Türkheim, Ludwig Frh. von (1777–1846), Mediziner

Türkheim Ludwig Frh. von, Mediziner. Geb. Wien, 14. 5. 1777; gest. ebd., 14. 4. 1846; röm.-kath. Sohn von Karl Ludwig Frh. v. T., HR beim Hofkriegsrat, ab 1796 Staatsrat, Vater von Ludwig Johann Nepomuk Frh. v. T.-Geißlern (s. u.) und von Karl (Carl) Frh. v. T. (Türckheim) (geb. 12. 5. 1821; gest. Königsfeld bei Brünn, Mähren / Brno, CZ, 6. 9. 1901), der in den diplomat. Dienst eintrat und u. a. als Legationsrat bei den Gesandtschaften in Den Haag und Bern wirkte; verheiratet mit Angelica Freiin Dubaine-Malleschamps (1794–1835). – T. stud. ab 1796 Med. in Wien, u. a. als Schüler von →Johann Frank; 1800 Dr. med. Zunächst betrieb er eine Praxis und wirkte als Leibarzt der Familie von Erzhg. →Franz Karl. 1811 wurde er – offenbar auf Intervention seines Vaters – Mitarb. des Protomedicus →Joseph Andreas Frh. v. Stifft. Diese Beamtenlaufbahn führte T. über den Vizedir. der med. Fak. und die Stelle des med. Referenten bei der Stud.hofkomm. 1817 und 1829 zum Rektor der Univ. Wien. Er stand im Ruf, der „zweite van Swieten“ und gleichsam der Vater der Zweiten Wr. Med. Schule zu sein: U. a. konstituierte sich 1837 in seiner Wohnung die heute noch bestehende Ges. der Ärzte, 1840 errichtete er für →Josef v. Skoda die sog. Abt. für Brustkranke im AKH, →Ferdinand v. Hebra konnte dank T. 1842 erstmals klin. Kurse über Hautkrankheiten abhalten, 1846 gründete T. für →Ludwig Türck eine Nervenabt. Ebenso förderte bzw. initiierte er die Entwicklung von Spezialfächern, 1839 für Kinderkrankheiten, 1843 für Psychiatrie, 1844 für Hautkrankheiten. Ab 1836 bereitete er die neue Stud.ordnung vor, 1845 war der Entwurf ausgearbeitet, die endgültige Fertigstellung wurde durch T.s Tod verhindert. Auf T.s Plänen beruhte der 1848 von →Ernst Frh. v. Feuchtersleben vorgelegte Entwurf, der einen Paradigmenwechsel in der Weltmed. bedingte. Ab 1817 HR, war T. u. a. ab demselben Jahr Ehrenmitgl. der k. Akad. der Wiss. und Künste zu Padua, ab 1818 Mitgl. der Landwirtschaftsges. in Wien, ab 1819 der physikal. med. Sozietät zu Erlangen und ab 1830 k. M. der med.-botan. Ges. in London. Er erhielt 1838 das Kleinkreuz des St. Stephan-Ordens, war Kommandeur des Ordens vom Zähringer Löwen und Ritter des Verdienstordens der Bayer. Krone. Sein ältester Sohn Ludwig Johann Nepomuk (Johann Ludwig) Frh. v. T.-Geißlern, bis 1842 v. T. (geb. Wien, 25. 8. 1817; gest. Brünn, Mähren / Brno, CZ, 14. 1. 1891), verheiratet mit Elisabeth Freifrau v. T.-Geißlern, geb. Freiin Brenner v. Felsach, geb. 23. 1. 1820; gest. 2. 10. 1852), absolv. nach der Matura am Schottengymn. 1832–34 das Philosophicum und 1834–38 ein Jusstud. in Wien und ließ sich nach kurzer Tätigkeit in der nö. Verwaltung auf dem mähr. Familiengut Hoschtitz nieder, das er i. d. F. verwaltete. Er beteiligte sich aktiv am öff. Leben und war u. a. Mitgl. der Komm. zur Grundsteuereinschätzung für die Bez. Kremsier und Prerau. 1867–78 saß er im mähr. LT, wo er der Fraktion des verfassungstreuen Großgrundbesitzes angehörte.

L.: ADB (s. Türckheim); Lesky, s. Reg. (m. B.); Wurzbach; M. Sternberg, in: Meister der Heilkde. 6, 1924, S. 31ff.; K. Sablik, in: Ges. der Ärzte in Wien 1837–1987, ed. K. H. Spitzy, 1987, S. 10ff.; A. Ebenbauer u. a., Historie und Geist, 1998, S. 25; H. Tragl, Chronik der Wr. Krankenanstalten, 2007, s. Reg.; ders., Geschichte der Ges. der Ärzte in Wien seit 1838, 2011, s. Reg.; UA, Wien (m. B.). – Ludwig Johann Nepomuk Frh. v. T.-Geißlern: J. Malíř, Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918, 2012 (m. B.); UA, Wien.
(K. Sablik – H. Bergmann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 505f.
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