Sonnenthal, Adolf von (1832-1909), Schauspieler und Regisseur

Sonnenthal Adolf von, Schauspieler und Regisseur. Geb. Pest (Budapest, Ungarn), 21. 12. 1832 (1833, 1834); gest. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 4. 4. 1909; mos. –Sohn eines Schnittwarenhändlers, Bruder von Samuel S. (s. d.), Vater von Hermine v. S. (s. u.), Onkel von Hans Friedrich S. (s. u. Samuel S.), ab 1860 verehel. mit Pauline, geb. Pappenheim. Auf Wunsch seiner 1848 verarmten Eltern absolv. S. eine Schneiderlehre in Pest und kam 1850 als Geselle nach Wien, wo der Besuch des Hofburgtheaters ihm den entscheidenden Anstoß gab, Schauspieler zu werden. Nachkurzer Zeit als Statist am Burgtheater debüt. er 1851 in Temesvar (Timişoara). Esfolgten Engagements 1852–54 in Hermannstadt (Sibiu), 1854–55 in Graz und 1855–56in Königsberg (Kaliningrad), ehe er 1856 am Burgtheater gastierte. Trotz umstrittener Leistung von H. Laube (s. d.) engag., wurde S. bereits 1859 Hofschauspieler, feierte große Erfolge als Salonliebhaber und Bonvivant und war in dieser Eigenschaft auch inmod. Belangen maßgebl. (S.-Zylinder, S.-Krawatten etc.). In trag. Rollen zunächstweniger erfolgreich, erarbeitete sich S. auchdas klass. Fach (sein Clavigo galt international als mustergültig). Der Ende der 1870er Jahre erfolgte Wechsel ins ältere Charakterfach brachte ihm neuerl. Triumphe, etwa als Risler in „Fromont junior und Risler senior“ von Alphonse Daudet und Adolphe Belot und als Fabricius in Adolf Wilbrandts „Die Tochter des Herrn Fabricius“. Nun folgten auch seine wohl bedeutendsten Leistungen als Wallenstein, Learund Nathan. Während seines 53jährigen Wirkens am Burgtheater war S. in über 400 Rollen zu sehen, deren Spektrum vom Bie dermeierlustspiel bis zum naturalist. Stück reichte. Gastspiele führten ihn bis nach Rußland (1884, 1900) und in die USA (1885, 1899, 1902). 1870 wurde er Regisseur, 1884 Oberregisseur. Als interimist. Dir. (1887–88, 1889–90) leitete er die Übersiedlung vom alten ins neue Burgtheater. Auch literar. tätig, übers. er u. a. George Sands „Marquis von Villemer“ und verf. gem. mit Friedrich Gustav Triesch das Schauspiel „Ein Anwalt“. Zu seinen Schülern zählten u. a. Alexander Strakosch und Raoul Aslan. S. erhielt hohe österr. (Ordender Eisernen Krone III. Kl., 1881, Komturkreuz des Franz-Josef-Ordens, 1906) undausländ. Orden und wurde 1881 in den Ritterstand erhoben. Seine Tochter Hermine v. S. (geb. Wien, 1. 11. 1863; gest. ebd., 12. 6. 1922) trat als Schriftstellerin hervor. Sie ed. den Schriftwechsel ihres Vaters (2 Bde., 1912), verf. Feuilletons für die „Neue Freie Presse“ und veröff. Märchen. Für das Burgtheater übers. sie „Das letzte Ideal“ (1893) von Ernest L’Epine und Daudet. Eine Enkelin S.s, Luise (Luzi, Luzy) v. S. (geb. Wien, 20. 6. 1900; gest. Hollywood/USA, 29. 1. 1962), war Sängerin, Pianistin und Schauspielerin. Seit 1924 mit dem Komponisten Erich Wolfgang Korngold verehel., emigrierte sie 1936 in die USA. Sie verf. die Biographie „Erich Wolfgang Korngold. Ein Lebensbild“ (1967). Eine weitere Enkelin, Helene v. S. (1893–1953), wirkte als Schauspielerin in Meiningen, Mähr. Ostrau (Ostrava), Wien und Berlin.

L.: Illustrirtes Wr. Extrabl., 27. 5. 1906, 27. 3. 1921; NFP, 5. (auch A.), 8. (A.), Prager Tagbl., FB, 5., Wr.Bilder, 14. (m. B.), Staats-Ztg. (New York), 18. 4. 1909;Alth, Burgtheater, s. Reg.bd., S. 309; Czeike; Eisenberg, Bühne; Wurzbach; I. Reich, Beth-El. Ehrentempel verdienter ung. Israeliten, 2. Aufl. 1868, S. 305ff.; L. Eisenberg, A. S., 1896 (m. B.); A. v. S. Fünfzig Jahre im Wr.Burgtheater, 1906 (m. B.); J. Lewinsky, in: Neuer Theater-Almanach 18, 1907, S. 61ff.; L. Speidels Schriften, ed. H. Wittmann, 4, 1911, S. 170ff., 224ff.; F. Salten, Gestalten und Erinnerungen, 2. Aufl. 1913, S. 189ff.; H. Richter, Schauspieler-Charakteristiken (= Theatergeschichtl. Forschungen 27), 1914, s. Reg.; J. Minor, Aus dem altenund neuen Burgtheater, 1920, S. 48ff.; F. v. Dingelstedt, Aus der Briefmappe eines Burgtheaterdir., 1925, s. Reg.;O. M. Fontana, Wr. Schauspieler von Mitterwurzer bis M. Eis, 1948, S. 28ff.; Menschen, Schicksale, Monumente. Döblinger Friedhof Wien, 1990, s. Reg.; R. Lothar, S., o. J. (m. B.); Ztg.ausschnittsmlg., Teilnachlaß, beideÖsterr. Theatermus., IKG, beide Wien. – Hermine v. S.: Wininger (s. u. Adolf v. S.); Materialiensmlg. ÖBL, Wien.
(E. Offenthaler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 424
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