Zeman, Antonín; Ps. Antal Stašek, Tomeš Bochů (1843–1931), Schriftsteller, Politiker und Jurist

Zeman Antonín, Ps. Antal Stašek, Tomeš Bochů, Schriftsteller, Politiker und Jurist. Geb. Stanow, Böhmen (Zlatá Olešnice, CZ), 22. 7. 1843; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 9. 10. 1931. Sohn des Bauern Antonín Z. (1820–1912), der biograph. Aufzeichnungen über das Dorfleben machte („Stanovské kořeny“, bearb. Jarmila Vísková, 1984), und von Josefa Z., geb. Šolová, Neffe des Schriftstellers František Antonín Z. (geb. Kalischt, Böhmen / Kaliště, CZ, 4. 5. 1838; gest. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 24. 6. 1916), Vater des Schriftstellers und Journalisten Kamil Z. (geb. Semil, Böhmen/CZ, 6. 1. 1882; gest. Praha, 30. 12. 1952), der unter dem Ps. Ivan Olbracht publ. und mit der Schriftstellerin Helena Malířová, geb. Nasková (geb. Prag, 31. 10. 1877; gest. ebd., 17. 2. 1940), verheiratet war. – Z. besuchte 1853–59 das Untergymn. in Jitschin und zog dann nach Krakau, wo er bei seinem Onkel wohnte und 1861 das Obergymn. absolv. Danach stud. Z. Rechtswiss. in Prag, unterrichtete daneben an einer privaten Erziehungsanstalt für Frauen und veröff. seine ersten publizist. und literar. Werke in den Z. „Národní listy“ und „Pozor“. Das letzte Stud.jahr verbrachte er in Krakau, wo er 1866 prom. Nach seiner Rückkehr nach Böhmen arbeitete Z. 1866–69 als Konz. in Kolin sowie 1869–73 in Prag und engag. sich gesellschaftl. (z. B. im Ver. Umělecká beseda) sowie in der Politik als Anhänger der tschech. nationalen Bewegung sowie ihres polonophilen Flügels, pflegte Kontakte zu →Jan Neruda und →Svatopluk Čech, aber auch zu Gustav Eim oder →Thomas (Garrigue) Masaryk. 1874–75 wirkte Z. als Privaterzieher in der Nähe von St. Petersburg. Enttäuscht von den dortigen Verhältnissen, kehrte er zurück und war 1876–77 wieder Advokaturskonzipient in Raudnitz an der Elbe, bis er 1879 sein eigenes Anwaltsbüro in Semil gründete. Er setzte sich in mehreren Schutzver. (z. B. Národní jednota severočeská) für die tschech. Minderheit ein und trat als Verteidiger der tschech. Arbeiterschaft auf. 1889 wurde er als Kandidat der alttschech. Partei in den böhm. LT gewählt. Eher linksbürgerl. eingestellt, wechselte Z. zum Jungtschech. Klub, trat 1895 jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten zurück. Nach mehreren finanziellen Verlusten und persönl. Enttäuschungen zog er 1912 nach Krč, wo er bis zu seinem Tod bei seinem Sohn und seiner Schwiegertochter wohnte. 1917 unterschrieb Z. das Manifest der tschech. Schriftsteller, das an die böhm. Abg. im RR in Wien mit dem Ziel der Unabhängigkeit der böhm. Länder gerichtet war. Nach der Gründung der Tschechoslowakei wurde Z. für die Tschechoslowak. Nationaldemokrat. Partei zum Mitgl. des neuen Parlaments (1919–20) gewählt. Seine langjährige schriftsteller. Tätigkeit umfasst heroisch stilisierte Lyrik und ep. Dichtungen im Stil der Spätromantik („Básně“, 1876; „Václav“, 1872; „Záboj“, 