Aigner Paul, Grafiker und Plakatkünstler. Geb. Wien, 23. 5. 1905; gest. Chieming (Deutschland), 19. 10. 1984; röm.-kath. Sohn der unverheirateten Stefanie Aigner (geb. Wien, Dezember 1880). – Aigner wuchs in einfachen Verhältnissen in Wien-Leopoldstadt auf. Über seine frühen Jahre ist wenig bekannt. Als Grafiker bildete er sich autodidaktisch fort, eine akademische Ausbildung ist nicht belegt. Seine Karriere als Plakatkünstler begann wohl um 1930 und entwickelte sich allmählich in den Folgejahren. Um 1943 wurde Aigner zum Kriegsdienst eingezogen und geriet in sowjetische Gefangenschaft. Aufgrund seiner wieder aufgenommenen Tätigkeit als Grafiker ist nachvollziehbar, dass er spätestens 1947 zurück in Wien war. Obwohl er eine enge Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei begann, für die er eine Reihe von Büchern sowie Zeitschriften illustrierte und später zusätzlich Plakate entwarf, gestaltete Aigner ab 1949 auch regelmäßig für die Österreichische Volkspartei Wahlplakate, auf denen vor der „roten Gefahr“ gewarnt wurde. In den 1950er-Jahren avancierte er zu einem der gefragtesten Pin-up-Plakatmaler Österreichs. Er entwarf etliche Filmplakate, aber auch Wirtschaftswerbeplakate, etwa für Wäschehersteller, Getränkemarken oder Hygieneartikel (z. B. Palmers, Kajak-Bademode, Sinalco, Odol, Pitralon). Dabei machte es keinen Unterschied, ob Wäsche, Hautcreme oder Mundwasser beworben werden sollte, die von ihm gemalten Frauen sind immer von strahlender Schönheit. Die erotische Darstellungsweise führte aber wiederholt dazu, dass Plakate zensuriert wurden. Kollegen, wie etwa Alfred Proksch, bezeichneten Aigner als Naturtalent. Die Gestaltung der Titelschriftzüge gehörte allerdings nicht zu seinen Stärken, so berichteten die Grafiker Eduard Paryzek und Johnny Parth, dass mitunter sie die Schrift zum Bild setzten. 1948 gewann Aigner bei einem Plakatwettbewerb zur touristischen Bewerbung Österreichs in der Kategorie Winterplakat mit dem Bild eines lächelnden Mädchens, das Spuren eines Schneeballs im Gesicht trägt. Das Plakat erzielte im selben Jahr auch beim internationalen Wettbewerb für Fremdenverkehrsplakate in Paris den ersten Preis. Die Verantwortlichen der Stelle für den Wiederaufbau der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft waren so überzeugt von Aigners Werk, dass er ohne Ausschreibung die Aufträge für zwei weitere Plakate erhielt, was bald auf Kritik stieß. Zudem tauchte der Vorwurf auf, dass die Arbeit in Wahrheit ein Plagiat sei, da Aigner eine Fotografie aus einer Zeitschrift als Vorlage benutzt hatte. Der von Aigner angestrengte Ehrenbeleidigungsprozess endete jedoch mit einem Urteil zu seinen Gunsten. Nachdem auch das Filmgeschäft wieder zu boomen begonnen hatte, konnte Aigner zu seinen künstlerischen Wurzeln, dem Kinoplakat, zurückkehren (u. a. für die Filme „Geheimnisvolle Tiefe“, 1949, „Die Försterchristl“, „Hallo Dienstmann“, beide 1952; „Die Wirtin von Maria Wörth“ und „Im Weißen Rößl“, beide 1953). Ab der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre begann er für deutsche Illustrierte wie die „Revue“ oder das Jugendmagazin „Bravo“ als Illustrator zu arbeiten und verlegte in der Folge seinen Wohnsitz nach Bayern. 1957 erhielt Aigner den Auftrag, für die deutsche Bundestagswahl jenes Jahres ein Plakat für Konrad Adenauer, den amtierenden Kanzler und Spitzenkandidaten von CDU/CSU, zu entwerfen, auf dem er den 81-Jährigen realistisch und zugleich verjüngt und mit energischer Ausstrahlung porträtierte. Darüber hinaus schuf Aigner ähnliche Porträts für die Plakate weiterer christdemokratischer Kandidaten. Bis auf ein paar Ausnahmen hatten die handgezeichneten Grafiken auf Plakaten und in den Magazinen in den 1960er-Jahren jedoch ausgedient. Fotografien dominierten nach relativ kurzer Zeit die Werbeszene, da sie kostengünstiger und nun auch drucktechnisch in einwandfreier Qualität reproduzierbar waren. Daher verlagerte Aigner sein Tätigkeitsfeld auf konservativ-nostalgisch gehaltene Ölgemälde für den lokalen, aber durchaus lukrativen bayrischen Kunstmarkt. Aigner gehörte ab 1946 der Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Österreichs an, 1948–49 als deren Präsident. Über 150 seiner Arbeiten sind in der Plakatsammlung der Wienbibliothek im Rathaus verzeichnet. Ein Teilnachlass befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek / Bildarchiv und Grafiksammlung.