Zettl, Ludwig Ritter von (1821–1891), Architekt

Zettl Ludwig Ritter von, Architekt. Geb. Zboži, Böhmen (CZ), 5. 5. 1821; gest. Wien, 14. 4. 1891; röm.-kath. Sohn des Beamten und späteren Kreisgerichtsdir. Johann Zettl sowie der Anna Zettl, geb. Sarasin; ab 1857 verheiratet mit Madelaine v. Z., geb. Bilka. – Z. besuchte die polytechn. Inst. in Prag (1843) sowie in Wien (1843–44) und wurde 1844 Praktikant im k. k. Hofbaurat, 1844–47 stud. er an der Wr. ABK. 1847 trat Z. ins Staatsbaudep. ein, wo er für die Planung und Errichtung von „Humanitätsanstalten“ (Kranken- und Irrenhäuser, Strafanstalten) verantwortl. war; 1853 Ing.-Ass. im Min. für Handel, Gewerbe und öff. Bauten, 1857 Ing. II. Kl., 1859 Ing. I. Kl., 1865 Baurat. In seiner Dienstzeit erarbeitete er für den Bau der Rudolfstiftung (1864, Wien 3, 1968 abgerissen) mit →Carl Frh. v. Rokitansky das Wettbewerbs-Programm und gestaltete i. d. F. das preisgekrönte Projekt von →Josef Horky um. Ab 1858 war Z. techn. Vertreter des Staatsbaudep. in der Stadterweiterungs-Comm. und spielte in dieser Funktion eine maßgebl. Rolle bei der Umgestaltung Wiens. So leitete Z. die nötigen Vermessungsarbeiten und nahm auf Anregung von →Alexander Frh. v. Bach selbst am Wettbewerb teil. Dabei legte er den Schwerpunkt auf Verkehrsplanung (die Idee zur Anlage einer zum Hauptboulevard parallel verlaufenden Lastenstraße stammt im Wesentlichen von ihm) und Wohnbau (er wurde i. d. F. techn. Berater bei der Parzellierung der Ringstraßenzone). Nach Abschluss des Wettbewerbs fertigte Z. unter der Oberleitung von →Moritz v. Loehr den Ministerialplan an. 1861 wurde er mit dem Entwurf des prov. Abg.hauses des RR am Schottentor (vulgo „Schmerling-Theater“, nach 1884 demoliert) beauftragt. Als vielseitiger Architekt beschäftigte er sich auch mit privaten Bauaufträgen und errichtete etl. Wohn- und Zinshäuser in Wien. Z. passte sich der typ. Stilentwicklung der Zeit an: Den romant.-frühhistorist. Stilformen (Christinenhof, Schubertring 9, 1862) folgten jene der Wr. Neo-Renaissance (Palais Leitenberger, Parkring 16, 1871–75). Z. war seit der Gründung 1849 Mitgl. des Österr. Ing.-Ver. (ab 1864 Österr. Ing.- und Architekten-Ver.) und ab 1863 Mitgl. bzw. Gründer der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus). Oberbaurat Z. erhielt 1864 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1874 das Off.kreuz des kgl. niederländ. Ordens der Eichenkrone und das Ritterkreuz der Légion d’honneur sowie 1882 den Orden der Eisernen Krone III. Kl.; 1882 erfolgte die Erhebung in den Ritterstand.

Weitere W. (s. auch Architektenlex.): Krankenanstalt, 1860 (Bratislava); Landesirrenanstalt, 1860 (Sibiu); Zinshäuser, 1865 (Pillersdorfgasse, Wien 2); Wohn- und Geschäftshaus Mandl, 1870 (Wien 1); Palais Wehli, 1871 (Wien 1); Neuer Schottenhof, 1874 (Wien 1), Wohnhaus Biro, 1875 (Wien 3).
L.: NFP, 15. 4. 1891; Die Wr. Ringstraße 2, 3, 4, 7, 11; Eisenberg 1; Thieme–Becker; Wurzbach; R. Wagner-Rieger, Wiens Architektur im 19. Jh., 1970, s. Reg.; R. Wagner-Rieger, in: Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Geschichte der Architektur in Wien, 1973, s. Reg.; Die Profanbauten des III., IV. und V. Bez., bearb. G. Hajós – E. Vancsa (= Österr. Kunsttopographie 44), 1980, S. 26f.; H. R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wr. Ringstraße, 2015, s. Reg.; Architektenlex. Wien 1770–1945 (online, m. B. u. W., Zugriff 20. 11. 2020); Wien Geschichte Wiki (m. B., Zugriff 20. 11. 2020); ABK, AVA, Pfarre St. Karl Borromäus, TU, alle Wien.
(D. Caltana)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 496f.
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