Schubert von Soldern, Zdenko (1844-1922), Kunsthistoriker und Architekt

Schubert von Soldern Zdenko, Architekturtheoretiker und Architekt. Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 18. 10. 1844; gest. Prag, ČSR (Praha, Tschechien), 29. 3. 1922. Sohn von Eduard Viktor (s. d.), Bruder von Victor S. v. S. (s. u.), Neffe von Otto v. S. (s. u. Eduard Viktor S. v. S.), Onkel von Fortunat und Großonkel von Rainer S.-S. (beide s. u.). S. stud. 1865–68 am Eidgenöss. Polytechnikum in Zürich u. a. bei Gottfried Semper und 1868–70 an der Wr. Akad. der bildenden Künste bei Hansen (s. d.). 1870 unternahm er eine Stud.Reise nach Italien, absolv. anschließend das Praktikum in Wien und wirkte ab 1875 in Prag. 1879 wurde er Priv.Doz. für Geschichte der Architektur am Dt. Polytechn. Inst. in Prag, 1887 ao. Prof. für Hochbau, 1898 Tit. o. Prof., 1904 o. Prof. für Architektur; 1916 i. R. S. hielt neben Vorträgen über die Geschichte der Architektur und Formenlehre auch Kurse über antike und Renaissance-Architektur sowie das Entwerfen von monumentalen Bauten. Die im Rahmen der pädagog. Tätigkeit entstandenen theoret. Betrachtungen über Entwicklung der Stilformen, insbes. des Ornaments, publ. S. in mehreren Fachz. S.s theoret. Ausgangspunkt war die Lehre Sempers über den Dualismus der Konstruktion und der Fassade, über den Ursprung der dekorativen Elemente der Architektur im Kunstgewerbe, und er forderte – im Sinne Sempers – die Zusammenfügung von Verzierung und struktiven Gliedern. In späteren Jahren beschäftigte sich S. mit der islam. Architektur und veröff. seine bei Stud.Reisen nach Klein- und Mittelasien getätigten Forschungen. Die Lehrtätigkeit und die hist. Stud. zog er der Praxis vor, sodaß nur ein einziges von ihm geplantes Gebäude, die Villa seines Bruders in Prag-Liboc (1871), bekannt ist. Ebenso wie in seinem theoret. Werk stellte er sich hier als ein kultivierter Verfechter der Neorenaissance vor. S., mehrfach geehrt und ausgez., war Mitgl. mehrerer Vereinigungen, so u. a. der Kunstsektion des Prager Dombauver., der kunsthist. Landeskomm. für Böhmen und Ehrenpräs. der architekton. Sektion des Techn. Mus. in Prag. Sein Bruder, der Maler und Schriftsteller Victor S.v.S. (geb. Prag, 15. 8. 1834; gest. Dresden, Sachsen/Deutschland, 30. 6. 1912) stud. 1852–54 an der jurid., 1853–54 an der phil. Fak. der Univ. Prag, wandte sich aber in der Folge der Malerei zu und bildete sich in Prag, Düsseldorf (1857), Antwerpen (1860–61) und Paris (1861–62) künstler. weiter. 1863–66 lebte er als Maler in Rom, dann einige Jahre in Paris und Brüssel (1870–76), ab 1876 in Dresden, wo er auch schriftsteller. tätig war und in erster Linie Erzählprosa und kulturgeschichtl. Stud. veröff. 1892–96 fungierte S. als Vorsitzender der Dresdner Kunstgenossenschaft. In seinen Bildern behandelt er vorwiegend Themen aus Geschichte und Sage. Victor S.s Sohn, der Kunsthistoriker Fortunat S.-S. (geb. Paris, Frankreich, 2. 5. 1867; gest. Wien, 20. 3. 1953), fungierte 1897–1913 als Vorstand der kgl. Kupferstichsmlg. in Dresden, wurde 1913 Vorstand der kunstwiss. Abt. der Zentralkomm. für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale und war ab 1917 Vorstand der Zentral-Komm. für Denkmalpflege, 1932 i. R. Dessen Sohn, der Zoologe Rainer S.-S. (geb. Dresden, 6. 12. 1900; gest. Wien, 7. 11. 1974), wirkte 1950–72 als Vorstand des Inst. für Anatomie und Physiol. der Haustiere an der Hochschule für Bodenkultur in Wien.

W.: Villa in Liboc (Sterner Thiergarten) in der Nähe von Prag, in: Mitth. des Architekten- und Ing.-Ver. im Kg.Reiche Böhmen 10, 1875, S. 39ff.; Das Stilisieren der Pflanzen, (1887); Die Symbole der decorativen Kunst, in: Jahres-Ber. der Lese- und Redehalle … für das Vereinsjahr 1888, 1889, S. 3ff.; Das Stilisieren der Thier- und Menschen-Formen, (1892); Die Baudenkmale von Samarkand, in: Allg. Bauztg. 63, 1898; Bochara. Architekton. Reiseskizzen, ebenda, 64, 1899; Natur, Mode und Kunst. Stilist. Betrachtungen, 1902; Was ist Stil?, in: Allg. Bauztg. 69, 1904; Die mohammedan. Baudenkmale von Algerien und Tunis, ebenda, 70, 1905; Karthago und die röm. Ausgrabungen in Algerien und Tunesien, ebenda, 71, 1906; Architekton. Formenlehre, 2 Tle., (1907); usw. – Victor S. v. S.: Walpurgisnacht, 1869; Tristan und Isolde trinken den Liebestrank, 1878; Entsagung, 1878; Maria Stuarts letzter Freund, 1882; Eine moderne Salome, 1893; Altarbilder; usw. – Publ.: Die Höfe von Paris und Madrid zur Zeit Elisabeths und Don Carlos’, 1900; Die Borgias und ihre Zeit, 1902; Ein Dämon, 1905; Der Ehrlose, 1907; Unverschuldet, 1910; usw.
L.: Bohemia, 17. 10. 1914, 1. 4. 1922; Toman; Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jh. 1, 1898; Die k. k. dt. techn. Hochschule in Prag 1806–1906. FS …, red. von F. Stark, 1906, S. 293ff. (mit Bild), 383f.; Wer ist’s?, hrsg. von H. A. L. Degener, 3, 1908, 6, 1912; A. Birk, Die Dt. Techn. Hochschule in Prag 1806–1931, FS, 1931, S. 89; O. Vogel, Prager Techniker, 2. Aufl., Wien 1976 (Manuskript); Z. Lukeš, in: Umění a řemesla, 1986, n. 1, S. 27; J. Vybíral, in: Architekt, 1997, n. 20, S. 51f.; Archiv der Akad. der bildenden Künste, Wien. – Victor S. v. S.: Bénézit; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Kosch, 3. Aufl.; Thieme–Becker; Toman; Wurzbach (s. u. Schubert Karl); Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jh. 1, 1898; F. v. Boetticher, Malerwerke des 19. Jh. 2/2, 1898; Wer ist’s?, hrsg. von H. A. L. Degener, 3, 1908; Sachsens Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild, hrsg. von B. Volger, 1, 1907 (mit Bild); Deutschlands, Österr.-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild, 3. Ausg. 1911 (mit Bild); Kunstchronik, NF 23, 1912, Sp. 519. – Fortunat S.-S.: Rathaus-Korrespondenz, 29. 4. 1967.
(Ch. Gruber – E. Lebensaft – J. Vybíral)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 278f.
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