Zipernowsky, Károly (Carl, Franz Carl) (1853–1942), Elektrotechniker

Zipernowsky Károly (Carl, Franz Carl), Elektrotechniker. Geb. Wien, 4. 4. 1853; gest. Budapest (H), 29. 11. 1942; röm.-kath. Sohn von Joseph (ursprüngl. Salomon) Zipernowski (geb. Brody, Galizien/UA, 1. 1. 1809; mos., ab 1854 röm.-kath.), Geschäftsführer der Kettenhofer Fabriksniederlage in Wien, und Franziska, geb. Fischer; verheiratet mit der Pazifistin Anna Z., geb. Klein (1863–1923), Präs. der Friedenssektion des Nationalrats der ung. Frauen. – Z. kam im zweiten Lebensjahr nach Pest. Nach Absolv. des Piaristengymn. arbeitete er in einer Apotheke in Kecskemét, richtete seine Aufmerksamkeit aber bald auf die sich schnell entwickelnde Elektrotechnik. Ab 1874 stud. er an der TU Budapest und erwarb 1878 einen Abschluss in Maschinenbau. Schon als Student hielt er einen Vortrag über Dynamomaschinen und präsentierte ein Bogenlampenexperiment. An der Präsentation nahm →Andreas Mechwart v. Belecska, Gen.dir. der Maschinenfabrik Ganz & Co., teil. Er beschloss, eine Abt. für Elektrotechnik unter der Leitung des 25-jährigen Z. einzurichten. Diese produzierte zunächst Gleichstromdynamos und Bogenlampen, ehe Z. die Vorteile des Wechselstroms erkannte. 1883 installierte er die elektr. Beleuchtung des Budapester Nationaltheaters mit 1.000 Glühlampen und Lichtbogenscheinwerfern, die mit seinem selbsterregenden Wechselstromgenerator betrieben wurden. Letzterer wurde erfolgreich auf der Internationalen Elektr. Ausst. 1883 in Wien vorgestellt. Dies war der Beginn der internationalen Verbreitung des Wechselstroms. In der Zwischenzeit wurden Miksa Déri und Ottó Titusz Bláthy Z.s Mitarb. und bildeten mit ihm die berühmte Ing.gruppe der Ganz-Fabrik. 1885 erfanden sie gem. den Transformator mit geschlossenem Eisenkern und einer beliebigen Übersetzung, der es ermöglichte, Elektrizität über große Entfernungen zu leiten. In der folgenden jahrzehntelangen Auseinandersetzung um die Vormachtstellung von Gleichstrom oder Wechselstrom setzte sich der Wechselstrom durch, und Ganz & Co. entwickelte sich zu einem der weltweit führenden Elektrotechnikunternehmen. Die Fa. errichtete viele Wechselstromkraftwerke und Netze, u. a. baute sie die erste dauerhafte Hochspannungsfernleitung der Welt zwischen Tivoli und Rom. Z. gelang eine Reihe weiterer Erfindungen, darunter der Zweiphasen-Einankerumformer, die Erhöhung des Anlaufmoments und Verringerung des Anlaufstroms der Asynchronmotoren, eine Einschienen-Straßenbahn etc. Zusammen mit Déri und Bláthy hielt er ein US-Patent auf „Induction Coil“, einen Funkeninduktor (ab 1886). Als die rasche Entwicklung der Elektrotechnik 1893 die Gründung einer eigenständigen Fak. an der TU Budapest erforderte, wurde Z. zum Prof. und Abt.leiter ernannt und war in dieser Position 32 Jahre lang tätig. Ab 1893 gehörte er als k. M. der MTA sowie von 1905 bis zu seinem Tod als Präs. bzw. Ehrenpräs. dem Ung. Elektrotechn. Ver. an. Zudem war er Ehrenmitgl. des Elektrotechn. Ver. in Wien.

W. (s. auch Markó; Poggendorff): Entgegnung auf den Artikel der Herren Gaulard & Gibbs, in: Elektrotechn. Z. 6, 1885 (gem. m. M. Déri – O. T. Bláthy); On Distributing Electricity by Transformers, in: The Electrical World 8, 1886; Elektr. Bahnen für interurbanen Schnellverkehr, in: Z. für Elektrotechnik 9, 1891.
L.: Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex. (m. B.); Markó (m. B. u. W.); Poggendorff 3–4 (m. W.); Szinnyei; M. Gohér, in: Műszaki Nagyjaink, ed. B. Szőke, 2, 1967, S. 421; MUT-Lex., 2009 (Typoskript, Techn. Mus. Wien); K. Jäger – F. Heilbronner, Lex. der Elektrotechniker, 2. Aufl. 2011; Alservorstadtpfarre, Pfarre St. Rochus, beide Wien.
(S. Jeszenszky)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 555f.
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