Kanitz, Luise; geb. Lebensaft (1908–1976), Widerstandskämpferin und Musikerin

Kanitz Luise, geb. Lebensaft, Widerstandskämpferin und Musikerin. Geb. Wien, 5. 7. 1908; gest. ebd., 20. 9. 1976; röm.-kath. Tochter eines Angestellten, Cousine des Fußballers Heinrich Lebensaft, genannt Saft, verehelicht mit Ernst Kanitz (s. u.); 1942 geschieden. – K. besuchte in Wien die Volks- und Bürgerschule und absolvierte an einer Höheren Lehranstalt ein Musikstudium; danach lebte sie als staatlich geprüfte Pianistin in Wien. 1930 heiratete sie den Inhaber der Konzertdirektion „Elite“ Ernst Kanitz (geb. Wien, 25. 1. 1896; gest. KZ Auschwitz, Dt. Reich/PL, nach 7. 9. 1942; ermordet; mos., 1915 aus der IKG ausgetreten), Sohn eines Großhändlers. Um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen, flüchtete Ernst Kanitz 1938 nach Frankreich, wurde jedoch aufgegriffen und Anfang September 1942 nach Auschwitz deportiert. Nach der Flucht ihres Ehemanns versuchte K., dem nationalsozialistischen Regime Widerstand entgegenzusetzen. Im Dezember 1939 kam sie durch Vermittlung eines Bekannten mit der von →Roman (Karl) Scholz geleiteten Widerstandsgruppe „Österreichische Freiheitsbewegung“ (ÖFB) in Berührung und legte im Februar 1940 den Eid auf diese ab. Als "Frauenschaftführerin" hatte sie Aufbau und Leitung der Frauengruppe inne, war eine der engsten Vertrauten von Scholz sowie Mitglied des Vollzugsausschusses und nahm auch aktiv an Aktionen der Gruppe teil. Als die ÖFB durch den Burgschauspieler Otto Hartmann, einen eingeschleusten Agent Provocateur, an die Geheime Staatspolizei verraten wurde, wurde K. im Juli 1940 verhaftet. Erst im Februar 1944 wurde sie gemeinsam mit Scholz und anderen Mitgliedern der Gruppe im Rahmen eines Volksgerichthofsprozesses wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu sechs Jahren Zuchthaus und sechs Jahren Verlust der Ehre verurteilt, im Februar 1945 jedoch aufgrund des Kriegsverlaufs aus dem Frauenzuchthaus der Haftanstalt Krems entlassen. Im November 1947 trat sie als Hauptbelastungszeugin im Volksgerichtsprozess gegen Hartmann auf. Ihre Karriere als Pianistin konnte sie aufgrund der gesundheitlichen Folgen ihres Gefängnisaufenthalts nicht mehr fortsetzen.

L.: Das Kleine Volksblatt, Neues Österreich, 7. 11. 1947; oeml; Ch. Klusacek, Die Österreichische Freiheitsbewegung – Gruppe R. K. Scholz, 1968, S. 48; I. Brauneis, Widerstand von Frauen in Österreich gegen den Nationalsozialismus 1938–1945, phil. Diss. Wien, 1974, s. Reg.; R. Prantner, Christliche Frauen im Widerstand gegen Hitler in Österreich, in: christliche demokratie 2, 1984, H. 3, S. 266, 269f.; Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934–1945, 3, bearb. H. Arnberger – Ch. Mitterrutzner, 1987, s. Reg.; Gelitten für Österreich. Christen und Patrioten in Verfolgung und Widerstand, 1989; Erzählte Geschichte 2, 1992, S. 349f.; D. C. Albu, Die Arbeitsweise der Denunzianten des Nachrichtenreferates der Wiener Gestapoleitstelle ..., in: David 13, April 2001, Nr. 48, S. 38–40, 43f.; Datenbank biografiA, http://www.biografiA.at (m. L., Zugriff 25. 4. 2010); DÖW, IKG, MA 61, alle Wien; Mitteilung Primavera Driessen-Gruber, Wien (zu Ernst K.).
(E. Lebensaft)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)