Urbański, Wojciech (Adalbert) Ritter von (1820–1903), Physiker, Mathematiker und Bibliothekar

Urbański Wojciech (Adalbert) Ritter von, Physiker, Mathematiker und Bibliothekar. Geb. Chodorów, Galizien (Chodoriv, UA), 28. 3. 1820; gest. Lemberg, Galizien (L’viv, UA), 25. 6. 1903. Sohn des verarmten adligen Großgrundbesitzers Jan Ritter v. U. und von Antonina v. U., geb. Woyna, Vater von Aureli Ritter v. U. (s. u.); in 1. Ehe mit Adele v. U., geb. Dobrzańska (gest. 1872), ab 1874 in 2. Ehe mit der Tochter von →Wincenty Pol v. Pollenburg verheiratet. – U. erhielt gem. mit seinen Geschwistern eine private Ausbildung und absolv. ab 1828 die Normalschule in Brzeżany sowie ab 1831 das Gymn. in Stanislau. Danach besuchte er die phil. Lehranstalt der Jesuiten in Tarnopol, wo sein mathemat. Talent erkannt und gefördert wurde. 1839–40 stud. er zunächst Jus an der Univ. Lemberg, wechselte jedoch 1840 an die phil. Fak. (bis 1845). Daneben verdiente er seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer bei aristokrat. Familien. 1846–47 stud. er Mathematik und Physik bei →Andreas Frh. v. Ettingshausen an der Univ. Wien, wo er auch Kontakte zu →Anton Schrötter v. Kristelli pflegte; 1847 Dr. phil. an der Univ. Wien. 1848 unterrichtete U. Phil., Mathematik und Physik am Gymn. in Przemyśl, 1849 wechselte er als Schreibkraft an die Univ.bibl. in Lemberg und unterrichtete daneben am Obergymn. 1850 habil. sich U. mit einer von →Christian Doppler hochgeschätzten Arbeit über Elektrostatik als Priv.Doz. für mathemat. Physik. 1857 Prof., erhielt er den Lehrstuhl für Physik an der Univ. Lemberg. Bereits 1852 zum Kustos der Univ.bibl. ernannt, fungierte er 1859–92 als deren Dir.; 1892 emer. U. befasste sich insbes. mit Elektrostatik und Galvanismus sowie mit Experimentalphysik, Astronomie, theoret. und angewandter Physik, mit Physiogeographie, Mikrobiol. sowie dem Gesundheitsschutz. Zu seinen bedeutendsten Forschungen zählen Beobachtungen und Messungen betreffend die Veränderungen des Magnetfelds der Erde („Magnetische Beobachtungen in Lemberg …“, 1858). Seine „Vorträge über höhere Physik“ (1857) sind fast ausschließl. der Elektrostatik gewidmet. Sein zweibändiges Lehrbuch der Physik für Gymn. („Fizyka umiejętna ze stanowiska najnowszych poglądów i odkryć wyłożona“, 1866–67) zählte zu den umfassendsten Werken dieser Art im Poln. U. übers. auch Publ. von Alexander v. Humboldt und →August Kunzek v. Lichton ins Poln. Darüber hinaus verf. er zahlreiche Artikel für Samuel Orgelbrands „Encyklopedja powszechna“ (2ff., 1859ff.) und veröff. Beitrr. u. a. in den Z. „Tygodnik Naukowy“, „Przewodnik Naukowy“, „Tydzień Literacki“, „Kosmos“, „Pamiętnik Towarzystwa Nauk Ścisłych w Paryżu“ sowie „Wiadomości Matematyczne“. Gem. mit Julian Zaborowski begründete er die Z. „Przyroda i Przemysł“. U. war ab 1850 Mitgl. der Galiz. Landwirtschaftl. Ges. (Galicyjske Towarzystwo Gospodarcze), ab 1850 Mitgl. und ab 1859 k. M. der Wiss. Ges. in Krakau (Towarzystwo Naukowe Krakowskie), ab 1858 Mitgl. der galiz. Gymn.prüfungskomm. sowie der physiograph. Komm. der PAU (Komisja Fizjograficzna PAU) und ab 1871 Ehrenmitgl. der poln. Ges. der Naturwiss. in Paris (Towarzystwo Nauk Ścisłych w Paryżu). Sein Nachlass befindet sich in der Bibl. der Univ. Lemberg. Sein Sohn, der Schriftsteller und Übers. Aureli Ritter v. U. (geb. Lemberg, Galizien / L’viv, UA, 27. 3. 1844; gest. ebd., 13. 6. 1901), schrieb Ged. („Szare ptaszę. Poezye“, 1871), Dramen und Komödien, die in Lemberger Theatern aufgef. wurden. Außerdem übers. er u. a. Ged. von Heinrich Heine („Atta Troll“, 1901; „Romancero“, 1901) und Richard Wagners „Lohengrin“, 1877 (2. Aufl. 1904) ins Poln. Weiters adaptierte er Stücke für die poln.sprachige Bühne (Shakespeare, „Die lustigen Weiber von Windsor“; Molière, „Tartuffe“).

Weitere W.: s. Dąbrowski; Referowski. – Aureli Ritter v. U.: Miatież, 4 Bde., 1863–95; Podlotek, 1867; Krytyczny pogląd na sprawę teatru polskiego we Lwowie, 1869; Poezje A. U., 1879; Utwory poetyczne, 1884; Z za kulis i ze świata …, 7 Bde., 1894–99. – Übers.: W. Shakespeare, Kupiec wenecki, 1874.
L.: Die Presse, 26., Gazeta Lwowska, 28. 6. 1903; Poggendorf 3, 4; Wurzbach; Słownik biologów polskich, 1987; S. Nicieja, Cmentarz Łyczakowski we Lwowie w latach 1786–1986, 1989, S. 371; Leks. historii Polski, ed. M. Czajka u. a., 1995; M. Dąbrowski, in: NAUKA 2, 2007, S. 151ff. (m. B. u. W.); L. Referowski, in: Biuletyn Informacyjny 24, 2010, S. 7ff. (m. W.); Deržavnyj archiv L’vivsʼkoji oblasti, L’viv, UA. – Aureli Ritter v. U.: Wurzbach; Dawni pisarze polscy od początków piśmiennictwa do Młodej Polski 5, 2004; Website eduteka.pl (Zugriff 7. 8. 2015).
(M. Nadraga – I. Nawrocka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 133f.
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