Zeymer, Friedrich (Fritz) (1886–1940), Architekt und Designer

Zeymer Friedrich (Fritz), Architekt und Designer. Geb. Wien, 7. 12. 1886; gest. ebd., 3. 4. 1940; röm.-kath., ab 1913 evang. AB. Sohn des aus Sachsen eingewanderten Tischlermeisters Johann Friedrich Z. und von Barbara Z., der Tochter des Kunsttischlers Michael Niedermoser, Vater von Ing. Friedrich Z. (geb. 1924); ab 1918 verheiratet mit Maria Z., geb. Strobl (1895–1976). – Nach Besuch der Realschule in Wien inskribierte Z. 1902 an der Kunstgewerbeschule. Er belegte die Vorbereitungskl. bei →Alfred Roller und 1903–04 figurales Zeichnen bei Carl Otto Czeschka, 1904–08 besuchte er die Architekturfachkl. bei Josef Hoffmann, daneben den Hilfskurs im Modellieren bei Franz Metzner und für Schrift bei →Rudolf v. Larisch. Bereits während seines Stud. gingen seine Entwürfe für Möbel, Stoffe und Interieurs in Produktion oder wurden in Z. veröff. Wie viele von Hoffmanns Schülern plante er Interieurs und Geschäftslokale, auch für die Wr. Werkstätte (WW). Daneben entwarf er Kostüme, Postkarten, Plakate und lieferte für das erste Programmheft des von der WW eingerichteten Cabaret Fledermaus einen Entwurf. In dieser Zeit arbeitete Z. noch stark an Hoffmann und den Stil der WW angelehnt mit schlanker Linie und geometr. Formgebung. Früh beteiligte er sich an Ausst. (Die Jungen, Essen 1906; II. Kaiserjubiläums-Ausst., Kunstschau, Internationale Baukunstausst. im Gebäude der Secession, alle Wien, 1908). Im Österr. Mus. für Kunst und Ind. war Z. 1910 an der Frühjahrsausst. beteiligt. Im selben Jahr wurde er Mitgl. des Dt. Werkbunds (ab 1913 Mitgl. beim Österr. Werkbund) und machte sich als Architekt (v. a. von Einfamilienhäusern am Stadtrand und auf dem Land) sowie als Möbeldesigner in Wien selbstständig. So plante Z. 1911 die Mietvilla Schramm in Wien 13, die bereits seinen charakterist. Stil erkennen ließ: den Einfluss des Heimatstils im kompakten Baukörper, mit Erkern und Risaliten gegliedert, einem Walmdach und Fensterläden betont rustikal. Seine Planungen waren gekennzeichnet von durchdachter Raumgestaltung, Wohnlichkeit und dem harmon. in der Landschaft Stehenden, wie die Villa Geyer in der Türkenschanzstraße 24 (1913, Wien 18) oder sein Landhaus in Sievering (um 1930, Wien 19). Die Liebe zur Natur ließ Z. einige Gartenanlagen gestalten (1924 Umbau Schloss Gneisenau im Mühlviertel, 1925 Zubau zur Erzhg.-Johann-Hütte auf der Adlersruhe am Großglockner, 1926 Umbau des Alpengasthofs Gerlosplatte, um 1930 Geflügelfarm und Villa in der Hinterbrühl). 1914–18 leistete er Kriegsdienst, wobei er eine schwere Beinverletzung erlitt und i. d. F. eine Prothese trug, was ihn aber vom Bergsteigen und Schifahren nicht abhielt. 1918 erhielt Z. die Konzession als Tischlermeister und beteiligte sich an zahlreichen Innenausstattungen und Ausst. (Einfacher Hausrat, Österr. Mus. für Kunst und Ind., 1916; Dt. Kunst, Düsseldorf, 1918; Internationale Kunstgewerbeausst., Paris, 1925). Bei seinen Geschäftseinrichtungen zeigte sich seine prakt. Veranlagung durch Verwendung innovativer Materialien mit Effekten wie z. B. reflektierenden Glaswänden, modernen Leuchtkörpern und zweckmäßigen Pult- und Kassenkonstruktionen (Fleischerei Zirl, um 1930, Wien). Ab 1920 Mitgl. der Wr. Secession, 1926 deren Vizepräs., übernahm er die Raumgestaltung zahlreicher Ausst. der Vereinigung (bis 1937) sowie die Planung von deren legendären Faschingsfesten (1937–39). Als Mitgl. der NSDAP wurde Z. 1938 kommissar. Leiter der Z. „Kunst dem Volk“ und übernahm die Leitung der Sektion Baukunst beim Landeskulturwalter des Gaus Wien. Er organisierte Propagandaausst. (Umbruch und Aufbau der Ostmark, 1939) und wurde neben →Karl Strobl Vertrauensperson in künstler. Fragen des Leibphotographen →Adolf Hitlers in München, Heinrich Hoffmann. Durch seine guten polit. Verbindungen erhielt er repräsentative Bauaufträge (1936 Speisesaal und Empfangsräume im Hotel Regina in Wien 9; 1939 Inneneinrichtung des Standesamts am Schottenring) und wurde gem. mit dem Architekten Leo Kammel mit dem Umbau des Raimundtheaters beauftragt. Z. war ab 1925 Mitgl. der Zentralvereinigung der Architekten Österr., ab 1939 der Genossenschaft der bildenden (später: Ges. bildender) Künstler Wiens (Künstlerhaus) und Mitgl. des Klubs der Industriellen für Wohnungseinrichtung in Wien.

Weitere W.: s. Architektenlex.
L.: Jb. der Wr. Ges.; Thieme–Becker; Vollmer; A. Roessler, in: Oesterreichs Bau- und Werkkunst 3, 1926/27, S. 148ff.; O. Friedmann, Prominenten Almanach, 1930, S. 300; E. Hoffmann, in: Österreichische Kunst 3, 1932, H. 10, S. 22ff.; Westermanns Monatshe., 1937/38, H. 163, S. 99f.; Die Kunst 41, 1940, Bd. 82, S. 10 (Beibl.); Kunst dem Volk 11, 1940, F. 5, S. 48; H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005; Architektenlex. Wien 1770–1945 (online, m. W., Zugriff 2. 9. 2021); Pfarre St. Florian (Matzleinsdorf), Wien.
(K. Pokorny-Nagel)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 499f.
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