Zichy zu Zich und Vásonykeő, Károly (Karl) d. Ä. Gf. (1753–1826), Beamter und Politiker

Zichy zu Zich und Vásonykeő Károly (Karl) d. Ä. Gf., Beamter und Politiker. Geb. Pressburg, Ungarn (Bratislava, SK), 4. 3. 1753; gest. Wien, 28. 9. 1826 (begraben: Kaštieľ v Rusovciach, SK); röm.-kath. Sohn des Kämmerers István Gf. Z. z. Z. u. V. (1715–1769) und der Marie Cäcilie Gfn. Z. z. Z. u. V., geb. Gfn. Stubenberg (1725–1763), Vater von Károly Gf. Z. z. Z. u. V. d. J. (s. u.); ab 1776 verheiratet mit der Sternkreuzordensdame (Anna) Antonia Maria Gfn. Z. z. Z. u. V., geb. Gfn. Khevenhüller-Metsch (geb. 1759; gest. Wien, 18. 1. 1809). – Z. erhielt seine Ausbildung ab 1759 am Wr. Theresianum. Hier tat er sich u. a. mit dt. Übers. französ. und latein. jesuit. Geschichtswerke hervor und verteidigte beim Abschluss seiner Stud. 1771 öff. seine staatswiss. Thesen über den Nutzen der Polizei sowie der allg. Schulbildung und der Überwindung der Robotwirtschaft. Im selben Jahr begann er seine Beamtenlaufbahn an der allg. Hofkammer in Wien, wo er 1775 zum Hofkomm.rat der illyr. Hofdeputation und 1777 zum w. HR vorrückte. Unter K. Joseph II. wurde sein Aufstieg in der Verwaltung Ungarns gefördert, sodass man ihn 1782 in der Ung. Hofkanzlei als Finanzexperten mit der Aufsicht über die Kameralangelegenheiten beauftragte. Gleichzeitig erfolgte seine Ernennung zum Administrator des Kom. Békés. Im Folgejahr erhielt er den bis dahin von röm.-kath. Bischöfen bekleideten Posten des Raaber Obergespans, den er – die Periode des josephin. Distriktualsystems 1785–90 ausgenommen – bis zu seinem Tod innehatte. 1786 wurde Z. als Schatzmeister (Thesaurarius) und 1. Vizepräs. des Statthaltereirats an die Spitze der Landesfinanzen gestellt, 1788 zum Obersten Landesrichter (Judex Curiae) bestellt. Mit der damals höchsten ständ. Amtswürde Ungarns war infolge des vakanten Palatinalamts auch der Präs.posten im Statthaltereirat und die Leitung der polit. Verwaltung des Landes verknüpft. Nach dem Tod Josephs II. verhandelte Z. auf dem Krönungs-RT 1790 zwischen den mehr Befugnisse einfordernden Ständen und Leopold II. einen Kompromiss aus. Dieser verankerte die konstitutionelle Sonderstellung Ungarns sowie die aufgeklärten monarch. Reformpatente und festigte durch die Wahl von Erzhg. Alexander Leopold zum Palatin zugleich die Position des Herrscherhauses im Land. In ähnl. Weise beeinflusste Z. 1792 die Red. des Krönungsdiploms →Franzʼ II. (I.). Als Anhänger der gesetzl. Weiterführung der josephin. Reformen präsidierte er die 1791 gebildete Landes-Justizkomm., die u. a. im Entwurf des ung. Strafgesetzbuchs vernunftrechtl. Prinzipien folgte. Infolge der Jakobinerverschwörung wurde auch Z. 1795 aus dem Staatsdienst entlassen und i. d. R. versetzt. Seine Reaktivierung fand 1802 im Zuge der Neuordnung der österr. Zentralverwaltung statt, in deren Verlauf er zum Präs. der Hofkammer berufen wurde. Die Papiergeldfinanzierung der Koalitionskriege führte zu hoher Inflation und Staatsverschuldung. Z. war ein überzeugter Gegner der Abwertung und beabsichtigte, mit weiteren Kreditoperationen, Bancozettelemissionen und zusätzl. Steuereinnahmen die nötige Konsolidierung zu erreichen. Im August 1808 wurde er der Leitung der Hofkammer enthoben, doch durch die gleichzeitige Ernennung zum Staats- und Konferenzminister blieb seine Mitgl.schaft im höchsten Beratungsgremium der Monarchie nicht nur aufrecht, sondern eine ad hoc gebildete „enge Konferenz“ hatte unter seinem Vorsitz bis August 1814 die durch die Kriegsverhältnisse erforderl. Maßnahmen zu beraten. Als Vertrauter des K. bekleidete er 1809 den Posten des Kriegs- sowie 1813–14 jenen des Innenministers. 