Zimpel, Julius Gustav Leo (1896–1925), Graphiker, Kunsthandwerker und Maler

Zimpel Julius Gustav Leo, Graphiker, Kunsthandwerker und Maler. Geb. Wien, 30. 8. 1896; gest. ebd., 11. 8. 1925; bis 1922 röm.-kath. Sohn des Privatbeamten Julius Z. (geb. Wien, 28. 9. 1865; gest. ebd., 28. 7. 1930) und der Kleidermacherin Johanna Z., geb. Klimt (geb. Wien, 17. 5. 1873; gest. Juni 1950), Bruder von Gustav Z. (geb. Wien, 6. 2. 1904; gest. 9. 7. 1957), der u. a. als Entwerfer für die Wr. Werkstätte aufscheint, Neffe von →Gustav Klimt; ab 1922 verheiratet mit Henriette Franziska Flament. – Z. stud. 1911–16 an der Kunstgewerbeschule des Österr. Mus. für Kunst und Ind. bei →Oskar Strnad (Allg. Formenlehre), →Franz Čižek (Ornamentale Formenlehre), Adolf Boehm (Naturstud.), Anton Kenner (Aktstud.) und →Koloman Moser (Fachkl. für Malerei). Anschließend unterrichtete er an den Fachl. Fortbildungsschulen für Buchbinder bzw. Juweliere (Fachzeichnen und Modellieren). Ab 1918 war er bis zu seinem Tod für die Wr. Werkstätte (WW) tätig. Sein größtes Interesse galt hier figuralen Arbeiten aus Wachs, Holz und Keramik, herausragend sind dabei die kunstvoll arrangierten Spielzeugensembles aus Holz. Z. entwarf aber auch Schmuck (ausgeführt in Elfenbeinschnitzerei oder getriebenem Silber), Tafelbestecke und Service, Luster und Lampen, Glasdekore, Emailarbeiten, Bucheinbände, Spitzen sowie Textilmuster. Formal stark beeinflusst von →Dagobert Peche, übernahm Z. nach dessen Tod 1923 die Leitung der Künstlerwerkstätte innerhalb der WW. Die im Abschlusszeugnis der Kunstgewerbeschule bestätigte sehr gute zeichner. Begabung zeigte sich v. a. in Z.s gebrauchsgraph. Werk. In Illustrationen und Einbänden für die Bücher von Honoré de Balzac („Der Succubus“), →Hugo Bettauer („Faustrecht“), Clemens Brentano („Die Schachtel mit der Friedenspuppe“), E. T. A. Hofmann („Das Majorat“) oder →Stefan Zweig („Der Märtyrer“) fand er seine eigene künstler. Ausdrucksform ebenso wie in den sog. Zimpel-Büchern: Bereits 1911 begann er diese handgeschriebenen und illustrierten Bücher herzustellen mit der Absicht, eine spezielle Einheit von Text und Bild zu schaffen. Etwa zehn Jahre später wurden sie von Otto Nirenstein hrsg. und im Verlag Neuer Graphik (später Rikola-Verlag) publ. 1922 erschien der Ged.bd. „Erlösendes Lied“ von Max Roden mit Buchschmuck und Lithographien in einer Aufl. von 310 nummerierten Exemplaren im Amalthea-Verlag (Roden verf. später einen Artikel mit umfassender Bibliographie zu Z.s buchkünstler. Arbeiten). Der als introvertiert und weltabgewandt beschriebene Künstler beherrschte diverse Techniken wie Lithographie, Kupferstich, Holzschnitt und entwickelte die Radierung auf Stein. Stilist. bewegen sich die Illustrationen zwischen mittelalterl. Miniaturmalerei und Expressionismus, auch die Neue Sachlichkeit lässt sich in seinem Werk festmachen. Als Mitgl. der WW präsentierte Z. seine Glas-, Holz- und Lederarbeiten auf der Kunstschau 1920 und der Jubiläumsausst. des Wr. Kunstgewerbever. 1924 (jeweils im Österr. Mus. für Kunst und Ind.) sowie auf der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes in Paris 1925. Als Zeichner war er auf den Salzburger Ausst. der Künstlervereinigung Der Wassermann 1919, 1920 (hier mit Großstadtbildern) und 1921 (auch als Gestalter des Plakats) vertreten, als Illustrator und Schreibkünstler in der Wr. Galerie Würthle & Sohn 1921 sowie posthum auf der Internationalen Ausst. moderner künstler. Schrift 1926 im Österr. Mus. für Kunst und Ind. Die Neue Galerie in der Grünangergasse widmete ihm 1925 eine vielbesprochene Gedächtnisausst. Im WW-Archiv des MAK – Mus. für angewandte Kunst sind ca. 800 Entwurfszeichnungen von Z. erhalten. Weitere Arbeiten befinden sich in der Österr. Galerie Belvedere (Selbstporträt, 1923) und in der Albertina.

L.: WZ, 14. 8., Neues Wr. Journal, 10., NFP, 20., Der Tag, 29. 10. 1925; NWT, 29. 12. 1940 (Beil.); Czeike; Fuchs, Geburtsjgg.; Thieme–Becker; Vollmer; R. Brettschneider, in: Die Initiale. Eine Z. für Bücherfreunde 1, 1921; Österr. Jb. für Exlibris und Gebrauchsgrafik 21, 1924/25, S. 20; M. Roden, in: Jb. Dt. Bibliophilen und Literaturfreunde 14/15, 1927/28, S. 113ff. (m. B.); H. Schöny, Wr. Künstler-Ahnen 3, 1987, S. 119; Kunst des 20. Jh. 4, bearb. M. Pappernigg, 2001; A. Jesina, J. Z., die Traumwelten eines kurzen Lebens, Wien 2012 (Kat.); J. Z., ed. A. Jesina, Wien 2014 (Kat.); Die Frauen der Wr. Werkstätte, ed. A.-K. Rossberg u. a., Wien 2020, S. 146f. (Kat.); Pfarre Gumpendorf, Wien.
(A.-K. Rossberg)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 549
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