Singer, Joseph (1841-1911), Kantor

Singer Joseph, Kantor. Geb. Hlinik, Ungarn (Bytča, Slowakei), 10. 10. 1841; gest. Wien, 23. 11. 1911; mos. – Sohn des Kantors von Hlinik (ab 1835) Israel S. („Srole Hlinik“, 1806–1897), Vater von Clara und Simon S. (beide s. u.). Vom Vater im traditionellen Synagogengesang unterrichtet, bildete S. seine Stimme in Prag und Wien weiter aus und war ab 1866 Kantor an der streng konservativen Synagoge in Beuthen (Bytom). Dort begann er mit der Veröff. zahlreicher hist. und krit. Aufsätze über den Synagogengesang, die er zeit seines Lebens fortsetzte. 1874 als Oberkantor an die neuerrichtete, fortschrittl. Synagoge in Nürnberg berufen (wo er als Komponist, aber auch als Sänger in Konzert- und Oratorienver. eine angesehene Stellung einnahm), wurde S. 1881 in der Nachfolge Salomon Sulzers und über Vermittlung Hanslicks (s. d.) Oberkantor am Wr. Stadttempel. Hier mußten seine eigenen Kompositionen vor den eingeführten Werken Sulzers zurücktreten, und S. widmete sich mehr der Forschung sowie publizist. und organisator. Tätigkeit (u. a. als Begründer und Präs. des „Oesterreichisch-ungarischen Kantorenvereins“). In seiner Schrift über die Tonarten des traditionellen Synagogengesangs stellte er ein System von drei grundlegenden synagogal. Tonleitern („Steigern“) auf, das als einer der ersten Versuche dieser Art gelten kann und, wenn auch in vielen Einzelheiten stark modifiziert, bis heute nachwirkt. 1908 k.Rat. Seine Tochter, die Sängerin Clara S. (gest. Salzburg, Sbg., 22. 10. 1967), wurde 1908 die zweite Gattin des Operettenkomponisten Oscar Straus (1870–1954).Sein Sohn Simon S. (geb. Beuthen, 24. 2. 1870; gest. Nietleben/Halle an der Saale, Dtld., 18. 9. 1931) stud. 1887–90 am Wr. KdM Klavier und Kontrapunkt und war –zunächst Opernsänger – ab 1901 Kantor in Kattowitz (Katowice), nach dem Ersten Weltkrieg Oberkantor in Halle. W. (auch s. u. Sendrey): Die Tonarten des traditionellen Synagogengesanges (Steiger), ihr Verhältnis zu den Kirchentonarten und den Tonarten der vorchristl. Musikperiode; etc. – Simon S.: s. u. Sendrey.

L.: NFP, 24. 11. 1911; Hdb. jüd. AutorInnen; Universal Jew. Enc.; Wininger (auch für Simon S.); Dtld.s, Österr.- Ungarns und der Schweiz Musiker …, 1. Ausg. 1909 (m. B.); Die Wahrheit, 1911, Nr. 39f., 46; Dr. Bloch’s Oesterr. WS 28, 1911, Nr. 41, 48; Lebensbilder berühmter Kantoren, ed. A. Friedmann, 1, 1918, S. 170ff., 3, 1927, S. 9f. (m. B.); A. Sendrey, Bibliography of Jewish Music, 1951 (auch für Simon S.). – Israel S.: Lebensbilder …, 3, 1927, S. 49ff. (auch für Simon S.). – Clara S.:F.Mailer, Weltbürger der Musik, 1985, s. Reg. – Simon S.: Dtlds. … Musiker …, 2. Ausg. 1910 (m. B.).
(H. Avenary – H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 297
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