Weigl, Thaddäus (Thadé) (1776–1844), Kapellmeister, Verleger und Komponist

Weigl Thaddäus (Thadé), Kapellmeister, Verleger und Komponist. Geb. Wien, 8. 4. 1776; gest. Mariahilf, NÖ (Wien), 10. 2. 1844; röm.-kath. Sohn von Joseph W. und Anna Maria W., geb. Scheffstoß (beide s. u.), Bruder von →Joseph W., Vater von Peter Josef W.; ab 1799 verheiratet mit der Kammerdienerin Magdalena W., geb. Steinbauer. – Nach erstem Musikunterricht beim Korneuburger Chorregenten Sebastian Witzig, der bereits Vater und älteren Bruder unterrichtet hatte, setzte W. seine Stud., ebenfalls wie der Bruder, bei Johann Georg Albrechtsberger fort und verfolgte seine musikal. Ambitionen neben phil. (1792–95) und jurid. (1795/96) Univ.stud. weiter. Nachdem sich W. als Übers. und Arrangeur für Klavierauszüge beim 1795 neu gegr. K. K. Hoftheater-Musik-Verlag hervorgetan hatte, wurde er 1796 von →Peter Frh. v. Braun mit der Leitung des Verlags betraut und ab März des Jahres zu Werbezwecken auf ausgedehnte Geschäftsreisen geschickt. Bei seiner Rückkehr zum Hoftheaterkompositeur ernannt, schrieb er mehrere Singspiele und Ballette. In der ihm daraufhin übertragenen Funktion eines Adjunkten des Hoftheaterkapellmeisters wirkte er zugleich als Leiter des Hoftheater-Notenarchivs und der Hoftheaterkopiatur, um deren Organisation er sich verdient machte. 1803 wurde W. in der Nachfolge Franz Xaver Süßmayers zum 2. Kapellmeister am Kärntnertortheater befördert; ein Amt, in dem er seinen Bruder regelmäßig zu vertreten hatte. Parallel erwarb W., unterstützt durch ein Empfehlungsschreiben Joseph Haydns 1801, die Kunsthändlerbefugnis, dank derer er sich als Musikalienhändler selbstständig machen und einen eigenen Musikverlag gründen konnte. Die erste Annonce der unter seinem Namen geführten Kunst- und Musikalienhandlung am Graben im Kollerischen Haus datiert aus dem Mai 1803; seine Erzeugnisse schließen sich eng an die des Hoftheater-Musik-Verlags an. Zunehmend konzentrierte sich W. auf das Verlagsgeschäft, mit dem er sich neben den großen Wr. Musikverlegern behaupten konnte. Abgesehen von den Werken seines Bruders brachte er v. a. Musik weiterer lebender Wr. Komponisten heraus, darunter Originalausg. von Liedern →Franz Schuberts. Ein Schwerpunkt des Verlagsprogramms lag überdies auf Klavierauszügen und anderen Bearb. des zeitgenöss. Wr. Opernrepertoires. Mit der 1804 ins Leben gerufenen R. „Pot Pourri für das Forte-Piano“ war er einer der Ersten, die in Wien die Mode der musikal. Periodika, Smlgg. und Anthol. etablierten. Nachdem W. das Geschäft an seinen Sohn Peter Josef W. übertragen hatte, wurde die Fa. 1832 aufgelöst; die Bestände gingen an die Häuser Diabelli, Artaria und Leidesdorf über. W.s Vater Joseph (Franz) W. (geb. Bayern/D, 19. 5. 1740; gest. Wien, 25. 1. 1820) war Erster Violoncellist an der fürstl. Kapelle am Hof der Esterházy in Eisenstadt, wo er Anfang Juni 1761 auf Vorschlag Haydns von Fürst Paul II. Anton bestallt worden war. Ihn verband eine lebenslange Freundschaft mit Haydn, dessen virtuoses C-Dur-Cellokonzert Hob. VIIb:1 (1765) und die umfängl. und anspruchsvollen Cello-Solo-Passagen der Sinfonien Hob. I:6–8 (1761) sowie Hob. I:13, 31, 36 und 72 (1761–65) auf sein versiertes Spiel zugeschnitten sind; zudem übernahm er den Violoncello-Part in Haydns kammermusikal. Werken. 1769 übersiedelte Joseph W. mit seiner Familie nach Wien, wo er als Erster Cellist an die italien. Oper im Hoftheater nächst dem Kärntnertor engag. wurde, aber auch bei öff. und privaten Darbietungen von Kammermusik (vornehml. Haydns) mitwirkte. 1792 wechselte er in die Dienste der Hofkapelle und erhielt den Titel eines k. k. Hof- und Kammermusikus; →Antonio Salieri schlug ihn 1792 und 1794/95 als Solisten für die k. Tafelmusiken vor. Er komponierte Musik für Gitarre und Csakan. 1818 wurde er mit der Goldenen Civil-Verdienstmedaille geehrt. Joseph W. war in 1. Ehe mit Anna Glanz (Glatz), ab 1764 mit der Sopranistin Anna Maria (Josepha) W., geb. Scheffstoß (geb. Eisenstadt, Ungarn/Bgld., 24. 6. 1742; gest. Wien, 30. 11. 1824), verheiratet. Die Tochter des fürstl. esterházyschen Oberbuchhalters und Sekr. Anton Scheffstoß wurde 1760 als „Chor- und Cameral-Singerin“ ins Eisenstädter Sängerensemble aufgenommen, zunächst in den Kirchenchor, dann in die Operntruppe. Hier brillierte sie u. a. mit Rollen wie der Partie der Galatea in Haydns „Acide“ (1763) und der der Gasparina in Haydns „La canterina“ (1766); im Frühjahr 1768 übernahm sie das Sopran-Solo in Haydns „Stabat mater“ (1767). 1769 wurde sie an die Hoftheater übernommen, wo sie v. a. in Glucks „Alceste“ und „Iphigenia“ Triumphe feierte. 1773 zog sie sich von der Bühne zurück.

W.: Singspiele: Die Marionettenbude oder der Jahrmarkt zu Grünwalde (Text: K. F. Hensler), Idoli, Omar oder der schönste Sieg (Text: F. Rochlitz); Ballette: Die Unterhaltung auf dem Lande, Cyrus und Tomyris, Die Waise der Berghöhle, Verlegenheit durch Zufälle, Die verliebten Thorheiten, Der Tyroler Jahrmarkt, Bacchus und Ariadne.
L.: ADB; MGG I (s. u. Joseph W.), II; Wurzbach; A. Weinmann, Verzeichnis der Musikalien aus dem K.  K.  Hoftheater-Musik-Verlag, 1961; A. Weinmann, Verzeichnis der Musikalien des Verlages Thadé W., 1982; Hofburgpfarre, UA, beide Wien. – Joseph W.: H. C. Robbins Landon, Haydn: Chronicle and Works 1ff., 1977ff., s. Reg. (auch für Anna Maria W.). – Anna Maria W.: F. Grasberger, Joseph W., phil. Diss. Wien, 1938, S. 24.
(F. Kolb)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 54f.
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