1814–24 leitete er die Finanzsektion im Staatsrat. Z. wurde 1773 zum Kämmerer und 1786 zum Geh. Rat ernannt. Er erhielt 1792 das Großkreuz des St. Stephan-Ordens und 1808 den Orden vom Goldenen Vlies. Sein Sohn Károly (Karl) Gf. Z. z. Z. u. V. d. J. (geb. Wien, 20. 6. 1778; gest. Ofen / Budapest, H, 15. 12. 1834) wirkte ebenfalls als Staatsbeamter im Finanzressort. Er war ab 1800 mit Franziska Gfn. Esterházy v. Galántha u. Fraknó (1784–1804), ab 1806 mit Júlianna Gfn. Festetich v. Tolna (1790–1816) sowie ab 1819 mit Crescentia Gfn. v. Seilern u. Aspang (1799–1875) verheiratet. Nach den an der Univ. Pest absolv. phil. Stud. begann Károly Z. 1799 seine Laufbahn bei der Ung. Kammer in Ofen; 1801 Kämmerer. Mit der Ernennung seines Vaters zum Hofkammerpräs. wechselte er 1802 als Hofsekr. an die Wr. Zentralfinanzbehörde. 1806 zum HR befördert, übernahm er im Folgejahr den Posten eines Kanzleidir. der Min.bankohofdeputation. Im August 1813 zum Geh. Rat ernannt, wurde Károly Z. i. d. F. als Kriegskoär. zu der in Böhmen aufgestellten Armee entsandt. Der 1816–24 bestehenden Kommerzhofkomm., die für die gesamte Monarchie den Außenhandel und die Verkehrsinfrastruktur koordinierte, gehörte Károly Z. als ständiges Mitgl. an. 1813 wurde er Administrator und 1817 Obergespan des Kom. Pozsega, 1822 Obergespan des Wieselburger Kom. Nach seiner Berufung zum Präs. der Ung. Kammer 1825 leitete er bis zu seinem Tod die Landesfinanzen.

W.: Az Ország Bírájának Gróf Z. K. Úr … beszéde …, in: Orpheus 7, 1790; Dictiones comitis judicis curiae regiae C. e comitibus Z. de V., in sessione diaetali die Xma Martii 1791. celebrata, 1791. – Übers.: Rapins Vergleichung des Demosthenes mit dem Cicero, 1766 (aus dem Französ., anonym); Ungarns Verwandlung, Ein prosaisches Ged. aus dem Latein., 1768.
L.: Oesterr. Beobachter, 19., 22. 6. 1827; Pallas; Szinnyei; ÚMÉL; Wurzbach; E. Mályusz, Sándor Lipót főherceg nádor iratai 1790–95, 1926, s. Reg.; S. Domanovszky, József nádor élete 1–2, 1944, s. Reg.; I. Nagy, A Magyar Kamara 1686–1848, 1971, S. 238ff.; J. Poór, Kényszerpályák nemzedéke, 1988, S. 43ff.; K. Bódiné Beliznai, in: Strafrechtskodifikation im 18. und 19. Jh., ed. K. Bódiné Beliznai – B. Mezey, 1997, S. 98ff.; Zs. Kökényesi, in: Történelmi Szemle 58, 2016, S. 519ff.; H.-H. Brandt, Austriaca. Abhh. zur Habsburgermonarchie im „langen“ 19. Jh., ed. M. Stickler, 2020, S. 388ff.; Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, Wien. – Károly Z. z. Z. u. V. d. J.: B. Pakucs, in: A Gróf Klebelsberg Kunó Magyar Történetkutató Intézet Évkönyve 7, 1937, S. 243ff.; A. Brusatti, Der österr. Außenhandel um 1820, 1977, S. 145ff.; Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, Wien.
(I. Ress)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 512f.
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