Arndts von Arnesberg, (Karl) Ludwig Ritter (1803–1878), Jurist

Arndts von Arnesberg (Karl) Ludwig Ritter, Jurist. Geb. Arnsberg, Hessen-Darmstadt (D), 19. 8. 1803; gest. Wien, 1. 3. 1878 (begraben: München, D); röm.-kath. Aus einer bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts in Westfalen nachweisbaren Juristenfamilie stammend. Sohn des großherzoglichen Geheimrats und Hofgerichtsdirektors in Arnsberg Friedrich Arndts (gest. 1812) und der Marianne Arndts, geb. Biegeleben; ab 1830 in 1. Ehe verheiratet mit seiner Kusine, der Schriftstellerin Bertha Arndts, geb. Arndts (geb. Arnsberg, Hessen/D, 9. 12. 1809; gest. Hütteldorf, Niederösterreich/Wien, 10. 5. 1859), ab 1860 in 2. Ehe mit Maria Arndts, geb. Vespermann, verwitwete Görres, der Schwiegermutter →Viktor Freiherr von Fuchsʼ. – A. besuchte das Gymnasium und studierte Rechtswissenschaften in Bonn (1820–22) und Heidelberg (1822–23) sowie anschließend an der Universität Berlin, um dort Friedrich Carl von Savigny zu hören; 1825 Promotion zum Doktor beider Rechte ebd. 1826 habilitierte er sich an der Universität Bonn. 1832 wurde A. Mitglied des Bonner Spruchkollegiums. In dieser Zeit arbeitete er an der Ausgabe der „Sententiae Receptae“ des Iulius Paulus für das Bonner „Corpus juris civilis antejustinianei“ (Separatabdruck 1833). 1837 erschienen seine „Beiträge zu verschiedenen Lehren des Civilrechtes und Civilprocesses“. In jenem Jahr als ao. Professor an die Bonner Universität berufen, wechselte er 1839 in Nachfolge von Karl August Unterholzner als Ordinarius nach Breslau. Zur gleichen Zeit erhielt A. einen Ruf nach München (Nachfolge von Georg Friedrich Puchta), den er schließlich annahm (Antritt April 1839). In München hielt A. Vorlesungen über Institutionen, Pandekten und französisches Zivilrecht. Sein „Grundriß zu Vorlesungen über Pandecten“ (1840) wurde zur Grundlage seines „Lehrbuchs der Pandekten“ (3 Bde., 1850–52; 14. Aufl. 1889, ed. Leopold Pfaff und →Franz Hofmann). Beiden Werken liegt Arnold Heises fünfteiliges Pandektensystem zugrunde. A.s wissenschaftliche Tätigkeit wurde durch die Berufung in die bayerische Gesetzgebungskommission (1844–47) und durch seine Teilnahme am Frankfurter Parlament (1848 bis Mai 1849), wo er dem katholischen Klub angehörte, unterbrochen. Im Zuge der Thun’schen Universitäts- und Studienreform wurde A. 1854 auf die zweite neu geschaffene Lehrkanzel für Römisches Recht an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien berufen (Ernennung zum o. Professor im Februar 1855), wo er bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1874 wirkte; 1859/60 und 1864/65 Dekan. Zu seinen bedeutendsten Schülern zählten Alois von Brinz, →Adolf Exner, Pfaff und Hofmann. In seiner Wiener Zeit erschien sein wichtiges Werk „Die Lehre von den Vermächtnissen“ (3 Bde., 1869–78). 1867 wurde ihm die Reichsratswürde auf Lebenszeit und damit Sitz und Stimme im Herrenhaus verliehen, wo er der Gruppe der Rechten angehörte. 1871 folgte seine Erhebung in den erblichen Ritterstand mit dem Prädikat „von Arnesberg“. Im folgenden Jahr wurde A. wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Anlässlich seiner Versetzung in den Ruhestand erhielt er 1874 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens.

Weitere W. (s. auch Brinz): Juristische Enzyklopädie und Methodologie, 1843, 11. Aufl. 1908; Gesammelte zivilistische Schriften, 3 Bde., 1873–74. – Ed. (gem. mit J. C. Bluntschli und J. Pölzl): Kritische Überschau der deutschen Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 1853ff. (ab 1859 fortgesetzt als Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft).
L.: WZ, 2. 3. 1878; ADB; Adlgasser; Almanach 28, 1878, S. 137ff.; NDB; C. Gf. Chorinsky, in: Zeitschrift für Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit in Österreich 20, 1878, S. 55f.; F. Hofmann, in: Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 6, 1879, S. 263ff.; (A. v.) Brinz, in: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 21, 1879, S. 1ff. (mit W.); E. Grueber, in: Historisch-Politische Blätter, 1904, S. 291ff.; E. Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft 3/2, 1910, S. 493ff.; H. Demelius, in: Labeo. Rassegna di diritto romano 11, 1965, S. 297ff.; W. Schulte, Westfälische Köpfe, 2. Aufl. 1984, S. 11f.; H. Best – W. Weege, Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, 1996; P. E. Sensburg, Die großen Juristen des Sauerlandes, 2002, S. 123ff.; G. Wesener, Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz 4, 2002, s. Reg.; G. Wesener, in: Grundlagen der österreichischen Rechtskultur ..., ed. Th. Olechowski u. a., 2010, S. 577ff.; Pfarre Hütteldorf, UA, beide Wien.
(G. Wesener)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 29
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