Adensamer, Egbert (1913–2000), Industrieller

Adensamer Egbert, Industrieller. Geb. 8. 1. 1913; gest. 14. 4. 2000. Urenkel von →Josef Adensamer d. Ä., Enkel von Moritz Adensamer (geb. 23. 6. 1838; gest. 28. 6. 1916), Sohn von Alexander Adensamer, Cousin von Friedrich (Fritz) Adensamer (1909–1999), Vater von Irene Hascha Adensamer, die die Firma ab 1977 als Geschäftsführerin leitete, und Helmut Adensamer, der der Färberei vorstand. – Adensamer trat 1938 gemeinsam mit seinem Cousin Fritz Adensamer als Gesellschafter in das Familienunternehmen ein, beide waren allerdings während des Kriegs einberufen. Adensamer zeichnete für die Produktionsabteilungen, den Garneinkauf und die Betriebsabrechnung verantwortlich. Fritz Adensamer leitete die Abteilungen Schlosserei, Tischlerei, Elektrik und Energieversorgung, weiters die Finanzbuchhaltung, die Personalabteilung und die Gebäudeinstandhaltung. Während des Kriegs stieg die Produktion wieder. Man stellte Winterhilfswerk-Abzeichen und Waren für die Wehrmacht unter Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen her. Nach dem Krieg löste die vollautomatische Breitweberei die Banderzeugung weitgehend ab. Man übernahm Lohnaufträge für die sowjetische Besatzungsmacht, die mit Rohmaterial bezahlt wurden. 1952 begann man in einer firmeneigenen Färberei mit der Garn- und schließlich mit der Stückfärberei. Mit Unterstützung aus dem European Recovery Program-Fonds wurde die Firma modernisiert, neue Webstühle angeschafft und die Produktion auf Futter- und Schirmstoffe verlegt. Man exportierte weltweit. Ende der 1950er-Jahre beschäftigte man rund 300 Personen. In den 1970er-Jahren verkaufte man die letzten Jacquard-Webstühle für Bänder an die Waldviertler Etikettenweberei und erzeugte ausschließlich Futterstoffe. Zur Firma gehörte neben der Färberei auch eine eigene Appretur, die beide durch Umstrukturierungen und Besitzerwechsel ausgegliedert wurden, aber als selbstständiger Textilveredelungsbetrieb in Groß-Siegharts verblieben: Gemeinsam mit der Seidenweberei Silz AG mit Sitz in der Nachbarortschaft Dietmanns gründete man 1969 die Textilverkaufsgesellschaft (TVG). Die Silz AG beteiligte sich an der Färberei, die 1973 in die neu gegründete Adensamer Färberei Betriebsgesellschaft eingebracht und 1976 an die TVG verkauft wurde. 1981 gingen die Weberei und der Anteil an der TVG in die neu gegründete Josef Adensamer & Cie. Seidenweberei AG ein. Den Vorstand der AG stellte Irene Hascha, den Aufsichtsratsvorsitzenden Fritz Adensamer. 1990 wurde die Josef Adensamer & Cie. Seidenweberei AG an die Silz AG verkauft und 1992 die Produktion der Futterstoffweberei eingestellt.

L.: H. Rauscher, Die Industrie des Waldviertels, in: Das Waldviertel 6, ed. E. Stepan, 1931, S. 155; R. Schierer, Groß-Sieghartser Pfarrgeschichte 4, 1959, S. 50, 63ff. (mit Bild); Die Städte Niederösterreichs, red. F. Goldmann, 3, R–Z, 1982; A. Komlosy, Waldviertler Textilstraße. Reiseführer durch Geschichte und Gegenwart einer Region, 1990, S. 39; T. Meinharter – G. Stöger, Lesebuch zur Ausstellung / Lebendes Textilmuseum Groß-Siegharts, 1990, S. 68, 83, 93, 111, 123, 133; R. Kurij, Bekannte Persönlichkeiten, Groß Siegharts in Daten und Photos, 2005, S. 122f.; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte, Technik, Architektur, 2006, S. 259f.; H. Widlroither, Groß-Siegharts. Wissenswertes aus drei Jahrhunderten, einst & heute, 2014, S. 132ff.; J. Albrecht, Zweit.Wert. Nachnutzungsszenarien für die Adensamer Textilfabrik in Groß-Siegharts, techn. DA Wien, 2014, passim; E. Adensamer, Das Leben und Wirken von Josef Adensamer sen. und die Geschichte von Jos. Adensamer & Cie., o. J. (unveröffentlichtes Manuskript); Stadtamt Groß-Siegharts, Niederösterreich.
(Irene Nawrocka)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)