Gross (Groß), Josef (1828–nach 1890), Baumeister und Architekt

Gross (Groß) Josef, Baumeister und Architekt. Geb. Hennersdorf, Schlesien (Jindřichov, CZ), 1. 11. 1828; gest. wahrscheinlich München, Bayern (D), nach 1890; röm.-kath. Sohn des Häuslers Josef Gross und dessen Frau Rosina Gross, geb. Werner, Bruder von Anton Gross (s. u.); ab 1873 mit Amalia Hoffmann (geb. 1836) verheiratet. – G., über dessen Ausbildung nichts bekannt ist, absolvierte vermutlich eine Lehre bei einem Baumeister. 1862 erwarb er in Wien die Baumeisterkonzession, um kurze Zeit später im Baubüro von →Karl Tietz zu arbeiten. Als Tietz Anfang der 1870er-Jahre erkrankte, führte G. mit seinem Bürokollegen Heinrich Claus das Atelier weiter, das damals eines der größten in Wien war. Anlässlich der Wiener Weltausstellung von 1873 errichteten sie für die Allgemeine Baugesellschaft einige Hotels (Hotel Britannia, Wien 1; Hotel Donau, heute Bundesbahndirektion, Wien 2; Einrichtung des Grand Hotels, Wien 1) und das Römische Bad (Wien 2), das damals in seiner Größe und prächtigen Ausstattung einzigartig war. 1874 schlossen sie sich definitiv zu einer Bürogemeinschaft zusammen, um in den folgenden Jahren neben diversen Villen (Villa Bachmayer, 1877, Starnberger See; Forst- und Wohnhaus Ritter von Herbeck, 1877, Reichenau an der Rax) und Industrieanlagen (Tonwarenfabrik, Znaim, 1880) v. a. eine Reihe von äußerst repräsentativen Mietshäusern in Wien zu realisieren (Mietshaus Faber, 1873, Palais Gutmann, 1875, beide Wien 4). Anfang der 1880er-Jahre planten sie zwei wegweisende Warenhäuser (Warenhaus August Hückel, Warenhaus Georg Haas & Joh. B. Cziczek, beide Wien 1). Formal blieben sie der italienischen Renaissance in der Tradition →Theophil Freiherr von Hansens verpflichtet. Um 1883 wurde die Bürogemeinschaft aufgelöst und G. zog sich ins Privatleben zurück. G., der etliche Auszeichnungen erhielt (Medaille für Kunst und Wissenschaft, 1873) und Mitglied diverser Fachverbände war (ab 1862 Bau- und Steinmetzgenossenschaft, 1872 Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens / Künstlerhaus, 1873 Österreichischer Ingenieur- und Architekten-Verein), übersiedelte um 1890 nach München, wo sich seine Spuren verlieren. Sein jüngerer Bruder, der Architekt Anton Gross (geb. Hennersdorf, 2. 8. 1841; gest. Wien, 12. 5. 1887; röm.-kath.), war ab 1872 mit Karoline Köstler (1848–1926) verheiratet. Auch über seine Ausbildung ist nichts bekannt. 1874 ging er eine Bürogemeinschaft mit →Wilhelm Jelinek ein und die Partner errichteten in der Folge einige noble Mietpalais in Triest und Wien. Hier gehört neben dem Mietshaus Gumpendorfer Straße 11–13 (Wien 6, 1880), wo sie auch das bis heute bestehende Café Sperl einrichteten, das Gebäude der Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft auf der Kärntner Straße (1882–84) im Stil der italienischen Renaissance zu ihren bedeutendsten Bauten. Infolge gesundheitlicher Probleme Anton G.᾽ wurde die Bürogemeinschaft jedoch 1883 aufgelöst.

Weitere W.: s. Architektenlexikon.
L.: AKL; Die Wr. Ringstraße 3, 4, 7, 11; Eisenberg 1; Thieme–Becker; P. Kortz, Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts 2, 1906, s. Reg.; H. Partisch, Österreicher aus sudetendeutschem Stamme, 1961; R. Wagner-Rieger, Wiens Architektur im 19. Jahrhundert, 1970, s. Reg.; H. Matis – D. Stiefel, „Mit der vereinigten Kraft des Capitals …“ 1, 1994, s. Reg.; B. Daghofer, Repräsentative Hotelbauten der Wiener Gründerzeit, DA Wien, 1997, s. Reg.; Architektenlexikon Wien 1770–1945, www.architektenlexikon.at (mit W., Zugriff 25. 2. 2015).
(U. Prokop)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 6, 1957), S. 74
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