Abel, Paul; bis 1882 Abeles (1874–1971), Jurist

Abel Paul, bis 1882 Abeles, Jurist. Geb. Wien, 21. 3. 1874; gest. London (Vereinigtes Königreich), 10. 5. 1971; mos. Sohn des Hof- und Gerichtsadvokaten Dr. Alexander Abeles (geb. Tscheraditz, Böhmen / Čeradice, Tschechien, 13. 5. 1837; gest. Mauer, Niederösterreich / Wien, 29. 8. 1877) und dessen Frau Rosa Hermine Abeles (Abel) (geb. Prag, Böhmen / Praha, Tschechien, 29. 1. 1846; gest. Wien, 8. 5. 1923), geb. Bondi, Bruder von →Emil Abel; ab 1902 in 1. Ehe verheiratet mit Hedwig Abel, geb. Bachrach (gest. 1929), der Tochter von →Adolf Bachrach, ab 1939 in 2. Ehe mit Frances Fanny Abel, geb. Löwner. – Abel besuchte das Gymnasium Wasagasse in Wien und studierte ab dem Wintersemester 1892/93 Rechtswissenschaften an der Universität Wien; 1899 Dr. iur. sub auspiciis Imperatoris. Danach war er Konzipient bei Joseph Ludwig Brunstein, ab 1902 bei seinem Schwiegervater. Ab 1904 Advokat, fungierte er zunächst als Sozius seines Schwiegervaters, ehe er gemeinsam mit dessen Sohn Franz Karl Bachrach die in der Rosenbursenstraße in Wien 1 gelegene Kanzlei übernahm. Sie zählte u. a. Mitglieder des Kaiserhauses und andere Hochadlige sowie in- und ausländische Großindustrielle zu ihrer Mandantschaft. 1912–38 Vizepräsident und Ausschussmitglied der Wiener Rechtsanwaltskammer, engagierte sich Abel außerdem als Sekretär der Wiener Juristischen Gesellschaft, in der Niederösterreichischen Advokatenhilfskasse, als Mitglied der judiziellen Staatsprüfungskommission und der Prüfungskommission für Patentanwälte sowie des Obereinigungsamts beim Sozialministerium und des Spruchsenats der Finanzlandesdirektion Wien. 1938 musste Abel nach London emigrieren. Ab 1941 war er Vorstandsmitglied der dort im selben Jahr von Julius Meinl III. gegründeten Austrian Democratic Union (ADU), einer Vereinigung bürgerlich-liberaler Exilösterreicher. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der ADU gründete er 1943 eine österreichische (Exil-)Sektion der New Commonwealth Society of Justice and Peace. Abel etablierte sich in London als Berater für ausländisches und internationales Immaterialgüterrecht und kehrte nicht mehr dauerhaft nach Österreich zurück. 1947 wurde er britischer Staatsbürger und im selben Jahr Vorsitzender der Study Group of Austrian Lawyers in Great Britain. Abel beschäftigte sich mit aktuellen Fragen des geistigen Eigentums („Kinematographie und Urheberrecht“, 1914; „Rundfunk und Urheberrecht“, 1925) und verfasste das großangelegte Handbuch „System des österreichischen Markenrechts“ (1908). Er blieb bis ins hohe Alter publizistisch tätig, etwa als ständiger Mitarbeiter des „Archivs für Urheber- Film- Funk- und Theaterrecht“ (UFITA). Als Experte wirkte er auch an der österreichischen Gesetzgebung der Zwischenkriegszeit mit: dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb 1923, der Patentgesetznovelle 1925, den Markenschutznovellen 1928 und 1934 sowie dem Urheberrechtsgesetz 1936. 1928 und 1947 war Abel Mitglied der österreichischen Delegation bei Konferenzen zur Revision der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, des bis heute grundlegenden völkerrechtlichen Vertrags über internationales Urheberrecht. Er hatte außerdem führende Positionen in mehreren internationalen Gesellschaften inne, die sich mit Immaterialgüterrecht beschäftigten, z. B. als Vorstandsmitglied der Association internationale pour la protection des œuvres littéraires et artistiques oder als Vizepräsident der österreichischen Landesgruppe der Association internationale pour la protection de la propriété industrielle. Ab 1947 fungierte er als Vorstandsmitglied der International Law Association. 1964 erhielt Abel das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Er war weiters Ehrenmitglied der Österreichischen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht.

L.: Hdb. der Emigration; M. Ehrlich, Die Disputationen und Promotionen sub auspiciis imperatoris an der Wiener Universität, phil. Diss. Wien, 1949, S. 129; F. Schönherr, in: Archiv für Urheber- Film- Funk- und Theaterrecht 42, 1964, S. 4ff.; F. Schönherr, in: Österreichische Blätter für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 20, 1971, S. 61; H. Maimann, Politik im Wartesaal, 1975, S. 99; G. Gaugusch, Wer einmal war. A–K, 2011, S. 9; B. Sauer – I. Reiter-Zatloukal, Advokaten 1938, 2. Aufl. 2022, S. 173; WStLA, Wien.
(Christoph Schmetterer)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)