Ziegler, Ernst (1847–1902), Publizist, Übersetzer und Schriftsteller

Ziegler Ernst, Publizist, Übersetzer und Schriftsteller. Geb. Stettin, Preußen (Szczecin, PL), 22. 11. 1847; gest. Wien, 24. 12. 1902 (begraben: Žatec, CZ); evang. AB. Sohn des Stadtsekr. Carl August Z. und von Mathilde Z., geb. Winkler; ab 1891 verheiratet mit Josefa Paroubek, geb. Kaliwoda. – Nach Besuch des Realgymn. absolv. Z. eine vierjährige Buchhandelslehre. Ende der 1860er-Jahre ging er nach Berlin, wo er zwei Jahre lang in einem angesehenen Antiquariat tätig war. Danach trat er in die Photograph. Ges. Berlin ein, für die er Reisen nach Österr.-Ungarn, Russland, in die Türkei und in die nord. Staaten unternahm. 1872 ließ er sich in Paris nieder und unterhielt dort bis 1882 eine Kunsthandlung. In dieser Zeit lernte er sein Vorbild Émile Zola kennen, mit dem er nach seiner Übersiedlung nach Wien (1882) in intensivem Briefwechsel stand. I. d. F. wandte sich Z. dem Journalismus zu, wurde Mitarb. des „Pester Lloyd“, veröff. Aufsätze über französ. Literatur und war als Übers. v. a. von Zolas Werken, die bis dahin in der Monarchie noch wenig bekannt waren, tätig. Die erste dt. Übers. eines Zola-Textes hatte noch →Hugo Wittmann für die „Neue Freie Presse“ besorgt, Mitte der 1880er-Jahre trat Z. an dessen Stelle: Von November 1884 bis März 1885 erschienen Auszüge aus Zolas neuem Roman „Germinal“, wenige Monate später druckte die „Wiener Allgemeine Zeitung“ Tle. von Zolas „L’Œuvre“, beides in einer Übers. Z.s. Zumindest bis 1888 vertrat Z. Zola mit Erfolg als literar. Agent gegenüber Presse- und belletrist. Verlagen und war zeitweilig auch als Rezensent für eine französ. Revue tätig. In der zweiten Hälfte der 1880er-Jahre veröff. Z. Romane, Novellen und Dramen; auf größeres Echo stieß v. a. sein Roman „Monte Carlo“ (1888), von dem auch eine französ. Übers. erschien. Im Jänner 1888 gründete er mit dem Bankier und Schriftsteller Carl Colbert die „Wiener Mode“, ein illustriertes Modejournal samt literar. Beil., die im gem. Verlag Colbert & Ziegler erschien. Z. zeichnete als Hrsg. und Chefred., Colbert für Verlag und Administration verantwortl., die Literaturbeil. leitete anfangs →Ferdinand Gross. Der gelungene Mix aus Modejournal und literar. Unterhaltung führte rasch zu kommerziellem Erfolg: Das Bl. erschien in sechs Sprachen in einer Aufl. von nahezu 100.000 Exemplaren. Die Ztg. bot den bisher dominierenden dt. Modezeitschriften Paroli und trug – etwa durch Organisation von Ausst. – wesentl. dazu bei, den Ruf Wiens als Modemetropole zu heben. Z. schied nach Unstimmigkeiten mit Colbert im Oktober 1892 aus seiner leitenden Funktion und wechselte in den Verw.R. der Wr. Mode Verlags AG, die an die Stelle der Fa. Colbert & Ziegler trat. Im Frühjahr 1893 verkaufte er sein Aktienpaket und zog sich vollständig aus dem Unternehmen zurück; Tle. seines Vermögens verlor er jedoch durch ein missglücktes Engagement an einer AG, die das Etablissement Ronacher übernommen hatte, worauf er 1894–96 unter Kuratel stand. Daneben war er auch als Schriftsteller tätig („Mein Debut“, 1886; „Ehegeschichten“, 1891; „Spinngewebe“, 2 Bde., 1894). Z. war ab 1888 Mitgl. des Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“, gehörte 1891 zu den Mitbegründern des österr. Ver. zur Abwehr des Antisemitismus und war mehrere Jahre im Vorstand der Österr. Ges. der Friedensfreunde tätig. Er starb nach längerer Krankheit in geistiger Umnachtung.

Weitere W.: Übers.: E. Zola, Aus der Werkstatt der Kunst, (1886).
L.: AZ, Neues Wr. Journal, Ostdt. Rundschau, 27. 12. 1902; Tagespost (Linz), 21. 12. 1920; Brümmer; Eisenberg 1; Stern–Ehrlich; Wurzbach; Wr. Mode 26, 1912, S. 417ff.; R. Kola, Rückblick ins Gestrige, 1922, S. 194ff.; K. Zieger, Die Aufnahme der Werke von E. Zola durch die österr. Literaturkritik der Jh.wende, geisteswiss. Diss. Innsbruck, 1983; Luther. Stadtkirche, WStLA, beide Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 520f.
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