Ziemiałkowski, Florian Frh. von (1817–1900), Politiker und Jurist

Ziemiałkowski Florian Frh. von, Politiker und Jurist. Geb. Berezowica Mała, Galizien (Berezovycja, UA), 27. 12. 1817; gest. Wien, 27. 3. 1900; röm.-kath. Sohn des Kochs Mihał Ziemiałkowski; ab 1858 verheiratet mit Helena Freifrau v. Z., geb. Dylewska. – Nach dem Besuch des Gymn. in Tarnopol absolv. Z. 1833–35 die phil. Jgg. in Lemberg und begann 1834 ein Jusstud. an der dortigen Univ. (1838 Dr. iur.). Wegen seines Engagements in der poln. Unabhängigkeitsbewegung als Mitgl. des Poln. Volksverbands (Stowarzyszenie Ludu Polskiego) wurde er 1841 interniert. Die bis 1845 dauernde Haft verbrachte Z. ab 1843 gem. mit →Franciszek Smolka. Im Mai 1848 wurde er als Delegierter zur Frankfurter Nationalversmlg. entsandt, um die Beratungen derselben zu beobachten. Im selben Jahr als Abg. der Stadt Lemberg in den österr. RT gewählt, sympathisierte er – wie die Mehrheit seiner Landsleute im Parlament – mit der demokrat. Linken. Bis zur Auflösung des Kremsierer RT im März 1849 wirkte er in dessen Verfassungsausschuss mit. Danach wurde Z. festgenommen und bis 1850 nach Tirol verbannt. Obwohl er die Advokatursprüfung erfolgreich abgelegt hatte, erhielt er keine Zulassung als Rechtsanwalt und arbeitete stattdessen als Rechtsberater in privaten Kanzleien. 1860 wurde Z. Rechtskonsulent bei der Credit-Anstalt in Lemberg. Mit Beginn des Konstitutionalismus 1860/61 kehrte Z. in die Politik zurück, wo er 1861 in den galiz. LT gewählt wurde. Nach dem Jänneraufstand 1863/64, bei dem Z. die liberal-gemäßigten „Weißen“ unterstützte, wurde er erneut festgenommen, zu drei Jahren Haft verurteilt, allerdings bereits 1865 begnadigt. Nach seiner Freilassung nahm er seine Tätigkeit bei der Credit-Anstalt wieder auf. Der langjährige Parlamentarier Z. war 1861–63, 1867–69 und 1870–95 Mitgl. des galiz. LT sowie 1861–63 und 1868–70 Mitgl. des Landesausschusses. Zudem wirkte er 1871–73 als Bgm. von Lemberg. Im AH des RR saß Z. 1867–69 sowie 1873–88, wo er dem Polenklub angehörte und 1867–68 als dessen Obmann fungierte. Er zählte zu den „Utilitaristen“, einer Gruppe, die sich für eine kooperative Haltung gegenüber Wien aussprach, um auf diese Weise mehr Autonomie für Galizien sowie nationale Zugeständnisse an die Polen zu erreichen. Diesbezügl. arbeitete Z. eng mit dem galiz. Statthalter →Agenor Gf. Gołuchowski d. Ä. zusammen. Dank eben dieser regierungsfreundl. Einstellung wurde er 1873 als Minister ohne Portefeuille (inoffiziell: Landsmannschaftsminister für Galizien) in die Regierung von →Adolf Fürst Auersperg geholt. Z. war es auch, der den Polenklub stets innerhalb der konservativen Koalition („Eiserner Ring“) der Regierungen von →Eduard Gf. Taaffe hielt. Erst ein Konflikt mit dem Finanzminister und Führer des Polenklubs →Julian v. Dunajewski führte 1888 zu seinem Rücktritt als Minister. Noch im selben Jahr wurde er als lebenslängl. Mitgl. ins HH berufen. Z., der sich während seiner Wien-Aufenthalte stets um das kulturelle und gesellschaftl. Leben der poln. Gmd. kümmerte, erhielt zahlreiche Orden und Ausz.: 1875 Geh. Rat, 1880 Ritter der Eisernen Krone I. Kl. sowie 1888 Großkreuz des Leopold-Ordens. 1880 erfolgte seine Erhebung in den Frh.stand.

L.: WZ, 23. 4. 1873; WZ, NFP, 13. 10. 1888; L. Klarsfeld, Dr. F. Z., phil. Diss. Wien, 1925; Z. Fras, F. Z., 1991; S. Pijaj, Między polskim patriotyzmem a habsburskim lojalizmem, 2003, s. Reg.; D. Litwin-Lewandowska, O polską rację stanu w Austrii, 2008, s. Reg.; D. Szymczak, Galicyjska ambasada w Wiedniu, 2013, s. Reg.; Bibl. Jagiellońska, Kraków, Bibl. Narodowa, Warszawa, beide PL; Centraľnyj deržavnyj istoryčnyj archiv Ukrajiny, Ľviv, UA.
(D. Szymczak)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 530
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