Adler-Herzmark Jenny (Scheine Blume), geb. Herzmark, verheiratete Adler, Medizinerin. Geb. Riga, Russland (Rīga, LV), 19. 5. 1877; gest. Chicago, IL (USA), 25. 1. 1950; mos. Tochter von Jossel Herzmark (geb. 1851; gest. Riga, 1941, umgekommen) und Hassa Debora Herzmark, geb. Berelovna (geb. 1856), Mutter u. a. des Elektrotechnikers und Physikers Robert Adler (geb. Wien, 4. 12. 1913; gest. Boise, ID, USA, 15. 2. 2007); ab 1909 verheiratet mit →Max Adler. – A. studierte 1898–99 Medizin an der Universität Zürich, hörte anschließend Vorlesungen als Gasthörerin an der medizinischen Fakultät der Universität Wien und vertiefte ihre Ausbildung 1901–03 erneut an der medizinischen Klinik in Zürich; 1904 Dr. med. ebd. 1905 war sie als Hospitantin am Wiener Maria Theresia-Frauen-Hospital beschäftigt. 1910 wurde ihr Studium an der Universität Wien nostrifiziert. Anschließend praktizierte sie als niedergelassene Frauen- und Kinderärztin mit Kassenvertrag in Wien-Josefstadt. Während des 1. Weltkriegs war A. als Chefärztin der Isolierabteilung im Reservespital Nr. 6 in Wien-Meidling tätig. Im April 1919 wurde sie in die Gewerbeinspektion des Staatsamts für soziale Verwaltung berufen, wo sie als erste und einzige Frau im neu eingerichteten gewerbeärztlichen Dienst mit der Erforschung und Verhütung von berufsbedingten Erkrankungen in Industrie und Gewerbe befasst war. Später in der Position einer Chefärztin, führte A. umfangreiche Studien, teils in Form systematischer Reihenuntersuchungen, auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin durch. So wurden die pathologischen Auswirkungen chemischer Substanzen wie Blei oder Benzol auf den Organismus oder Berufskrankheiten wie Silikose, eine Staublungenerkrankung, erforscht und die Ergebnisse in Fachzeitschriften z. B. im „Archiv für Gewerbepathologie und Gewerbehygiene“ veröffentlicht. A. trat insbesondere auch für den Ausbau des gesetzlichen Arbeitsschutzes der werktätigen Frauen ein, u. a. in ihrem Beitrag „Elf Jahre gewerbeärztlicher Praxis“ in dem von →Käthe Leichter herausgegebenen „Handbuch der Frauenarbeit“ (1930). Weiters verfasste sie praktische Leitfäden auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin, des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. A.s berufliches und gesellschaftliches Wirken war eng mit der sozialdemokratischen Bewegung verknüpft. So schrieb sie für partei- und gewerkschaftseigene Publikationen und hielt Vorträge u. a. beim Wiener Volksbildungsverein, wobei sie sich v. a. frauenspezifischen Themen in den Bereichen Gesundheit, Hygiene oder Erziehung widmete. An der Schönbrunner Erzieherschule der Kinderfreunde unterrichtete sie Gesundheitslehre. Darüber hinaus war sie 1922 Mitbegründerin des Jüdischen Frauenbunds für Deutsch-Österreich und fungierte in den 1920er-Jahren als dessen Vizepräsidentin. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde A. aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus ihrer Position entfernt. Im Juli 1939 flüchtete sie nach Frankreich und gelangte von dort 1941 in die USA, wo sie in ihren letzten Lebensjahren nochmals ihren Beruf als Ärztin aufnahm. In ihrer Jugend trat A. auch als Übersetzerin russischer Literatur ins Deutsche hervor, darunter zur russischen Revolution 1905.