn Friedrich Juniorpartner. 1929 wurde auf dem Schlossgelände das bis heute im Familienbesitz befindl. Inst. Zeileis errichtet, nachdem Z. in der Mayo-Klinik in Rochester und in anderen amerikan. Einrichtungen Erfahrungen im Betrieb med. Institutionen gesammelt hatte. In den folgenden Jahren nahm die Zahl der in- und ausländ. Patienten stetig zu, die Ordinationsräume mussten sukzessive erweitert und Personal aufgenommen werden; Gallspach avancierte zum Kurort. Z., der als Pionier der elektrophysikal. Therapie gilt, wurde von Schulmedizinern und ärztl. Standesorganisationen heftig kritisiert und als „Kurpfuscher“ bezeichnet. Man warf ihm vor, die Hochfrequenztherapie wissentl. zu missbrauchen und nicht adäquat anzuwenden. U. a. verf. →Julius Wagner-Jauregg ein vernichtendes Gutachten über die von Z. praktizierten Methoden und versuchte zu verhindern, dass Friedrich Z. als Arzt approbiert wurde. Fürsprecher fand Z. allerdings in der oö. Landesregierung. Dennoch wurde Z.ʼ Inst. erst 1950 offiziell als private Krankenanstalt für physikal. Therapie anerkannt. Z. galt als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Da er in seinem Inst. den Hitlergruß verbot, wurde ein Gerichtsprozess gegen ihn vorbereitet, der aufgrund seines Todes nicht mehr stattfand.

L.: Innsbrucker Nachrichten, 2. 9. 1929; Völk. Beobachter (Wr. Ausg.), 18. 7. 1939; Die Presse, 9. 12. 2006; Der Morgen 21, 1930, S. 4; M. Ganzoni, in: Zürcher Illustrierte 6, 1930, S. 314ff. (m. B.); A. Leissner, Die Z.-Therapie, 1930; A. Stieger, Z., 1946 (m. B.); H. Barthel – A. v. Manner, Z. Vom Wirken zweier Männer in Gallspach, 6. Aufl. 1970 (m. B.); W. Sperner, in: Oberösterreicher 2, 1982, S. 134ff. (m. B.); D. Körner, in: Die Wunderheiler der Weimarer Republik (1918–33), 2012, S. 41ff. (m. B.); J. Achleitner, „Wunderheiler“ Z.: NS-Justiz wollte Prozess gegen den Kritiker (online, m. B., Zugriff 28. 5. 2020); zeileis.at (Zugriff 28. 5. 2020); Tagbl.archiv, Wien; Stadtarchiv, Nürnberg, D.
(G. Vavra)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 466f.
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