Aichinger, Walter (Josef) (1916–1994), Bankfachmann

Aichinger Walter (Josef), Bankfachmann. Geb. Linz (Oberösterreich), 26. 8. 1916; gest. Salzburg (Salzburg), 12. 9. 1994; röm.-kath. Sohn von Josef Aichinger (geb. Linz, 12. 10. 1893; gest. Linz, 14. 3. 1932), technischer Privatbeamter und Buchhalter der Firma Solvay in Ebensee, und Margaretha Aichinger, geb. Ullmann (geb. Leonding, Oberösterreich, 9. 7. 1900; gest. Salzburg, 22. 10. 1973), Vater von Rudolf Aichinger, Finanzvorstand und Generaldirektor-Stellvertreter der Wüstenrot Versicherungs AG, und des Rechtsanwalts Walter Aichinger; verheiratet ab 1945 mit Erika Aichinger, geb. Maurhard (geb. Wels, Oberösterreich, 1. 5. 1922; gest. Salzburg, 30. 12. 2019). – Aufgrund des Kriegsdiensts seines Vaters verbrachte Aichinger die ersten Lebensjahre bei seinem Onkel in Pregarten. Nach der Eheschließung seiner Eltern übersiedelte die Familie 1919 nach Gmunden. Aichinger besuchte die Volksschule und 1927–34 das Bundesgymnasium in Gmunden. 1934 verließ er Österreich und zog zuerst nach München, dann nach Tübingen und in der Folge nach Berlin, wo er 1935 nach Besuch eines Vorbereitungskurses das Abitur ablegte. 1935 immatrikulierte er an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und studierte dort bis 1937 Staatswissenschaften. Im Frühjahr 1937 setzte er seine Studien in Tübingen fort. Im selben Jahr leistete er bis Oktober den Reichsarbeitsdienst in Reutlingen, dies auch deshalb, weil Aichinger während der Studienzeit deutscher Reichsbürger geworden war. Im November 1937 wurde er zum Dienst bei der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Lankwitz eingezogen. Bis 1945 war er an verschiedenen Kriegsschauplätzen als Offizier, zuletzt als Hauptmann, im Einsatz. Mit Kriegsende ließ sich Aichinger kurzzeitig in Wels nieder, heiratete und übersiedelte daraufhin nach Salzburg, wo er im August 1945 in den Dienst der Hypotheken-Abteilung der „Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot“ in Salzburg eintrat. 1946 wurde er zum Leiter der Hypotheken-Abteilung ernannt. 1963 Mitglied des Vorstands, war Aichinger von 1968 bis 1986 Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Wüstenrot (ab 1972 mit dem Titel Generaldirektor). Bis 1994 blieb er deren Aufsichtsratsvorsitzender. Aichinger wird vielfach als Pionier des österreichischen Bausparens bezeichnet. Durch die Kooperation mit der Österreichischen Post und der Bausparkasse ab 1981 gelang ihm eine nachhaltige Verbreiterung der Vertriebsbasis von Bausparverträgen und damit ein enormer Anstieg an Vertragsabschlüssen. Vorausschauend war die Entscheidung der Bausparkasse Wüstenrot, ab 1973 den Versicherungsbereich als neues Geschäftsfeld zu eröffnen. Aichinger war 1976 Gründungsvorsitzender der Wüstenrot Lebensversicherungs AG, später Wüstenrot Versicherungs AG, und bis 1986 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Bis zu seinem Lebensende blieb er Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats. Aichinger war überdies ab 1966 stellvertretender Vorsitzender sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Österreichischen Siedlungsgemeinschaft „Bausparerheim“ und Vizepräsident des Internationalen Bausparkassenverbands (International Union of Building Societies & Savings and Loan Association, heute: International Union of Housing Finance Institutions). Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Aichinger auch in Politik und Kultur sowie Sport und Jugendarbeit sehr präsent. Ab 1950 fungierte er als Obmann der Salzburger Turngemeinde und 1953–64 als Obmann des Salzburger Turnvereins (STV); 1986 wurde er zu dessen Ehrenobmann ernannt. 1960–73 war er Präsident des Allgemeinen Sportverbands Österreich (ASVÖ) Salzburg und 1955–80 Landessportrat (ab 1963 als stellvertretender Vorsitzender der Landessportorganisation). Aichinger gehörte als Abgeordneter der Wahlpartei der Unabhängigen bzw. FPÖ von Jänner 1955 bis Februar 1964 dem Salzburger Landtag an. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung war er 1959–64 Vorsitzender des Finanzüberwachungsausschusses sowie Mitglied des Schulausschusses. Aichinger unterstützte mit eigenen Spenden bzw. der Vermittlung von Spenden die Paris-Lodron-Universität Salzburg. Ab 1970 war er Mitglied des Kuratoriums der Stiftungs- und Förderungsgesellschaft der Universität. Seinem Engagement ist 1982 die Gründung einer eigenen Pressestelle der Universität zuzuschreiben. Aichinger war Träger zahlreicher Auszeichnungen: u. a. 1964 Salzburger Sportehrenzeichen in Gold, 1966 Ring und 1986 Wappenring der Stadt Salzburg, 1972 Kommerzialrat, 1976 Ehrenbürger und 1983 Senator h. c. der Paris-Lodron-Universität Salzburg, 1977 Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1971 Goldenes Verdienstzeichen, 1981 Goldenes Ehrenzeichen und 1986 Ring des Landes Salzburg.

L.: Salzburger Wirtschaft, 28. 8. 1986; Uni aktuell. Zeitschrift der Universität Salzburg, Juni 1983, S. 9; Wüstenrot Mitarbeiterzeitschrift WIR, September 1994, S. 3; R. Voithofer, Politische Eliten in Salzburg, 2007; Pfarre Linz-Heilige Familie, Oberösterreich; UA, Tübingen, Deutschland; Mitteilung Rudolf Aichinger, Salzburg, Salzburg.
(Richard Voithofer)   
Zuletzt aktualisiert: 15.7.2024  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 12 (15.07.2024)