1937) mit nationaler Thematik sowie ländl. Romane und Erz. über die Gebirgsbewohner („Blouznivci našich hor“, 2 Bde., 1895–96). Weiters schrieb er sozialkrit. Romane („V temných vírech“, 1900; „Na rozhraní“, 1908) bzw. Erz. („Otřelá kolečka“, 1912) mit sozialen und nationalen Themen, angesiedelt im böhm. Grenzland im Zeitraum vom 19. Jh. bis zum 1. Weltkrieg und oft verknüpft mit einer Liebesgeschichte („Když válka a hlad zuřily“, 1924). Seine Sympathie für die kommunist. Bewegung spiegelt sich im Werk „O ševci Matoušovi a jeho přátelích“ (1937; Erstveröff. der Erz. „Švec Matouš“, 1876; dt. „Schuster Matusch und seine Freunde“, 1952), in dem sich der anarchist. Romanheld zu einem überzeugten sozialen Visionär wandelt. Z.s Erinnerungen („Vzpomínky“, 1925) gehören wegen ihrer Erzählkunst und ihrer reichen (wenn auch nicht immer zuverlässigen) Faktographie zu den besten Werken der tschech. Memoirenliteratur. Z., der seine schriftsteller. Arbeiten ab Mitte der 1860er-Jahre unter seinem Ps. Antal Stašek veröff., war ab 1901 k. M., ab 1917 ao. Mitgl. der Böhm. K. Franz Joseph-Akad. der Wiss., Literatur und Kunst sowie ab 1923 o. Mitgl. der Česká akad. věd a umění.

Weitere W. (s. auch LČL; Hýsek, 1933): Spisy A. S., 7 Bde., 1920–24; A. S. Sebrané spisy, 18 Bde., 1925–28; Vybrané spisy A. S., 10 Bde., ed. J. Čermák u. a., 1955–64. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Lidové noviny, 9., České slovo, Národní osvobození, Prager Presse, Prager Tagbl., Právo lidu, Venkov, 10. 10. 1931; Semilské noviny, 28. 2., 31. 3. 2009; LČL (m. W.); Otto; Otto, Erg.Bd.; Rieger; Wurzbach; J. Hora, in: Literární noviny 5, 1930/31, Nr. 17, S. 1; M. Novotný, in: Literární rozhledy 15, 1930/31, S. 353; Slav. Rundschau 3, 1931, S. 703f.; M. Majerová u. a., in: Čin 3, 1931–32, S. 160, 171f., 177f.; B. Václavek, in: Levá fronta 3, 1931–32, S. 56; A. Novák, in: Die Literatur 34, 1931–32, S. 179; M. Hýsek, in: Lumír 58, 1931–32, S. 68f.; M. Hýsek, A. Stašek, 1933 (m. B. u. W.); M. Hýsek, in: A. Stašek, 1937, S. 209ff.; K. Polák, O A. Staškovi, 1951 (m. B.); J. Pelikán, Sborník prací filosofické fak. brněnské univ. R. D, 1964, Nr. 11, S. 32ff.; Z rodinné korespondence I. Olbrachta, ed. R. Havel, 1966, s. Reg.; F. Cuřín, in: Naše řeč 55, 1972, S. 159ff.; J. Śliziński, in: Slavia 42, 1973, S. 188ff.; J. Janáčková, in: A. Stašek, Povídky z hor, 1981, S. 189ff.; E. Macek, in: Česká literatura 29, 1981, S. 41ff.; E. Macek, in: A. Stašek, Spoutaní, 1981, S. 191ff.; J. Víšková, in: A. Z., Stanovské kořeny, ed. J. Víšková, 1984, S. 105ff. (m. B.); M. Honzíková, in: Bulletin ruského jazyka a literatury 32, 1993, S. 137ff.; A. Haman, Kontexty a konfrontace, 2010, S. 109f.; F. Jirásko, Z Českého ráje a Podkrkonoší 24, 2011, S. 219ff.; Český a německý sedlák v zrcadle krásné literatury 1848–1948, ed. E. Kubů – J. Šouša, 2014, s. Reg.
(V. Petrbok)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 480f.
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