Ziegler (Czigler), Joseph (Josephus Michael); Ps. Josef Liboslav (1782–1846), Philologe, Lehrer und Geistlicher

Ziegler (Czigler) Joseph (Josephus Michael), Ps. Josef Liboslav, Philologe, Lehrer und Geistlicher. Geb. Königgrätz, Böhmen (Hradec Králové, CZ), 10. 7. 1782; gest. Chrudim, Böhmen (CZ), 23. 5. 1846; röm.-kath. Sohn des Korporals Johannes Z. und seiner Frau Anna, die nach dem frühen Tod ihres Mannes mit Z. nach Chrudim übersiedelte und erneut heiratete. − Z. absolv. zuerst eine Tuchmacherlehre, ehe er als Privatist und mit Unterstützung eines Katecheten ab 1795 das Chrudimer Gymn. besuchte. Nach zwei Jahren setzte er das Gymn.stud. in Königgrätz fort, 1800–02 folgten die phil. Jgg. an der Prager Univ., u. a. bei →Ignaz Cornova, August Gottlieb Meißner und Stanislav Vydra. Auf Empfehlung des Letzteren wurde Z. Erzieher in der Familie des Verlegers und Schriftstellers Wenzel Mathias Kramerius, des Vaters von →Vaclav Rodomil Kramerius, sowie bei weiteren − auch adeligen − Familien. 1803–06 stud. Z. in Prag Theol., hörte jedoch ebenso Vorlesungen aus tschech. Sprache und Literatur und widmete sich privat slawist. Stud. Nach seiner Priesterweihe (1806) war er zuerst als Kaplan in Gutenfeld und 1809 kurz als Kooperator in Böhm. Meseritsch tätig, ehe er noch im selben Jahr zum Pfarrer von Dobrzan im Adlergebirge bestellt wurde. Dort sammelte Z. einen Kreis tschech. Schriftsteller aus Ostböhmen um sich (u. a. František Vladislav Hek, Josef Mirovít Král, →Josef Myslimir Ludvík, →Michal Silorad Patrčka, →Jan Alois Sudiprav Rettig, →Magdalena Dobromila Rettigová, →Karel Sudimír Šnajdr). Mit weiteren Autoren aus den böhm. Ländern sowie aus Oberungarn und Wien stand er in briefl. Kontakt. 1816 zum Prof. der Pastoraltheol. sowie der tschech. Sprache und Literatur am Königgrätzer Priesterseminar ernannt, prom. er 1818 zum Dr. theol. Auch in Königgrätz nahm Z. am gesellschaftl. und kulturellen Leben teil, u. a. als Hrsg. von Z. („Dobroslav“, 1820–23), Almanachen („Milozor“, 1824; „Milina“, 1825) und als Mitbegründer der örtl. Bibl. Nachdem er 1822 wegen Einfuhr verbotener theol. Werke belangt worden war, zog er sich jedoch immer mehr zurück und widmete sich nun fast ausschließl. der prakt. philolog., pädagog. und katechet. Literatur (u. a. als Hrsg. der Z. „Přítel mládeže“, 1823–35) sowie der Seelsorge. 1825 wurde Z. als Dechant in Chrudim installiert, 1832 erhielt er die Stelle des Vikars und Oberaufsehers der Volksschulen im Chrudimer Kreis. Er engag. sich für die hist. und museale Arbeit als Mitgl. der Ges. des vaterländ. Mus. in Böhmen sowie der Matice česká. Z.s eigenes belletrist. Werk, enstanden in der Zeit seines Aufenthalts in Dobrzan, enthält erst spät gewürdigte innovative Übers. aus dem Latein. (Florus Lukianos, Horaz, Vergil), Französ. (François Fénelon, Jean-Pierre Claris de Florian) und Dt. (Johann Gottfried Herder) ins Tschech. Daneben veröff. Z. mehrere populärhist. und erzieher. Aufsätze sowie Rezensionen philolog. und theol. Fachliteratur sowie Adaptationen bzw. Übers. von Erbauungsliteratur.

Weitere W.: Dt.böhm. Sprachlehre zum Gebrauche der Schuljugend, 1845. – Teilnachlässe: Literární archiv PNP, Praha, Regionální muz. v Chrudimi, Státní okresní archiv Chrudim, beide Chrudim, alle CZ.
L.: LČL; Masaryk; Otto; Rieger; Wurzbach; J. Pospíšil, in: Květy 13, 1846, S. 250; K. V. Zap, in: Poutník 1, 1846, S. 96; A. Rybička, Přední křisitelé národa českého 1, 1883, S. 167ff. (m. B.); J. Pešek, in: Naše doba 17, 1909/10, S. 14ff.; F. Čáda, in: Česká mysl 16, 1915−17, S. 241ff.; K. Michl, Od kladského pomezí 4, 1926/27, S. 33ff.; J. Adámek, Stopami J. L. Z. v Chrudimi, 1930; R. Pražák, Orlické hory a Podorlicko, 1973, S. 141; F. Wünschová, in: M. Z. Polák, Cesta do Itálie, 1979, s. Reg. (m. B.); L. Kusáková, Česká literatura, 1997, S. 28ff.; Východočeské Athény a J. L. Z., ed. V. Petrbok – J. Tydlitát, 1997 (m. B.).
(V. Petrbok)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 524f.
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