Zeiller (Zeiler), Franz Anton Felix Edler von (1751–1828), Jurist

Zeiller (Zeiler) Franz Anton Felix Edler von, Jurist. Geb. Graz (Stmk.), 14. 1. 1751 (Taufdatum); gest. Hietzing, NÖ (Wien), 23. 8. 1828; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Philipp Zeiller (gest. Graz, 19. 8. 1764) und dessen Frau Maria Barbara Zeiller, geb. Fillenbaum, Großvater →Anton v. Schmerlings und →Joseph v. Schmerlings, Schwiegervater des Appellationsgerichtsrats Josef v. Schmerling (1777–1828). – Z. stud. Jus in Graz (1768–71) und Wien (ab 1771); 1778 Dr. iur. ebd. (Diss. „De suspectis tutoribus“). Während des Stud. in Wien Hauslehrer bei Karl Anton Martini, dem Ordinarius für Naturrecht und Institutionen des Röm. Rechts an der Univ. Wien, wurde er 1782 dessen Nachfolger als Ordinarius (inklusive Strafrecht). Zuvor hatte er bereits ab 1774 als Supplent an der jurid. Fak. gewirkt (1778 Extraordinarius). Z. erteilte den jüngeren Brüdern K. →Franz II. (I.) (u. a. Erzhg. →Joseph Anton Johann und Erzhg. →Johann) Rechtsunterricht. Sein Lehrbuch zur Institutionen-Vorlesung nach Johann Gottlieb Heinecciusʼ „Elementa juris civilis ...“ („Praelectiones academicae ...“, 1781) wurde nach Lehrplanänderungen obsolet, sein Lehrbuch zur Naturrechts-Vorlesung („Das natürliche Privat-Recht“, 1802) lag erst am Ende von Z.s Lehramt vor, in überarb. Neuaufl. blieb es bis 1848 in Gebrauch. Im Privatrecht war Z. geprägt von Immanuel Kant. 1794 bahnte sich mit der Übernahme in die Justiz (Referent, 1795 Rat) am nö. Appellationsgericht bzw. an der Obersten Justizstelle (1802 HR) die Aufnahme in die Hofkomm. für Gesetzgebungssachen an, in deren Diensten Z. von 1797 an bis zu seinem Lebensende stand: Er war in nahezu alle Gesetzgebungsprojekte seiner Zeit eingebunden, bleibende Bedeutung erlangte er als Referent der Revision des Strafgesetzes, die zum Erlass des Allg. Gesetzbuchs 1803 führte. Zugleich war er Referent für die Schlussred. des Allg. Bürgerl. Gesetzbuchs (ABGB), das 1811 kundgemacht wurde. Beide Kodifikationen bildeten die Grundpfeiler des österr. Justizrechts: Das ABGB steht – vielfach novelliert – in Österr. z. Tl. noch heute in Anwendung; die Grundlagen des Allg. Strafgesetzes blieben bis zum Strafgesetzbuch von 1975 in Wirksamkeit. Neben der Gesetzgebungsarbeit oblag Z. (seit 1803) als Dir. (Präses) die Leitung der Juristenfak. Wien; 1803 und 1807 Rektor der Univ. Er gehörte überdies u. a. (seit 1799) der Stud.hofkomm. an, wo er für das jurist. Stud. verantwortl. war; die von ihm 1810 geschaffene Stud.ordnung war bis 1848 wirksam. Obwohl seine Tätigkeit als Richter durch andere Arbeiten reduziert war, lieferte Z. auch Beitrr. zu prakt. Fragen des Justizrechts: in seinem eigenen „Jährlichen Beytrag zur Gesetzkunde und Rechtswissenschaft in den Oesterreichischen Erbstaaten“ (1806–09; 1810/11 Neuaufl. mit anderem Titel), später in den „Materialien für Gesetzkunde und Rechtspflege, in den Oesterreichischen Staaten“ (1815–24) von →Karl Josef Pratobevera Frh. v. Wiesborn sowie in Vincenz August Wagners „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde“. Wiederholt befasste er sich mit Gesetzgebungstheorie und -praxis, seine legist. Hauptwerke verteidigte er mehrfach gegen ausländ. Kritik. Bes. Bedeutung kommt seinen Kommentierungen des ABGB zu; neben einem Probekommentar zur Einleitung (1809) sowie Abhh. über die Prinzipien (1816–20) und einer populären Erläuterung in den „Vaterländischen Blättern“ (1811) legte Z. 1811–13 seinen „Haupt-Kommentar“ („Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie“, 3 Bde.) vor, der in Österr. bis heute als Auslegungshilfe dient. Z.s Œuvre strahlte weit über seine Zeit und die österr. Rechtskultur aus. 1815 körperl. und geistig erschöpft, hegte er Selbstmordgedanken. Daraufhin wurde er 1816 in allen Funktionen i. d. R. versetzt, ausgenommen die Arbeit an der Gesetzgebung: 1817 erhielt Z. den Auftrag, eine Revision des Allg. Strafgesetzes vorzubereiten; seine Entwürfe (1823 und 1825) wurden aber vor seinem Tod nicht mehr verhandelt. Z., der ab 1782 Mitgl. der Loge Zur wahren Eintracht war, wurde u. a. 1779 in die Accad. Roveretana degli Agiati aufgenommen, 1797 in den Adelsstand erhoben und erhielt 1810 das Kleinkreuz des ung. St. Stephan-Ordens.

Weitere W.: s. M. v. Stubenrauch, Bibl. juridica austriaca, 1847, S. 364ff.
L.: Wurzbach; W. Wagner, Das Staatsrecht des Hl. Röm. Reiches dt. Nation …, 1968, S. 7ff.; G. Oberkofler, in: Juristen in Österr. 1200–1980, ed. W. Brauneder, 1987, S. 97ff. (m. B.); Symposium F. v. Z., ed. J. Desput – G. Kocher, 2003, S. 9ff.; Ch. Neschwara, in: Tagungsber. des 26. Österr. Historikertages … 2012, 2015, S. 272ff.; Pfarre Maria Hietzing, Wien; Pfarre Graz-Hl. Blut, Stmk.
(Ch. Neschwara)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 467f.
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