Zippe, Franz Xaver (1791–1863), Mineraloge

Zippe Franz Xaver, Mineraloge. Geb. Falkenau, Böhmen (Falknov, CZ), 15. 1. 1791; gest. Wien, 22. 2. 1863; röm.-kath. Sohn des Holzhändlers, Gastwirts und Fleischhauers Anton Z. (geb. Zwickau, Sachsen/D, 26. 1. 1771) und der Gastwirtschaftsbesitzerin Anna Elisabeth Z., geb. Rösler (Rössler); ab 1824 verheiratet mit der Gastwirtstochter Josefine Z., geb. Huber (1805–1896). – 1804 ging Z. nach Dresden, wo er in den Knabenchor des Kurfürsten aufgenommen wurde und das Gymn. absolv. Ab 1807 besuchte er die phil. Jgg. an der Univ. Prag. Daneben versuchte er sich in diversen Orchestern als Cellist, um sich seine Ausbildung zu finanzieren. 1814–15 hörte er Vorlesungen aus Chemie am Prager polytechn. Inst., u. a. bei →Karl August Neumann, der ihn auch mit der Mineral. vertraut machte. 1819 erhielt Z. unter Neumanns Nachfolger →Josef Johann Steinmann die Stelle eines Adjunkten an der Lehrkanzel für Chemie und hielt Lehrveranstaltungen über Mineral. und Geognosie. 1824 wechselte er als Kustos der Mineralien- und Petrefaktensmlg. in das Vaterländ. Mus. Ab 1835 wirkte er als o. Prof. der Naturgeschichte und Warenkde. am polytechn. Inst. in Prag. 1849 erhielt er einen Dir.posten an der neu gegr. Montan-Lehranstalt in Pribram. Noch im selben Jahr erfolgte seine Berufung zum o. Prof. auf den neu errichteten Lehrstuhl für Mineral. an der phil. Fak. der Univ. Wien, der er allerdings wegen seiner Verpflichtung in Pribram erst 1850 folgen konnte. In Wien bemühte sich Z. v. a., die Mineral. in Lehre und Forschung nach der naturhist. Methode von →Friedrich Mohs fortzuführen; 1852/53 Dekan der phil. Fak. Während Z. große Verdienste um die mineralog. und geognost. Erforschung Böhmens zukommen, ist seine Tätigkeit an der Univ. Wien zwiespältig zu bewerten. Obwohl er die Mineral. durch Vorlesungen und den Ausbau einer Smlg. förderte, wirkte sich sein zähes Festhalten an der Mohs᾽schen Methode, die chem. Analysen ausschloss, für den Wiss.fortschritt eher hemmend aus. Zudem führte seine negative Haltung gegenüber der Geol., die er als spekulative Wiss. abtat, zu Kontroversen mit seinen jüngeren Kollegen →Karl Ferdinand Peters und →Eduard Sueß. Z. veröff. zahlreiche Lehrbücher der Mineral. und Naturgeschichte (u. a. „Lehrbuch der Naturgeschichte und Geognosie“, 1850; „Lehrbuch der Naturgeschichte für Unterrealschulen“, 1855; „Lehrbuch der Mineralogie mit naturhistorischer Grundlage“, 1859). Erwähnenswert sind zudem seine Monographien „Anleitung zur Gesteins- und Bodenkunde …“ (1846), „Geschichte der Metalle“ (1857) und „Die Charakteristik des naturhistorischen Mineral-Systemes …“ (1859). Weiters leistete er wichtige Beitrr. zu Johann Gottfried Sommers mehrbändiger Topographie „Das Königreich Böhmen“ (1833–49). Darüber hinaus verdankt ihm die böhm. Ind. durch seine Kenntnisse über Kohlelagerstätten einen enormen Produktionsaufschwung. 1847 wurde Z. zum w. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien gewählt. 1851 erhielt er das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens. Sein bes. Interesse für landwirtschaftl. Fragen zeigte sich in seiner Funktion als Sekr. der patriot.-ökonom. Ges. im Kg.reich Böhmen (1842–49). Nach ihm benannte →Wilhelm v. Haidinger die zuerst von Z. beschriebene Joachimsthaler Uranblüte Zippeit und August Emanuel v. Reuss eine fossile Schneckenart Helix Zippei. 1848 verlieh ihm die Univ. Prag das Ehrendoktorat der Phil. und der Med.; 1855 Reg.Rat.

Weitere W.: s. Almanach; Wurzbach; Seidl.
L.: ADB; A. E. Reuss, in: Almanach Wien 14, 1864, S. 88ff. (m. W.); Poggendorff 2; Wurzbach (m. W.); K. Ochantel, F. X. M. Z., 1991 (m. B.); C. Schweizer, J. W. v. Goethe und K. M. v. Sternberg, 2004, S. 210ff.; C. Schweizer, in: Berr. der Geolog. Bundesanstalt 71, 2007; J. Seidl u. a., in: E. Suess und die Entwicklung der Erdwiss. zwischen Biedermeier und Sezession, ed. J. Seidl, 2009, S. 161ff. (m. B. u. W.); ÖAW, UA, WStLA, alle Wien.
(J. Seidl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 556f.
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