Adamovich Ludwig, bis 1919 Adamovich Freiherr von Csepin, Jurist. Geb. Essegg (Osijek, Kroatien), 30. 4. 1890; gest. Wien, 23. 9. 1955 (Ehrengrab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Johann Adamovich Freiherr von Csepin und dessen Frau Gisela Adamovich Freifrau von Csepin, geb. Szallopek, Vater des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (1984–2002) Ludwig Karl Adamovich (geb. Innsbruck, Tirol, 24. 8. 1932; gest. Wien, 16. 6. 2024); ab 1927 verheiratet mit Emma Adamovich, geb. Hofmann (geb. 6. 4. 1900; gest. 27. 1. 1987). – Aus einer 1714 in den ungarischen Adelsstand erhobenen Offiziersfamilie stammend und ab seinem dritten Lebensjahr in Wien lebend, maturierte Adamovich 1908 am Jesuitenkolleg in Kalksburg und begann im selben Jahr ein rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Wien; Dr. iur. 1913. Im 1. Weltkrieg diente er als Artillerieoffizier (zuletzt Oberleutnant) an mehreren Fronten. Er trat 1918 in den Verwaltungsdienst des Landes Niederösterreich und 1920 in den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts ein und wirkte u. a. an der Landesverfassung für Niederösterreich mit. Obwohl der reinen Rechtslehre fernstehend und generell mehr der Rechtspraxis als der Rechtstheorie zugewandt, lud ihn →Hans Kelsen ein, sich an der Universität Wien zu habilitieren, was 1924 mit der Arbeit „Die Prüfung der Gesetze und Verordnungen durch den österreichischen Verfassungsgerichtshof“ erfolgte. 1927 zum Professor an der Deutschen Universität in Prag ernannt, wechselte Adamovich schon 1928 an die Universität Graz und fungierte hier 1932/33 als Dekan. Von katholisch-großösterreichisch-monarchistischer Gesinnung (sein Traupriester war →Ignaz Seipel), wirkte er an der Verfassungsnovelle 1929 mit und wurde 1930 in den Verfassungsgerichtshof berufen, dem er bis zu dessen Auflösung 1934 angehörte. Den Verfassungsbruch durch →Engelbert Dollfuß kritisierte er und hatte an der Entstehung der Maiverfassung von 1934 keinen Anteil, war aber Mitglied zweier aufgrund dieser Verfassung eingerichteten Organe, des Staatsrats und des Bundestags, und hatte u. a. an der Entstehung des Hochschulerziehungsgesetzes von 1935 wesentlichen Anteil. Ab 1934 o. Professor an der Universität Wien und 1935/36 Dekan, wurde Adamovich 1938 kurz vor dem „Anschluss“ zum Bundesminister für Justiz ernannt, quasi als Gegengewicht zu dem gleichzeitig zum Innenminister ernannten →Arthur Seyß-Inquart, musste aber schon bald von seinem Amt zurücktreten. Vom NS-Regime in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, publizierte und lehrte er 1938–45 nicht; lediglich für seine Mithilfe bei der Einrichtung zweier Institute an der Wiener Fakultät wurde ihm eine Ehrenremuneration gewährt. Bereits im April 1945 zum Rektor der Universität Wien gewählt (bis 1947), nahm er sogleich seine Lehr- und Forschungstätigkeit als o. Professor wieder auf und diente der provisorischen Staatsregierung unter →Karl Renner als juristischer Berater (u. a. Entwurf der Überleitungsgesetze 1945). Nach Wiedererrichtung des Verfassungsgerichtshofs im Oktober 1945 wurde er zu dessen Vizepräsidenten und 1946 zum Präsidenten ernannt und leitete dieses Gericht bis zu seinem Ableben. V. a. mit seinem Engagement in den Anfangsjahren der 2. Republik erwarb er sich bleibende Verdienste, seine Lehrbücher hatten jahrzehntelang Standardcharakter. Adamovich wurde 1945 zum w. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt, ab 1949 gehörte er auch der Wiener Katholischen Akademie an. 1951 erhielt er das Ehrenzeichen der Universität Wien und 1954 das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich.