Adlmüller, Fred (Wilhelm Alfred) (1909–1989), Modeschöpfer

Adlmüller Fred (Wilhelm Alfred), Modeschöpfer. Geb. Nürnberg, Bayern (D), 16. 3. 1909; gest. Wien, 26. 9. 1989 (Ehrengrab: Wiener Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn von Burkhard Adlmüller (geb. Wolfersbach, Bayern/D, 14. 10. 1879; gest. nach 1930), Inhaber des Mannsfelder Braustüberls in Nürnberg und der Münchner Hotelrestaurants Römerschanze und Grünwalder Weinbauer, und von Elise Adlmüller, geb. Augustin (geb. 23. 3. 1879; gest. München, Bayern/D, 5. 2. 1926). – A. absolvierte 1923–27 eine Lehre als Koch im Hotel Vier Jahreszeiten in München und arbeitete ab 1927 in den väterlichen Betrieben. 1929 ging er nach Wien und trat auf Vermittlung des Kostümbildners Ladislaus Czettel 1930 als Herrenmodeverkäufer in das Modehaus Ludwig Zwieback & Bruder in der Kärntnerstraße (Wien 1) ein, wo er bis Jahresende tätig war. Ab dem Frühjahr 1931 arbeitete er im (Sport-)Modengeschäft Tailors, Stone & Blyth, das dem Ehepaar Ignaz und Stefanie Sass gehörte, zunächst in der Filiale in Bad Gastein, ab Herbst im Stammhaus im ehemaligen Palais Esterházy in der Kärntnerstraße. A. – anfangs in der Herrenabteilung tätig – wurde zunehmend für die Erweiterung des Damenmodeangebots herangezogen und zeigte dabei großes Talent, Modelle anderer Modeschöpfer zu kopieren bzw. neue zu entwerfen. 1933 nahm er als Couturier des Salons Stone & Blyth mit seiner ersten eigenen Kollektion an der internationalen Modegala in der Hofburg teil und erzielte damit großen Erfolg. A. avancierte allmählich zum gefragten Modeschöpfer der Wiener Gesellschaft, der seine Kollektionen regelmäßig auf Modeschauen in Wien und Bad Gastein präsentierte; ab 1936 war er zusätzlich als Kostümbildner und Ausstatter für Wiener und ausländische Bühnen tätig. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 emigrierte das Ehepaar Sass nach London und setzte A. als Geschäftsführer ein. Diese Funktion behielt er auch nach der Arisierung der Firma unter dem neuen Eigentümer Heribert Schindelka, wobei Stone & Blyth gemeinsam mit anderen Firmen zum Wiener Modering zusammengefasst wurde. 1939 entging A. aufgrund einer schweren Erkrankung der Einberufung zur Wehrmacht. Da kriegsbedingt die Privataufträge stark zurückgingen, begann er ab 1940 verstärkt Ausstattungen für Filmproduktionen zu entwerfen, wie z. B. für „Wiener Mädeln“ (1945). Nach der Verhaftung Schindelkas 1945 wurde er als kommissarischer Verwalter eingesetzt, von den Vorbesitzern als Geschäftsführer bestätigt und konnte aufgrund seiner Tätigkeit für sowjetische Offiziere sofort wieder Kollektionen präsentieren. 1948 wurde die Rückstellung von Stone & Blyth an Ignaz und Stefanie Sass, die 1949 nach Wien zurückkehrten, abgeschlossen. A. gründete 1953 gemeinsam mit Sass die Gesellschaft Stone & Blyth Nachfolger – W. F. A. Ges.m.b.H. (ab 1956 W. F. A. Ges.m.b.H.). Bereits 1948 hatte die Firma eine Filiale in München sowie ein weiteres Verkaufslokal im dortigen Hotel Bayerischer Hof eröffnet. 1950 erfolgte die gänzliche Übernahme des Geschäfts durch A. gegen Zahlung einer Leibrente an das Ehepaar Sass. A. wurde zum tonangebenden Wiener Modeschöpfer der Nachkriegszeit: Frauen von Politikern, Industriellen und ausländischen Herrschern zählten zu seinen Kundinnen. Das Modehaus beschäftigte bis zu 70 Mitarbeiter für Herstellung, Verkauf und Präsentation; ab Beginn der 1950er-Jahre kreierte er auch das Parfüm „Eau de Vienne“. 1973–79 wirkte A. als o. Prof. an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und leitete die Meisterklasse für Mode. 1973 schloss er die Münchner und Bad Gasteiner Filialen, 1985 verkaufte er einen Großteil seines Geschäfts an die Firma Palmers; der Salon wurde noch bis 2002 weitergeführt. In seinem Testament bestimmte er ein jährliches Stipendium für Studierende an der Universität für angewandte Kunst in Wien, die auch seinen Nachlass verwaltet. A. galt nach dem 2. Weltkrieg als der einzige international anerkannte österreichische Modeschöpfer: Kennzeichnend für seine Entwürfe war eine klassische feminine Linie mit harmonischer Farbzusammenstellung sowie das Zusammenspiel von Stoffen, Ornamenten, Schmuck und Accessoires in genauer Abstimmung auf die Trägerin. Besonders berühmt wurde er für seine Abendroben (z. B. Entwurf sämtlicher Opernballkleider der Bundespräsidentengattinnen). A., der 1946 die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt, wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Ehrenpreis der Stadt Wien (1952), dem Modepreis der Stadt München (1978), den Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1969) bzw. um das Land Wien (1980), der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien (1989); den Berufstitel Hofrat erhielt er 1982.

N.: Die Presse, 27. 9. 1989 (m. B.), 2. 10. 1989; WZ, 28. 9. 1989.
L.: Kurier, 8. 3. 1976 (m. B.); Die Presse, 15. 3. 1989, 1./2. 6. 1991 (beide m. B.); Czeike (m. B.); ÖKL; Whoʼs who in the Catholic World 3, ed. M. Wockel – H.-J. Schellmann, 1983; G. Buxbaum, Mode aus Wien 1815–1938, 1986, S. 198, 217, 359; H. Schill, F. A. Der Schönheit zu Diensten, 1990; I. Ackerl – F. Weissensteiner, Österreichisches Personenlexikon, 1992; G. Sultano, Wie geistiges Kokain … Mode unterm Hakenkreuz, 1995, S. 242–245, 266; F. Hawla, Was wäre Wien, ohne ... Von zugewanderten und echten Wienerinnen und Wienern, 2001, S. 20–25; W. F. A. Mode – Inszenierungen + Impulse, ed. E. Frottier – G. Bast, Wien 2009 (Kat.); Stadtarchiv, München, D; Mitteilung Elisabeth Frottier, Wien.
(U. Denk)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)