Zöllnerová, Eliška; eigentl. Cinege (Zinege) Erszébet (1822–1911), Theaterdirektorin

Zöllnerová Eliška, eigentl. Cinege (Zinege) Erszébet, Theaterdirektorin. Geb. Alsó Tök, Siebenbürgen (Tiocu de Jos, RO), 31. 7. 1822; gest. Častolowitz, Böhmen (Častolovice, CZ), 25. 7. 1911. Tochter von Johann Zinege und Katharina, geb. Kelement, Mutter des Schauspielers Filip Zöllner, der 1881 die Schauspielerin Marie Vilímková heiratete, und des Schauspielers František Zöllner, der ab 1883 mit der Soubrette Marie Havelková verheiratet war, Schwiegertochter von →Friedrich Zöllner; ab 1861 2. Ehefrau von →Filipp Zöllner. – Über Z.s Ausbildung ist nichts bekannt. Ihr späterer Mann engag. sie 1838 als Tänzerin für seine dt. Theaterges., wo sie Mitgl. des Ballettensembles gewesen sein könnte, jedoch nicht als Solistin auftrat und sich vermutl. eher organisator. hinter den Kulissen verdient machte. Als Zöllner Wien 1851 verließ, um mit seinen dt. Schauspielern in den böhm. Ländern Beschäftigung zu suchen, folgte ihm Z. Sie arbeitete zunächst bei der Veranstaltung dt. Vorstellungen (1851–53) mit, nach der Gründung der tschech. Ges. 1853 auf Bitte →Josef Kajetán Tyls mit tschech. Schauspielern und auch nach Tyls Tod (1856), als Zöllner die tschech. Ges. allein führte. Dabei sammelte sie Erfahrungen mit den ökonom. und rechtl. Aspekten des Theaterbetriebs. Aus Altersgründen suchte Zöllner schon 1862 bei der Prager Statthalterei um die Übertragung der Dir.-Konzession auf seine Frau an, die Genehmigung erfolgte aber erst nach seinem Tod 1863. Beibehalten wurde der tschech. Name Zöllnerova společnost, und Z. verwendete als Dir. den Namen Eliška Zöllnerová. Z., die Tschech. mit starkem ung. Einschlag sprach, übernahm die Ges. in gutem wirtschaftl. Zustand (25–30 Mitgl.), mit ausgez. Ruf und großem tschech. Publikum (1853–62 fanden tschech. Vorstellungen in 70 Städten statt). Qualitativ zählte sie zu den besten. Aufgef. wurden zeitgenöss. tschech. (Štěpánek, Tyl, →Ferdinand Břetislav Mikovec, →Josef Jiří Kolár, →Emanuel Bozděch, →František Věnceslav Jeřábek u. a.) und fremde Autoren in Übers. (Henri Dumas, Victor Hugo, Eugène Scribe, Victorien Sardou, Charlotte Birch-Pfeiffer u. a.), aber auch gängige Werke der dt. Klassik. Die Rolle des Vorstehers der Ges. übernahm der Schauspieler Jan Šourek. Z. behielt sich die Finanzen vor, engag. und entließ Mitgl. mit sicherem Urteil und überwachte die Garderobe, für die sie große Beträge aufwandte. 1871 erwarb sie zusätzl. die Konzession für Mähren und spielte in den Wintersaisonen 1874 und 1875 im neuen tschech. Ver.haus in Brünn. Die Söhne Filip und František wurden Mitgl. des Ensembles. 1880 erlitt die Ges. in Mähr.-Ostrau erhebl. Schaden, als eine Überschwemmung wesentl. Tle. der Bibl. und des Inventars vernichtete. Während der wirtschaftl. Konsolidierung begann die Ges. sich dem Musiktheater zuzuwenden und stud. inbes. Operetten ein. Begleitet wurde sie von einem Streichquartett, gegebenenfalls mit Harmonium, in größeren Städten von Militärkapellen. Um die Jh.wende machte Z. mit ihrem Opernrepertoire den ständigen Bühnen Konkurrenz (Jacques Offenbach, →Franz v. Suppé, →Franz Lehár, Emmerich Kálmán, →Karl Millöcker etc.), mittels musikal. Bearb. konnte sie traditionelle tschech. und andere Opern aufführen (Wilhelm Blodek, →Friedrich Smetana, Carl Maria v. Weber, →Giuseppe Verdi u. a.). Ein Engagement bei Z.s Truppe galt als prestigeträchtig. Es bot Künstlern eine Schule der Vielseitigkeit und ebnete den Weg zu den größten Bühnen. Etwa 1.000 Schauspieler und Sänger, von denen sich eine Reihe am Prager oder Brünner Nationaltheater auszeichnete, durchliefen die Ges. Zu deren Spezifika zählte die Präsenz von Ehepaaren bzw. ganzen Familien. Z. genoss allg. Achtung, unterhielt ein korrektes Verhältnis zum Personal und trug zum Zusammenhalt des Ensembles bei, da sie ao. fähig war, eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Ihre Söhne vertraten sie abwechselnd in der Leitung der Ges. Als an der Wende zum 20. Jh. die Prager Statthalterei eine große Zahl neuer Theaterkonzessionen erteilte, konnten ambitionierte Unternehmungen mit höheren finanziellen Lasten wie die Zöllnerova společnost dagegen nicht bestehen. Ab etwa 1902 reiste Z. nicht mehr und blieb in Prag. 1908 feierte die Ges. in Raudnitz den 45. Jahrestag ihrer Dir.tätigkeit, führende Vertreter des tschech. Theaterlebens sandten Glückwünsche und Z. wurde zum Ehrenmitgl. des Zentralbunds der tschech. Schauspieler ernannt.

L.: Prager Tagbl., Union, 27. 7. 1911; Upomínka na oslavu jubilea 45leté činnosti E. Z. …, 1908; Almanach operní, operetní a činherní společnosti E. Z., 1910 (m. B.); Národní muz., Praha, CZ.
(J. Ludvová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 572f.
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