Ascher(-Nash), Franzi (Franziska, Frances); geb. Ascher, verheiratete Nash; Pseudonym George Petri (1910–1991), Schriftstellerin und Musikhistorikerin

Ascher(-Nash) Franzi (Franziska, Frances), Ps. George Petri, Schriftstellerin und Musikhistorikerin. Geb. Wien, 28. 11. 1910; gest. Lancaster, Pennsylvania (USA), 1. 9. 1991; mos. Tochter von →Leo Ascher und der Lehrerin Eleonore (Luise) Ascher, geb. Frankl (1872–1952); seit 1959 verheiratet mit dem Komponisten Edgar R(ichard) Nash, eigentl. Natscheradetz (geb. Wien, 27. 4. 1893; gest. New York, NY/USA, 24. 11. 1965). – A. erhielt zunächst Privatunterricht von ihrer Mutter und besuchte anschließend ein humanistisches Mädchengymnasium (1928 Matura). Nach einem Gesangsstudium 1930–32 an der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst wurde sie an die Wiener Volksoper engagiert, gab jedoch aufgrund von Stimmproblemen ihre Gesangskarriere auf und publizierte unter Pseudonym Kurzgeschichten in verschiedenen Zeitungen, u. a. in den „Wiener Neuesten Nachrichten“. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 flüchtete A. mit ihren Eltern über die Schweiz und Frankreich nach New York, wo sie im Dezember 1939 eintraf und zunächst als Sekretärin ihren Lebensunterhalt bestritt. Bald fand sie Kontakt zu Emigrantenorganisationen wie der German-American Writers Association (GAWA). Während des Krieges verfasste sie Hörspiele für die „Radiostunde“ (ab Juni 1940 „Freie Deutsche Radiostunde“) der GAWA und gestaltete mehrere Sendereihen, darunter „Eine Wienerin sieht New York“ gemeinsam mit dem Wiener Schriftsteller Alfred Farau, sowie 1962–64 eine eigene Radiosendung, „The Story of the Art Song“. Sie schrieb für die Emigrantenzeitschriften „Aufbau“ und ab 1944 regelmäßig für die „Austro-American Tribune“ sowie für verschiedene amerikanische Periodika, nach Kriegsende auch für europäische Zeitungen wie „Neues Österreich“ (1948–50) und die Schweizer Zeitschrift „Inspiré“ (1949–52). Zahlreiche ihrer Beiträge, die sie bald auch in englischer Sprache verfasste, erschienen in Literaturzeitschriften und Exilanthologien. A. war außerdem als Musikkritikerin für die New Yorker „Neue Volkszeitung“ tätig. 1954–61 unterrichtete sie an der New School for Social Research Musikgeschichte und hielt 1971–73 Gastvorträge an der Manhattan School of Music. Als Nachlassverwalterin ihres Vaters stiftete A., die 1984 nach Millersville (Pennsylvania) zog, den „Leo Ascher Music Award“ für Interpretationen seiner Werke. A.s Domäne als Schriftstellerin sind literarische Kleinformen (Kurzgeschichte, Novelle, Essay oder Lyrik), in denen sie Exilerfahrungen wie Heimatverlust, Anpassungsschwierigkeiten, interkulturelle Beziehungen und Identitätsfindung thematisiert. Sie setzte sich intensiv mit Fragen des literarischen Stils in Österreich und den USA auseinander und fand schließlich in ihrer eigenen schriftstellerischen Produktion zur Zweisprachigkeit. In der Symbiose kultureller Traditionen des Ursprung- und des Gastlandes sah sie eine identitätsbereichernde Kraft. Trotz der Verbundenheit mit ihrer Heimatstadt Wien lehnte sie es ab, diese jemals wieder zu besuchen. A. war u. a. Mitglied der International Poetry Society, der Association of German Language Authors in America, der Society for German-American Studies und der Bʼnai Bʼrith.

Weitere W. (s. auch Egger; Deutschsprachige Exilliteratur): Bilderbuch aus der Fremde, 1948; Gedichte eines Lebens, 1976; Essays aus jüngster Zeit (1974–1975), 1976; Die wahre Perspektive meines Lebens, 1978; „Leo Ascher and Family“. Streiflichter aus der Emigration, in: Das jüdische Echo 39, 1990.
L.: Bolbecher–Kaiser; Hall–Renner; Hdb. der Emigration 2; Hdb. jüd. AutorInnen; F. A. Zur Person, in: Reisegepäck Sprache. Deutschschreibende Schriftstellerinnen in den USA 1938–1978, ed. L. Kahn, 1979, S. 20; Bibliographia Judaica 1, ed. R. Heuer, 1982; A. Egger, Nicht „oder“ sondern „und“: Leben und Werk der österreichisch-amerikanischen Exilautorin F. A., phil. DA Graz, 1993 (m. W.); S. Shipley, From the Prater to Central Park: Finding a Self in Exile, in: Women in German Yearbook 10, 1994, S. 189–201; Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933, 4/1, ed. J. M. Spalek u. a., 1994 (m. W.); Österreicher im Exil: USA 1938–1945. Eine Dokumentation 1–2, 1995, s. Reg.; Kürschners Deutscher Literatur-Kalender Nekrolog 1971–1998, 1999; Wissenschafterinnen in und aus Österreich, ed. B. Keintzel – I. Korotin, 2002; Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933–1945, 2004 (m. B.); H. Schreckenberger, Exil als kulturelle Symbiose: Die Hörspiele der F. A., in: Die Alchemie des Exils. Exil als schöpferischer Impuls, ed. dies., 2005, S. 53–66; http://www.library.millersville.edu/sc/manuscripts/manus/manus132.htm (Zugriff 2. 12. 2010, m. B.); Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, IKG, Tagblattarchiv, Universität für Musik und darstellende Kunst, alle Wien; Institut für Zeitgeschichte, München, D; Mitteilung Ganser library, Millersville Univeristy, Millersville, USA.
(Ch. Kanzler)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)