Tarnowski, Jan Felix Amor Gf. (1777–1842), Historiker, Kunstsammler und Politiker

Tarnowski Jan Felix Amor Gf., Historiker, Kunstsammler und Politiker. Geb. Dzików, Galizien (Tarnobrzeg-Dzików, PL), 6. 5. 1777 oder 1779; gest. ebd., 3. 5. 1842; röm.-kath. Sohn von Jan Jacek Gf. T. und Rozalja Gfn. T., geb. Czacka, Vater von Jan Bogdan Gf. T. (1805–1850), Großvater von Jan Dzierżysław Gf. T. (s. u.) und →Stanisław Gf. T.; ab 1800 verehel. mit der Malerin Waleria Gfn. T., geb. Gfn. Stroynowska (1782–1849). – T. wurde von seinem Onkel Tadeusz Czacki, einem Vertreter der poln. Aufklärung, erzogen. 1803–04 lebte er in Italien. 1806 wurde er Mitgl. des galiz. Zentralrats, nach Schaffung des Hg.tums Warschau (1807) Mitgl. der Delegation zur Aushandlung der Grenze zwischen dem Hg.tum und Galizien. 1813 hielt er sich gem. mit Stanisław Zamoyski in Paris auf, um den Eid auf den Zaren und vorgesehenen Kg. von Polen Alexander I. abzulegen. Im Kg.reich Polen (Kongresspolen) fungierte er 1815–25 als Referent des Staatsrats, 1818–31 als Kastellan und Senator und war ab 1822 Mitgl. der Regierungskomm. für öff. Bildung und Religion. Während des Novemberaufstands (1830/31) gegen die russ. Herrschaft zog er sich auf die Familienresidenz in Dzików zurück. Dort wirkte T. als Historiker und Schriftsteller: Schon in der Jugend hatte er dichter. Arbeiten verf. und klass. Autoren (Cicero) übers., sein Aufenthalt in Italien verstärkte sein Interesse für Bücher sowie Kunstwerke. In Rom unterhielt er Kontakte zu Angelika Kauffmann und →Antonio Canova. Seine bedeutende, gem. mit seiner Frau v. a. in Italien und Frankreich (1815) erworbene Kunstsmlg. verwahrte er in Dzików; die Residenz ließ er 1831–35 vom Barockschloss zur neugot. Schloss- und Parkanlage um- und im Sinne eines Mus. zur Wahrung des nationalen Kulturerbes ausbauen. Sein Ruf als Büchersammler und -kenner brachte ihm den Respekt der Zeitgenossen ein. Von der Ges. der Freunde der Wiss. für die Fortführung der „Historia narodu polskiego“ von Adam Naruszewicz vorgesehen, verf. er eine unveröff. gebliebene Geschichte des ersten poln. Interregnums und der Herrschaft von Henri de Valois. T. war ab 1812 Mitgl. der Warschauer Ges. der Freunde der Wiss. (Warszawskie Towarzystwo Przyjaciół Nauk), Ritter I. Kl. des Ordens des hl. Stanislaus sowie Ritter I. Kl. des Ordens der hl. Anna. Sein Enkel Jan Dzierżysław Gf. T. (geb. Horochów, Russland / Horochiv, UA, 11. 1. 1835; gest. Dzików, 11. 5. 1894; röm.-kath.), Vater von →Adam Gf. T., ab 1861 mit Sophie Gfn. Zamoyska verehel., war 1863 während des Jänneraufstands gegen die russ. Herrschaft Mitgl. des geheimen Prov.rats von Westgalizien, später Mitgl. der Komm. für Westgalizien. Jan Dzierżysław T., der in Verbindung mit den Krakauer Konservativen (Stańczyken) stand, war ab 1867 Abg. im galiz. LT (Sejm Krajowy) und 1886–90 Landesmarschall. Als solcher trug er dazu bei, die Überstellung der Gebeine des poln. Nationaldichters Adam Mickiewicz 1890 von Paris nach Krakau (Kraków) durchzusetzen, indem er K. →Franz Joseph I., der dagegen opponierte, gem. mit dem galiz. Statthalter →Kasimir Felix Gf. Badeni seinen Rücktritt anbot. Ab 1869 fungierte er als Abg. im RR, ab 1881 war er Mitgl. des HH auf Lebenszeit. Weiters engagierte er sich in der galiz. Regionalpolitik (Mielec, Tarnobrzeg) und war 1885–86 sowie 1891–94 Vors. des Krakauer Komitees der Landwirtschaftsges.

W.: s. Wurzbach.
L.: Wurzbach (m. W.); K. Koźmian, Rys życia J. F. hrabiego T., 1842, Neuaufl. 2003 (m. B.); Enc. Powszechna 25, 1867; St. D. Cieszkowski, Senatorowie Księstwa Warszawskiego i Królestwa Kongressowego 1807–1815–1831, 1891, S. 65; M. Marczak, Bibl. T. w Dzikowie, 1921; T. Manteuffel, Centralne władze oświatowe na terenie B. Królestwa Kongresowego (1807–1915), 1929, S. 100f.; K. Grottowa, Zbiory sztuki J. F. i Walerii T. w Dzikowie 1803–49, 1957; The Dictionary of Art 30, 1996; Wielka Enc. PWN 27, 2005; A. Janas, in: Tarnobrzeg. Dzieje miasta 1593–1939, red. F. Kiryka, 2005, S. 585f. (m. B.). – Jan Dzierżysław Gf. T.: M. Kukiel, Dzieje Polski porozbiorowe 1795–1921, 1961, S. 453; Wielka Enc. PWN 27, 2005.
(Ch. Augustynowicz)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 203f.
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