Arzberger, Friedrich (1833–1905), Techniker

Arzberger Friedrich, Techniker. Geb. Wieden, Niederösterreich (Wien), 14. 11. 1833; gest. Rindbach (Ebensee, Oberösterreich), 3. 8. 1905; röm.-kath. Sohn von →Johann Arzberger und Wilhelmine Josepha Arzberger, geb. von Schwind, der Schwester →Moritz von Schwinds, Neffe von →August(in) Freiherr von Schwind, der nach dem Tod von A.s Vater 1835 die Vormundschaft für A. übernahm, sowie des Bergrats und Salinenverwalters Franz Schwind, Vater u. a. des Chemikers Johann (Hans) Arzberger (geb. Kössen, Tirol, 26. 11. 1862; gest. Wien, 23. 3. 1946); verheiratet mit Maria Arzberger, geb. Westhauser (gest. Wien, 20. 2. 1903). – A. besuchte das Gymnasium in Wien, gleichzeitig nahm er am polytechnischen Institut an den Sonntagsvorlesungen von →Leopold Schulz von Straßnitzki und →Adam Freiherr von Burg aus Mathematik und Mechanik teil. Im Herbst 1847 inskribierte er Elementarmathematik und Vorbereitendes Zeichnen am polytechnischen Institut, schied jedoch bereits im Mai 1848 aus, da er zu Franz Schwind nach Aussee geschickt wurde. Dort konnte er Praxis im Konstruktionszeichnen und in der Ausführung kleiner Bauprojekte gewinnen, bis er im Oktober 1849 nach Wien zurückkehrte. Er schloss das Gymnasium nicht mehr ab, sondern inskribierte im Herbst 1849 neuerlich am Wiener polytechnischen Institut. 1851 wechselte er an die Bergakademie Schemnitz, wo er mit längeren, gesundheitsbedingten Unterbrechungen bis 1854 studierte. Danach ging er an die Bergakademie Leoben, an der er 1856 sein Studium mit Auszeichnung abschloss. 1857 nahm A. eine Privatanstellung als Bergingenieur bei der Firma Franz Kreiss an, für die er nach Saint-Léonard-de-Noblat bei Limoges reiste, um dort verlassene Zinngruben zu untersuchen. Auch diese Tätigkeit musste er krankheitshalber unterbrechen. In der Folge unternahm er eine Reihe von Studienreisen ins Rheinland. Im März 1858 trat A. eine Assistentenstelle an der Bergakademie Leoben bei →Peter Ritter von Tunner an. Verhandlungen betreffend eine Berufung an die Polytechnische Schule in Karlsruhe 1860 führten zu keinem positiven Ergebnis, daher ließ er sich 1861 zunächst beurlauben, um eine Stelle als k. k. Controllor in der Berg- und Hüttenverwaltung in Innsbruck anzunehmen. 1862 war er als Eisenwerksverwalter in Kössen tätig, 1863–66 als Eisenwerksdirektor zweier Hochöfen im steirischen Vordernberg. Im Oktober 1866 wurde er zum o. ö. Professor für Berg- und Hüttenmechanik an der Bergakademie Přibram ernannt, nachdem eine Berufung an das polytechnische Institut in Prag nicht zustande gekommen war. 1867 ging er als o. ö. Professor der Mechanischen Technologie an die Technische Hochschule in Brünn. 1882 wurde er als Nachfolger →Ignaz Hegers zum o. ö. Professor für Mechanik und Maschinenlehre an die Technische Hochschule in Wien berufen, nachdem er einen Wechsel an die Technische Hochschule Hannover als Nachfolger von →Karl Karmarsch 1876 abgelehnt hatte. Neben seiner Lehrtätigkeit, in der er den Gesamtbereich der mechanischen Technologie abzudecken hatte, war A. für die Sammlungen des k. k. Technologischen Kabinetts zuständig, das unter seiner Leitung 1884–93 neu geordnet und inventarisiert wurde. Außerdem war er Mitglied der II. Staatsprüfungskommission für Maschinenbau (1882–1905) und wurde 1882 auch zum Mitglied des k. k. Privilegien-Fachkomitees ernannt. 1892 ließ er sich aus Gesundheitsrücksichten vorzeitig von seinen Lehrverpflichtungen entbinden. A. setzte sich in den 1870er-Jahren für die Einführung des metrischen Systems in Österreich ein und wurde 1872 zum Mitglied der k. k. Normal-Eichungskommission ernannt. 1886–96 war er deren Direktor. Darüber hinaus gehörte er dem Vorstand des Naturforschenden Vereins in Brünn und der Redaktion der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ in Berlin (ab 1881) an. A. gelangen neben und im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zahlreiche Erfindungen und Neukonstruktionen, darunter eine elektrische Rechenmaschine, eine elektrische Uhr, eine Schwingungshemmung für astronomische Uhren und eine Transpositionswaage, aber auch Geräte für medizinische Anwendungen, so ein Kühlapparat zur Behandlung von Entzündungen, u. a. bei Hämorrhoidalleiden. Für den neuen Refraktor des Observatoriums der Technischen Hochschule Wien konstruierte er einen Regulator zur Erzielung konstanter Rotationsgeschwindigkeiten. Über seine Erfindungen berichtete er in zahlreichen Abhandlungen. 1873 erhielt A. für die Konstruktion elektrischer Uhren die Fortschrittsmedaille der Wiener Weltausstellung, 1877 wurde er zum Regierungsrat, 1886 zum Ministerialrat ernannt. Ab 1892 war er Träger des Ritterkreuzes des Leopold-Ordens.

W.: Bestimmung des Hindernisses der Bewegung bei einer leerlaufenden Walzenstraße, in: Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch 9, 1860; Die Addirmaschine, in: Schweizerische Polytechnische Zeitschrift 11, 1866; Ueber die latente Wärme des Kohlenstoffes …, in: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 7, 1868; Die electrische Uhr, ebd. 8, 1869; Ueber electrische Uhren, ebd. 9, 1870; Präcisionswage mit einer Vorrichtung zum Umwechseln der Gewichte bei geschlossenem Wagekasten, ebd. 14, 1875; Luftdämpfung für analytische Waagen, in: Justus Liebig’s Annalen der Chemie 178, 1875; Ueber das Ovalwerk, in: Dinglerʼs Polytechnisches Journal 231, 1879; Neue Form der Elektromagnete, in: Zeitschrift für Instrumentenkunde 2, 1882.
L.: C. v. Ernst, in: Österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 53, 1905, Beilage Vereins-Mitteilungen, S. 80ff.; Die k. k. Technische Hochschule in Wien 1815–1915, red. J. Neuwirth, 1915, s. Reg. (mit Bild); H. Bertele, in: Blätter für Technikgeschichte 26, 1964, S. 112ff.; 150 Jahre Technische Hochschule in Wien 1815–1965, ed. H. Sequenz, 1–2, 1965, s. Reg. (mit Bild); H. R. Jenemann, in: Blätter für Technikgeschichte 49, 1987, S. 31ff. (mit Bild); Familien-Wiki von J. Hinterberger auf der JO-WIKI-Plattform (Zugriff 6. 3. 2019); history-computer.com (mit Bild, Zugriff 6. 3. 2019); Pfarre St. Borromäus, TU, beide Wien; Pfarre Ebensee, Oberösterreich.
(J. Mikoletzky)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 1, 1954), S. 31f.
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