Zíbrt Čeněk (Vincenc Jan), Ps. Emil Horský, Emil Wagner, Marie Soulková, Max Hroch etc., Historiker, Volkskundler und Bibliothekar. Geb. Kosteletz, Böhmen (Kostelec nad Vltavou, CZ), 12. 10. 1864; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 14. 2. 1932; röm.-kath. Sohn des langjährigen Gmd.vorstehers, Fleischhauers und Gastwirts Josef Z. und seiner Frau Anna Z., geb. Hroch; ab 1931 mit Johanna, geb. Brožíková, verheiratet. – Nach dem frühen Tod seiner Eltern wurde Z. von Verwandten erzogen. 1876–84 besuchte er das Gymn. in Pisek, 1884–88 stud. er an der tschech. Univ. in Prag (klass. Philol., tschech. Sprache und Literatur, Geschichte, Ästhetik und Phil.) bei →Jaroslav Goll, →Jan Gebauer, →Wácslaw Wladiwoj Tomek, →Thomas (Garrigue) Masaryk sowie →Otakar Hostinský. Nach der Verteidigung seiner Diss. („Hry u starých Čechů“, 1888) unternahm er eine Stud.reise nach München, Berlin, Warschau und St. Petersburg. 1892 erfolgte seine Habil., 1901 wurde er ao. Prof. der Kulturgeschichte an der Prager tschech. Univ. Ab 1892 wirkte Z. außerdem in der Bibl. des Mus. des Kg.reichs Böhmen, anfangs ehrenamtl., 1894–1903 als Kustos, 1903–27 als Verwalter, schließl. als Oberdir. 1905–13 red. er die Mus.-Z. Auf Anregung von →Václav Tille begann er 1891 mit der Hrsg. der volkskundl. Z. „Český lid“ (aus finanziellen Gründen 1914–24 eingestellt), deren Profil er bis zu seinem Lebensende bestimmte und für die er zahlreiche Mitarb. aus den böhm. Ländern gewann. Sein eigenes umfangreiches Werk umfasst meist unvollständig gebliebene bibliograph. Projekte („Bibliografie českých písní“, 1895; „Bibliografie české historie“, 5 Bde., 1900–12), zahlreiche Beitrr. zur Alltagsgeschichte („Česká kuchyně za dob nedostatku …“, 1917; „Staročeská tělověda a zdravověda“, 1924), zur Kulturgeschichte („Veselé chvíle v životě lidu českého“, 8 Bde., 1909–11, Neuaufl. 1950, 2006), zur Geschichte des Buchdrucks („Z dějin českého knihtiskařství“, 1913, Neuausg. als „Dějiny českého knihtisku“, ed. Antonín Dolenský, 1934, 3. Aufl. 1939) sowie zu Religiosität und Aberglauben („Staročeské výroční obyčeje, pověry, slavnosti a zábavy prostonárodní …“, 1889; „Seznam pověr a zvyklostí pohanských z VIII. věku“, 1894, Neuaufl. 1995). Daneben ed. er aus den Smlgg. des Landesmus. alttschech. Literatur und Briefwechsel tschech. Schriftsteller des 19. Jh. Die zeitgenöss. Kritik beanstandete den Mangel an Methodik und Zielsetzung in seiner ausgedehnten Arbeit sowie den manchmal umstrittenen Charakter seiner Auslegungen. Z.s materialreiche Stud. sowie seine Pionierrolle in der tschech. Volkskde. wurden dementsprechend erst Ende des 20. Jh. gewürdigt. Am Rande seines Schaffens stehen u. a. belletrist. Versuche aus der Stud.zeit. Er war Mitgl. zahlreicher böhm. und ausländ. hist., kulturhist. und volkskundl. Ver. und wurde 1897 zum ao. Mitgl. der Kgl. böhm. Ges. der Wiss. ernannt.