Abel, Emil; bis 1882 Abeles (1875–1958), Chemiker

Abel Emil, bis 1882 Abeles, Chemiker. Geb. Wien, 2. 6. 1875; gest. London (Vereinigtes Königreich), 3. 4. 1958; mos. Sohn von Rosa Hermine Abeles (Abel), geb. Bondi (geb. Prag, Böhmen / Praha, Tschechien, 29. 1. 1846; gest. Wien, 8. 5. 1923), und dem Hof- und Gerichtsadvokaten Dr. Alexander Abeles (geb. Tscheraditz, Böhmen / Čeradice, Tschechien, 13. 5. 1837; gest. Mauer, Niederösterreich/Wien, 29. 8. 1877), Bruder von →Paul Abel, Vater u. a. von Stefan Alexander Abel (geb. Wien, 2. 2. 1915; gest. London, 3. 2. 1992), der 1938 von der Juridischen Fakultät der Universität Wien ausgeschlossen wurde; ab 1911 in 1. Ehe verheiratet mit Camilla (Milla) Abel, geb. Adler (geb. Wien, 13. 3. 1885; gest. London, 25. 1. 1943), ab 1956 in 2. Ehe mit Edith Abel, geb. Mautner. – Abel studierte nach seiner Matura (1893) an der Chemischen Fachschule der Technischen Hochschule in Wien. 1895–96 leistete er das Einjährig-Freiwilligen-Jahr ab. Nach der 1898 absolvierten 2. Staatsprüfung in Wien studierte er Naturwissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen, u. a. bei Walter Nernst; 1901 Dr. phil. Danach praktizierte Abel im Laboratorium der Siemens & Halske AG in Wien. 1905 habilitierte er sich an der dortigen Technischen Hochschule für physikalische Chemie und Elektrochemie, 1909 an der Philosophischen Fakultät der Universität für Chemie mit besonderer Berücksichtigung der physikalischen Chemie. 1911 tit. ao. Professor, wurde Abel 1915 mit der Supplierung von Vorlesungen aus theoretischer und physikalischer Chemie betraut. Erst gegen Ende des 1. Weltkriegs wurde er eingezogen. 1918 zum ao. Professor für physikalische Chemie an der Technischen Hochschule in Wien ernannt, übernahm er 1919 die Leitung des anorganisch-chemischen Notlaboratoriums. Abel führte die physikalische Chemie in den universitären Unterricht ein und betrieb die Gründung eines eigenständigen Instituts für dieses Fach. 1922 folgte er gemeinsam mit etlichen Kollegen einer Einladung nach Utrecht, um mit Wissenschaftlern aus den ehemals feindlichen Ländern wieder Beziehungen zu knüpfen. 1923 zum o. Professor für physikalische Chemie berufen, erhielt er zudem die Leitung des neu errichteten Physikalischen Instituts an der Technischen Hochschule. 1938 wurde er aus „rassischen“ Gründen all seiner universitären Funktionen enthoben. Erst im Februar 1939 flüchtete er nach Großbritannien, nachdem im September 1938 zwar seine Ehefrau, seine Tochter und sein Bruder Paul ausreisen durften, ihm selbst die Auswanderung aber verboten worden war. In London war Abel bis 1940 als Forschungschemiker der Palestine Potash Ltd. an einem Laborplatz des University College tätig, anschließend als Leiter des Research Departments der Ever Ready Company Ltd. 1946 erhielt er die britische Staatsbürgerschaft. Nach dem 2. Weltkrieg intensivierte er als Gastvortragender an der Technischen Hochschule in Wien erneut seine Zusammenarbeit mit dem Institut für Physikalische Chemie. 1948 trat er in den Ruhestand. Gemeinsam mit →Rudolf Wegscheider zählt Abel zu den bedeutendsten Physikochemikern Österreichs vor dem 2. Weltkrieg. Abel forschte auf dem Gebiet der chemischen Thermodynamik, der chemischen Kinetik sowie der theoretischen Elektrochemie. Bekanntheit hatte er bereits um 1923 mit Studien über das Schwere Wasser, den Isotopeneffekt und das Deuterium erlangt. Er war ab 1909 Mitglied des Patentamts, ab 1929 korrespondierendes Mitglied im Inland der Akademie der Wissenschaften in Wien (1939 ausgetreten, um einem Ausschluss zuvorzukommen, ab 1945 korrespondierendes Mitglied im Ausland), ab 1935 Mitglied der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, ab 1936 Mitglied des Patentgerichtshofs, ab 1945 Member und ab 1947 Fellow der Royal Institution of Chemistry sowie ab 1948 Ehrenmitglied des Vereins Österreichischer Chemiker. 1916 erhielt er den Haitinger-Preis der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, 1949 das Goldene Ingenieurdiplom der Technischen Hochschule in Wien.

W. (s. auch Poggendorff 5, 1926, 6/1, 1936, 7a/1, 1956, 8/1, 1999; Kaiser): Theorie der Hypochlorite. Eine physikalisch-chemische Studie, 1904.
L.: O. Kratky, k. M. Emil Abel, in: Almanach Wien 110, 1961, S. 417ff.; F. Halla, Emil Abel zum 60. Geburtstag, in: Österreichische Chemiker-Zeitung 38, 1935, S. 90ff.; F. Halla, Emil Abel zum 75. Geburtstag, in: Österreichische Chemiker-Zeitung 51, 1950, S. 91f.; O. Redlich, Emil Abel, in: Österreichische Chemiker-Zeitung 59, 1958, S. 149f.; 150 Jahre Technische Hochschule in Wien 2, ed. H. Sequenz, 1965, S. 192; G. Gaugusch, Wer einmal war, A–K, 2011, S. 9; M. Kaiser, Die Geschichte der Lehrkanzel für Technische Elektrochemie an der Technischen Hochschule Wien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, techn. DA Wien, 2011, S. 63ff. (mit Bild und W.); Emil Abel, kMI 1929, kMA 1945, in: Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Zugriff 9. 1. 2023); UA Wien / PH PA 879 Abel, Emil, Senat S 304.1 Abel, Emil; TU Wien / PA Abel Emil, RZl. 1309/ 1946, 1429/ 1955, 1733/ 1937/38; WStLA / Akt 2.5.1.4.K11.Abel Emil.2.6.1875.
(Rudolf Werner Soukup)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)